Optik Sehstern aus Freigericht: „Wir fühlen uns wie die Gallier im Kampf gegen Rom“
„Aus Verantwortung meinen Mitarbeitern und Kunden gegenüber habe auch ich mein Ladengeschäft zum 23. März geschlossen und nur für Notfälle geöffnet“, erklärt Manuel Hualde. Notfälle sind beispielsweise eine Brillenreparatur oder der Verkauf von Kontaktlinsenpflegemittel. Schon am ersten Tag nach der Schließung war ihm klar, dass sein Laden davon nicht leben, geschweige denn überleben kann. Ab dem 1. April wird sein Team auf Kurzarbeit umgestellt. Aber auch so wird sein Geschäft – trotz möglichem KfW-Kredit und eventuellen Fördergeldern – über einen längeren Zeitraum nur schwer finanzierbar sein.
Sein Ladengeschäft mit 80 Quadratmetern hatte Manuel Hualde im Jahr 1995 eröffnet. Die Zahl der Kunden, Umsätze und Mitarbeiter konnte er von Jahr zu Jahr steigern. Bereits 2007 unterhielt er sich mit Freunden über die Möglichkeiten und zukünftigen Entwicklungen des Online-Handels und gründete Sehshop.de. In dem Onlineshop bietet er Brillen mit individueller Sehstärke an. „Das war noch bevor die großen Brillenonlinehändler diesen Markt für sich entdeckt haben“, erläutert Hualde. „Bei meinem Online-Shop ging es nicht um das große Geld, aber die Brillen, das Fachpersonal und die nötigen Geräte hatte ich ohnehin in meinem Geschäft, so dass wir mit einem zusätzlichen Vertriebsweg nur gewinnen konnten.“
Mit Meinbrillenglas.de etablierte der Augenoptiker 2013 seinen zweiten Onlineshop, der rein auf die Neuverglasung von bereits vorhandenen Kundenbrillen spezialisiert ist. Beide Onlineshops verzeichneten Jahr für Jahr steigende Umsätze. „Mittlerweile machen die Onlineshops zwanzig Prozent unserer gesamten Umsätze aus“, erklärt Hualde, „80 Prozent des Umsatzes laufen beziehungsweise liefen zwar immer noch über das Ladengeschäft, aber genau diese zwanzig Prozent helfen uns jetzt, unser Überleben zu sichern und Entlassungen zu vermeiden.“
Aufgrund seines weiträumigen Einzugsgebiets (Freigericht, Gelnhausen bis nach Bayern) sind in seinem stationären Ladengeschäft mittlerweile rund 12 000 Kunden registriert, in seinen Onlineshops sind es bereits über 40 000. Der Vorteil der Multichanel-Strategie: Während in den ersten Tagen nach der Schließung stationär täglich nur ein paar Pflegeprodukte oder Tageslinsen verkauft wurden, fertigen seine Mitarbeiter an den betriebseigenen Maschinen weiterhin täglich etwa zehn Brillen und mehr für Onlinekunden.
„32 oder 150 Blatt?“
Skatspiel und Toilettenpapier als Gimmick für Online-Bestellungen
„Während der stationäre Handel fast komplett eingebrochen ist, sind die Bestellungen der Onlinekunden nahezu konstant und sogar leicht gestiegen“, so Hualde. „Das kontaktlose Einkaufen ist online natürlich jetzt ein riesiger Vorteil – unser Zaubertrank sozusagen. Im Ladengeschäft ist ein kontaktloser Brillenverkauf ja quasi unmöglich.“ Natürlich hofft der gelernte Augenoptiker, dass er auch seinen Laden schon bald wieder öffnen kann. Wann das der Fall sein wird, kann momentan niemand vorhersagen. Darum will er in der Zwischenzeit mit Ideen und Augenzwinkern seine Onlineshops fördern – und damit auch mittel- bis langfristig Entlassungen verhindern.
In seinem Onlineshop Meinbrillenglas.de bietet er im April ein „Gimmick des Monats“ passend zur Corona-Krise an. Unter dem Motto „Das richtige Blatt zur richtigen Zeit“ erhalten Käufer als Zugabe zu ihrer Onlinebestellung ein Skatspiel sowie eine Rolle Toilettenpapier. „Natürlich nur solange der Vorrat reicht“, meint Manuel Hualde mit einem Augenzwinkern, „aber wir sind gewappnet und haben einen ausreichenden Vorrat für alle, die jetzt Hause bleiben müssen.“
Hualde und sein Team wollen mit kreativen und originellen Ideen auch weiterhin um Brillen-Onlinekunden werben. Dennoch bleibt die Kontaktpflege zu den Ladenkunden auch während der Schließung in seinem Fokus: „Ohne diese wird es dauerhaft nicht gehen. Darum arbeiten wir, mein Team und ich, aktuell mit Hochdruck an Möglichkeiten für einen möglichst kontaktlosen Sehtest. Dank unserer mehrgleisigen Strategie und der Einsatzbereitschaft meines Teams schauen wir trotz allem positiv in die Zukunft.“
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