Aus der Corona-Krise beim Klimaschutz lernen
Man dürfe nach der medizinischen und organisatorischen Bewältigung der Pandemie nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, meint Dannecker. „Gerade werden unvorstellbare Summen ausgereicht, um unsere Wirtschaft über Wasser zu halten. Menschen fürchten um ihre Existenz. Sollte die Krise in einigen Monaten überwunden sein, dürfen wir wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht so weitermachen wie bisher. Wir haben jetzt die Chance umzudenken und eine moderne, weniger klimaschädliche Wirtschaft in vielen Aspekten neu zu gestalten. Die Mittel und die Ideen dazu haben wir!“
Dietmar Rieth, DEN-Landessprecher Rheinland-Pfalz, interpretiert die aktuelle Krise ebenfalls als Chance zum Umdenken: „Der Weg ist nun gewiesen, wie Parlament und Regierung mit der Corona-Krise finanzpolitisch, wirtschaftspolitisch und gesellschaftlich umzugehen gedenken. Ein Vorgang ohne Beispiel und Blaupause. Erstaunlich ist, wie gelassen und folgsam die Wahrnehmung in der Bevölkerung dazu ist. Ein Innehalten und eine Vollbremsung des vorher hektischen Alltags wird akzeptiert und als notwendig hingenommen. Diese Vernunft lässt hoffen, dass nach der Corona-Krise andere Krisen wie z.B. die Klimakrise oder die Flüchtlingskrise ebenso sachlich und fachlich fundiert und in großer Solidarität angegangen und am Ende auch gelöst werden können.“
Dannecker sieht insbesondere die Rolle von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und deren Akzeptanz in der Bevölkerung gestärkt: „Jetzt, da Virologen und Epidemiologen täglich in den Medien präsent sind, wird deutlich, welche wichtige gesellschaftliche Funktion Wissenschaft hat. Aktuell sind Fakten gefragt, keine Fake news. Diesen Respekt vor der Forschung und das Vertrauen in sie müssen wir uns mit Blick auf die künftige Klimapolitik erhalten.“
Rieth: „Um die Klimakrise zu bewältigen, die uns nach der Corona-Krise auf viele Jahre erhalten bleiben wird, wäre es deshalb wichtig, dass wir uns langfristig auf gesellschaftlich akzeptable ‚Instrumente zwischen Stillstand und Vollgas‘ einstellen können. Dafür wäre der Begriff des ‚Kontingentierens von Energie- und CO2-Verbrauch für ein bis zwei Generationen‘ wohl der richtige Ansatz. Der Weg von der ‚10-Tonnen-CO2-Gesellschaft‘ zur ‚1-Tonnen-CO2-Gesellschaft‘ wird nicht allein mit einer CO2-Steuer hinzubekommen sein, sondern es braucht eine oder viele ‚Geschichten‘, die man in der Gesellschaft dazu erzählen kann, um akzeptiert zu werden.“ Es gehe auch künftig um das Gefühl, nur zusammen eine existentielle Krise meistern und überleben zu können.
Dannecker stimmt ihm zu: Solche positiven und motivierenden Geschichten erlebe man in diesen Tagen. Man denke etwa an die Bilder der singenden und musizierenden Italiener auf ihren Balkonen. „Satellitenbilder zeigen, welche enormen positiven Auswirkungen die notgedrungene Einstellung von Produktion und Verkehr weltweit haben. Die Umweltverschmutzung hat deutlich abgenommen. Wenn wir die Wirtschaft wiederaufbauen, müssen wir uns daran erinnern und können von diesen Erfahrungen profitieren. Wir müssen dann ökologische Prioritäten setzen!“
Videokonferenzen, Regionalisierung von Industrieproduktionen, Urlaub in der Region, eine schnelle und entschiedene Energiewende als gigantisches Konjunkturprogramm – all das könne helfen, aus der aktuellen Corona-Krise Positives zu schöpfen. Dannecker: „Wir müssen uns von den alten Egoismen verabschieden. Es wird um Nachhaltigkeit und ethische Standards gehen. Und es zeigt sich in dieser Krise, dass über die Generationen hinweg Jung und Alt aufeinander achten und solidarisch sein können. Diese Erfahrung sollten wir auch in die künftige Diskussion der Klimakrise mitnehmen.“
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