Kaffeepflanzen-Sammlung gewinnt internationales Renommee
Hintergrund ist, dass von den über 100 bekannten Arten von Kaffeepflanzen überhaupt nur drei in großem Stil wirtschaftlich genutzt werden: Die Coffea canephora (bekannt als Robusta) gilt als Massenprodukt, die Coffea arabica als edle Variante. Die dritte im Einsatz, Coffea liberica, trägt an hohen Bäumen relativ wenig Früchte, weshalb ihre Nutzung wirtschaftlich weniger attraktiv ist. Aber auch aus diesen drei Arten haben Züchter über 500 Jahre eine Vielfalt an Varietäten hervorgebracht. „Diese Varietäten unterscheiden sich nicht nur in Aussehen und Geschmack“, erklärte Dr. Björn Schäfer, Leiter des Fachbereichs Botanik in der Wilhelma, „sie haben individuelle Eigenschaften entwickelt, die es ihnen erlauben, mit jeweils unterschiedlichen Böden, Klimabedingungen sowie schädlichen Pilzen, Viren oder Bakterien klarzukommen.“ Die Wetterextreme nehmen zu und einzelne Schädlingsarten können eine Monokultur komplett vernichten. Bei der wichtigsten Bananensorte „Cavendish“ kommt es zum Beispiel durch einen Schadpilz weltweit zu einem Absterben, weil überall nur genetische Klone angebaut werden, die dem Erreger gegenüber wehrlos sind. „Deshalb ist es entscheidend, Kaffeepflanzen mit vielseitigen Abwehrkräften für künftige Generationen zu bewahren“, so Schäfer. Daher erhält die Wilhelma die Varietäten außerhalb der natürlichen Anbaugebiete, für den Fall, dass in deren natürlichen Herkunftsräumen Naturkatastrophen wie Hochwasser, Dürre, Brände oder Epidemien von Pflanzenkrankheiten das gesamte Vorkommen ausradieren sollten.
„Gelingen kann dies nur mit einem interkontinentalen Netzwerk, aber das große Interesse der Kaffeebauer kommt uns entgegen“, sagt Dr. Steffen Schwarz vom Coffee Consulate. Das unabhängige Schulungs- und Forschungszentrum in Mannheim hat für das Projekt Kontakte zu hochwertigen Plantagen in vielen Ländern hergestellt. Inzwischen wächst in der Wilhelma Kaffee aus Brasilien, China, El Salvador, Indien, Malaysia, Mexiko und Thailand. Auf der Fachmesse ist die Wilhelma nun vertreten, um mit den Gästen des Coffee Summit Stuttgart ins Gespräch zu kommen. „Unser Ziel ist es, auch Plantagenbesitzer aus weiteren wichtigen Kaffeeregionen zu gewinnen, die bisher noch nicht im Projekt vertreten sind“, sagt Schäfer. „Sehr freuen würden wir uns zum Beispiel über Neuzugänge aus Äthiopien, Guatemala, Jemen, Kenia, Kolumbien, Oman, Peru und Vietnam.“
Als Botschafter für die neue Sammlung haben die Partner einen eigenen „Wilhelmakaffee“ entwickelt. Auf der Messe konnte er bereits verkostet werden. Die Kaffeekirschen dafür stammen ausschließlich aus den nachhaltigen Plantagen der Kooperationspartner. Aus der Mischung aus Pacamara- und Old Paradenia-Bohnen macht die Neckar-Rösterei in Mannheim ein Cuvée. Bei einer ersten Verkostung haben Kaffeekenner Nuancen von Orange, Holunderblüte und Karamell herausgeschmeckt. Vom Erlös fließt ein Anteil in den Ausbau der Internationalen Erhaltungssammlung.
Im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart sind ständig einige der Kaffeesträucher im Maurischen Landhaus in der Abteilung der Tropischen Nutzpflanzen zu sehen. Künftig wird es zudem jedes Jahr im Februar eine Schau der wachsenden Kaffeepflanzensammlung geben, wenn diese Früchte trägt.
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