Covid-19 – Die fünf wichtigsten Fragen für Investoren
Sind die fiskalischen und monetären Programme umfassend genug, um die Krise zu begrenzen?
Das hängt davon ab, welche Krise man meint. Auf den Finanzmärkten haben die weltweiten Maßnahmen von Regierungen und Zentralbanken gewirkt: Die Volatilität ist gesunken und die Liquidität in der letzten Märzwoche gestiegen. Am deutlichsten waren der Einbruch und die darauffolgende Erholung auf dem Markt für kurzfristige Kredite und Anleihen zu beobachten. Wir erwarten, dass die Volatilität noch einige Zeit hoch bleibt. Die Finanzmärkte haben den akuten Krisenmodus aber überstanden.
Die wichtigere Frage ist, ob wir mit Stimulusprogrammen die Wirtschaftskrise bewältigen können. Leider ist die realistischste Antwort, dass sie zwar helfen werden, uns aber dennoch eine turbulente und schwierige Zeit bevorsteht. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob das zwei Billionen große Paket der US-Regierung genügend Unternehmensschließungen oder eine Entlassungswelle verhindern kann.
Glücklicherweise gibt es verschiedene Indikatoren, die zeigen, wie erfolgreich die Maßnahmen sind. Dazu zählen Arbeitslosenzahlen, Lohnausfälle, Konkurse und Zahlungsausfälle. Verbraucherausgaben werden weniger nützlich sein, da sie durch geschlossene Innenstädte und Restaurants automatisch reduziert werden.
Aufschlussreich wird auch der Vergleich zwischen den Volkswirtschaften Amerikas und europäischer Länder sein. Während die USA die Arbeitslosenzahlung aufgestockt haben, bezuschussen England und andere europäische Länder Lohnzahlungen. Das könnte ein Test in Echtzeit sein und uns lehren, welcher Ansatz effizienter ist.
Wie sind die Aussichten für die globale Wirtschaft?
In großen Teilen der Welt begann Mitte März eine tiefe wirtschaftliche Rezession. Das zweite Quartal wird für die Weltwirtschaft katastrophal sein. Aber je schwieriger es in den kommenden Monaten wird, desto besser kann es uns langfristig gehen. Wir sollten uns wünschen, dass Regierungen, Unternehmen und Individuen alles tun, um Neuinfektionen so stark wie möglich einzudämmen, auch wenn es der Wirtschaft kurz- bis mittelfristig schadet.
Denn wie erfolgreich wir bei der Bekämpfung der Pandemie sind, wird entscheiden, wie stark sich die Wirtschaft im dritten Quartal erholen wird. Das ist jedoch schwer zu prognostizieren, denn die Zahlen aus Asien lassen sich schwer übertragen und wir wissen nicht, wie lange der Druck, die globale Wirtschaftstätigkeit zu unterdrücken noch anhalten wird.
Kurzfristig verfügbare Indikatoren wie die Zahl der Coronafälle und das Wachstum der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung erleichtern Voraussagen. Andere wichtige Wirtschaftsdaten wie Unternehmensgewinne oder Steuereinnahmen werden aber erst verzögert veröffentlicht.
Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Portfolios auszugleichen?
Diese Frage ist zurzeit besonders relevant, da die meisten Investoren das Quartalsende nutzen, um ihre Portfolios neu zu gewichten. Zusätzlich reagieren viele institutionelle Investoren, wenn die Gewichte in ihrem Portfolio um mehr als fünf Prozent von ihrem Zielwerten abweichen. Dieser Grenzwert dürfte oft erreicht sein und ein ausbalanciertes Portfolio gehört zu jeder langfristigen Investmentstrategie. Wir raten Investoren daher, ihre Portfolios auszugleichen, vorausgesetzt, sie sind liquide genug, um kurzfristige Verbindlichkeiten erfüllen zu können.
Natürlich hängt die Antwort auch von der Marktsituation ab. Vor zwei Wochen befürchteten einige Investoren, dass die Märkte nicht liquide genug sein würden, um Portfolios ausgleichen zu können. Wir denken, dass das aktuell keine Hürde mehr ist. Zweitens hat sich neben der Bewertung einzelner Assetklassen auch ihr relatives Risiko geändert. Dieser Faktor muss bei der Gewichtung von Assetklassen beachtet werden. Drittens müssen Investoren, die in langfristig illiquide Assets investiert haben, beachten, dass ihre Preise verzögert reagieren.
Ich habe Barmittelreserven. Wo gibt es Einstiegschancen?
Langfristig sind unsere Portfolios defensiv positioniert. Diese Strategie ist aus unserer Sicht für die meisten Investoren sinnvoll. So bevorzugen wir bei Public Equities beispielsweise Growth vor Value, aufgrund der durchschnittlich geringeren Verschuldung und da Growth-Titel weniger zyklisch sind. Parallel dazu denken wir, dass Large Caps momentan besser positioniert sind als Small Caps, da ihre Gewinne und Bilanzen stabiler sind.
Auf den Rentenmärkten favorisieren wir hohe Bonitäten und Anleihen aus Entwicklungsländern vor Segmenten wie US High Yield. Entwicklungsländern können vom schwachen Dollar profitieren und sind Energiepreisen weniger stark als die USA ausgesetzt.
Zusätzlich bleiben wir in defensiven Assetklassen wie öffentlichen und privaten Sachwerten investiert wie Farmland und Immobilien. Weniger liquide Assetklassen können Preisschocks abfedern.
Gleichzeitig kann es für Investoren mit einem langen Anlagehorizont und einer hohen kurzfristigen Risikotoleranz sinnvoll sein, in zyklische Aktien oder schlechter bewertete Anleihen zu investieren. Dabei müssen sie aber sehr selektiv vorgehen.
Welche Signale zeigen, wann die Krise ihren Tiefpunkt erreicht hat?
Im aktuellen volatilen Umfeld wäre es nicht angebracht, Prognosen darüber abzugeben, wann die Marktpreise ihren Tiefpunkt erreicht haben werden. Aber wir beobachten mehrere Faktoren.
Das wichtigste Signal sind die Covid-19 Fälle. Wenn die Neuinfektionen in den entwickelten Ländern ihr Plateau erreichen, werden wir Angebots- und Nachfrageschocks und ihre Auswirkungen auf Unternehmensgewinne besser einschätzen können. Zusätzlich hilft der Blick in Länder wie China, die den Virus erfolgreich eingedämmt haben.
Wir erwarten zudem steigende Fiskalstimuli, die Gesundheitssysteme, Individuen und Unternehmen unterstützen, die am stärksten von der Krise betroffen sind. Auch das kann die Krise lindern.
Technische Indikatoren wie die Marktvolatilität, Credit Spreads oder die Korrelation zwischen verschiedenen Assetklassen erleichtern die Prognose ebenfalls. Wenn diese Größen sinken, ist das ein Anzeichen dafür, dass sich die finanziellen Bedingungen verbessern. Das wären gute Nachrichten für die Realwirtschaft.
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