Gesundheit & Medizin

Medizinische Logistik: Studierende der Hochschule Osnabrück entwickeln Idee zu Digitalisierung

Fahrtenplan auf Smartphone statt auf Papier: Acht Studierende der Medieninformatik an der Hochschule Osnabrück zeigen auf, wie die Fahrtenplanung einer Niederlassung von Intermed Logistik digitalisiert werden kann. Das Unternehmen ist auf die Versorgung von Arztpraxen, Laboren, Apotheken und Krankenhäusern spezialisiert.

Arztpraxen, Labore, Krankenhäuser, Apotheken: Einrichtungen des Gesundheitswesens in Deutschland sind angesichts der Corona-Pandemie besonders stark gefordert. Heute, aber auch zu normalen Zeiten müssen sie schnell und zuverlässig arbeiten können. Dafür ist eine gute Vernetzung unabdingbar: Beispielsweise damit Proben aus einer Praxis schnell ins Labor gelangen oder Apotheken Erkrankte mit notwendigen Medikamenten versorgen können.

Für solche Vernetzung sind Firmen wie Intermed Logistik verantwortlich. Das in Geesthacht ansässige Unternehmen mit rund 1.000 Mitarbeitern ist einer der Marktführer in Deutschland. Seit 35 Jahren beliefert es medizinische Einrichtungen mit Entnahme- und Versandmaterial. Rund 25.000 Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken werden täglich angeliefert. Auf rund 1200 Touren sind Fahrerinnen und Fahrer dabei unterwegs. Das Unternehmen verfügt über ein eigenes, flächendeckendes Logistik-Netz mit Vertretungen und Kooperationen in ganz Deutschland.

Rund 20 fest angestellte Fahrerinnen und Fahrer und 50 Aushilfen beschäftigt die Niederlassung in Schüttorf. „Wir holen medizinische Proben – wie beispielsweise Blut – oder auch Medikamente ab und stellen zugleich Untersuchungsbefunde und medizinisches Material für Praxen zu“, berichtet Ulrich Limbrock. Der Niederlassungsleiter hat bisher alle Fahrten mit einem Tabellenprogramm geplant und für die Beschäftigten ausgedruckt. Er gibt zu: „Die ‚Zettelwirtschaft‘ ist aufwendig und unflexibel.“ Angesichts von täglich 1.300 Stopps und gelegentlich dringenden Bestellungen seiner Kundschaft hat Limbrock nach einer besseren Lösung gesucht. Ein Hilfsangebot kam ausgerechnet von seiner Tochter Annika.

Die 27-Jährige studiert Medieninformatik an der Hochschule Osnabrück. „Im Semester zuvor haben wir uns stark mit dem Thema ‚Usability‘ beschäftigt“, erzählt sie: „Ziel ist dabei, dass digitale Lösungen wie Apps oder andere interaktive Produkte und Dienstleistungen nützlich und leicht zu bedienen sind.“ Im Gespräch mit ihrem Vater kam ihr die Idee, die Fahrtenplanung seiner Niederlassung zu digitalisieren. Schnell fand sie Unterstützung an der Hochschule – sowohl unter ihren Mitstudierenden als auch bei den Lehrenden, Prof. Michaela Ramm und Björn Plutka. Die Professorin für Mediengestaltung betreute in Kooperation mit Intermed das studentische Projekt; der Informatikdozent gab Hilfestellung bei Fragen zu technischen Details.

Annika Limbrock und ihr Kommilitone Tobias Zander koordinierten das Projekt. In den Fokus nahm ihr achtköpfiges Team die Zusammenarbeit zwischen der Intermed-Niederlassung in Schüttorf mit einem Labor, zu dem täglich die gesammelten Proben zur Untersuchung gebracht werden.

„Die Fahrten übernehmen Menschen mit unterschiedlichen Berufserfahrungen und verschiedener Altersklassen – von der studentischen Aushilfe über Hausfrau bis hin zum Rentner“, sagt Tobias Zander: „Deshalb haben Usability-Aspekte für unser Projekt eine entscheidende Rolle gespielt.“ Das Ziel war dabei, die Dokumentation und Strukturierung der täglichen Anfahrten mit Stift und Papier durch einen digitalen Nachfolger zu ersetzen.

Zusammen mit Leonard Grieß, Johannes Heil, Aileen Ludewig, André Voßmann, Maximilian Wächter und Christoph Weigandt haben Annika Limbrock und Tobias Zander etwa 1.600 Arbeitsstunden in ihre Entwicklung investiert. Entstanden ist ein Prototyp, der eine Fahrten-App mit einer Schnittstelle für Büroangestellte, sogenanntem Admin-Interface, kombiniert. Damit können tägliche Transporte von medizinischen Proben, Briefen und Paketen strukturiert und dokumentiert werden – nutzerfreundlich und unkompliziert.

„Das Admin-Interface bildet die übergeordnete Steuerzentrale der Applikation“, erklärt Annika Limbrock. Gleichzeitig werden hier relevante Informationen dargestellt – beispielsweise aktuelle Touren mit den zugehörigen Fahrtzielen und Personal. Bedient wird die Schnittstelle von den Fahrdienstleitungen des jeweiligen Firmenstandorts. Hier können sie ihre Touren planen, Abwesenheiten koordinieren und sich einen Überblick über die täglichen Gegebenheiten verschaffen, um auf mögliche Probleme reagieren zu können. All diese Arbeitsschritte können nun digitalisiert durchgeführt und auch für vergangene Tage durch eine zugehörige Datenverwaltung rekonstruiert werden.

Die App für Fahrerinnen und Fahrer befindet sich auf den Smartphones, die sie auf ihrer Tour mitnehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf einer geführten Bedienung. „Dadurch können alle – ob kurzfristig oder langfristig angestellt – die App intuitiv und effektiv nutzen“, betont Tobias Zander. Die Applikation wird zur Dokumentation der Zustellungen und Abholungen bei einer einzelnen Anfahrt genutzt und ansonsten von dem Admin-Interface gesteuert – beispielsweise, wenn spontan eine neue Anfahrt hinzukommt. Die Navigation führt durch die verschiedenen Anfahrten einer Tour – „gerade für Kurzzeit-Aushilfen eine wertvolle Funktion“, so der Projektleiter. 

„Wir haben die studentische Entwicklung vor Ort getestet – mit großem Erfolg“, freut sich Niederlassungsleiter Ulrich Limbrock. Auch nach dem offiziellen Abschluss des Projekts steht er weiterhin im Kontakt mit dem Team, weitere Tests und Treffen sind geplant. Zufrieden ist auch die Projektbetreuerin Michaela Ramm: „Das Team ist innerhalb eines Semesters sehr weit gekommen: Jeder Meilenstein in der Projektplanung konnte problemlos umgesetzt werden.“ Neben der technischen Seite und dem User Experience Design sei ihr wichtig, dass Studierende wertvolle Erfahrung in Projektarbeit gesammelt haben: „Kommunikation, Zeitmanagement, Zusammenarbeit mit Kunden, die selbst keine Informatiker sind – all das erwartet unsere Absolventinnen und Absolventen auch in der Praxis“, betont die Professorin.

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