Gesundheit & Medizin

Labor im Klinikum Kassel im Corona-Dauerbetrieb

Auf dem Tisch vor Dr. Marcus Thomé liegen vier Telefone. Eines davon klingelt dieser Tage fast immer. Für den Virologen und Chefarzt der Infektionsdiagnostik und Klinischen Mikrobiologie am Klinikum Kassel sind es aufregende Zeiten. Dr. Thomé und sein Team aus acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen in Sachen Coronavirus an vorderster Linie. Im Dauerbetrieb untersuchen sie in zwei unscheinbaren Laborräumen täglich hunderte Proben, die Aufschluss darüber geben, ob eine Person infiziert ist. Es wird schnell und präzise gearbeitet, die Stimmung ist trotz der Belastung weiterhin gut.

Im Normalbetrieb einer Klinik der Maximalversorgung spielt die Labormedizin eine eher zurückgenommene Rolle. Seit gut zwei Wochen jedoch rückt die Mannschaft um Dr. Thomé in den Mittelpunkt. „Verglichen mit einer Fußballmannschaft nehmen wir die Rolle des Torwarts ein“, erklärt Dr. Marcus Thomé. „Die meiste Zeit des Spiels stehen wir nicht so sehr im Fokus, doch im entscheidenden Moment dürfen wir keinen Fehler machen und den Ball ins Netz lassen.“

„Es war klar, da kommt was auf uns zu“

Als Ende Januar 2020 die ersten beiden Corona-Verdachtsfälle in der Interdisziplinären Notaufnahme am Klinikum Kassel auftauchten, brachte Dr. Marcus Thomé die Proben noch eigenhändig in die Universitätsklinik Marburg, die zu diesem Zeitpunkt als eine von zwei Kliniken in Deutschland überhaupt einen entsprechenden Test durchführen konnte. Das Ergebnis war damals negativ, doch Dr. Thomé war bewusst, dass er schnell handeln musste. Schon zum Jahreswechsel 2019/2020 hatte er beunruhigende Nachrichten von Medizinerkollegen aus China vernommen. „Für uns Virologen war klar, dass da etwas auf uns zukommt, dass systemrelevant werden könnte“, sagt Dr. Thomé.

Notwendig sind ein innovativer Geräteparcour und die Expertise der Beschäftigten

Zusammen mit der Molekularbiologin Dr. Nadin Dewert beschaffte er im Februar die nötigen Materialien, um die ersten Testläufe im Kasseler Kliniklabor zu starten. „Die Suche nach dem Coronavirus ist kein Schnelltest.

Es braucht einen sehr innovativen Geräteparcour und die Expertise aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um kontinuierlich verlässliche Testergebnisse zu erhalten“, sagt Dr. Marcus Thomé. „Wir mussten die Voraussetzungen schaffen, um später schnell reagieren zu können. Jetzt haben wir am Klinikum eine Corona-Infrastruktur geschaffen, die auch unter Belastung standhält.“ Das Klinikum Kassel ist eine von nur drei Kliniken in Hessen, das aktuell eigene Tests durchführen kann.

Über 2.000 Proben in den letzten zwei Wochen

Als vor gut vierzehn Tagen die Anzahl der Corona-Verdachtsfälle massiv in die Höhe schoss, war die Labormannschaft bereit. Über 2.000 Proben sind seitdem getestet worden, jede einzelne davon hat Dr. Thomé freigegeben. Die Laborgeräte laufen durch den Dauerbetrieb teilweise so heiß, dass die Temperatur mit Kühlpackungen aus dem Gefrierfach abgesenkt wird. Es ist ein Stresstest für Mensch und Maschine, den das Klinikum Kassel gemeistert hat.

„Wir sind alle erschöpft, aber es ist für das Team auch ein gutes Gefühl, den Menschen schnell eine verlässliche Auskunft darüber geben zu können, ob sie infiziert sind“, sagt Dr. Thomé. Dessen Tochter fragte ihn vor ein paar Tagen, wann er mal wieder richtig ausschlafen könnte. „Im Juni“, antwortete der Virologe.

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