Grenzbepflanzung: Welche Regeln gelten für Grundstücksgrenzen?
Frau Holme, nehmen wir an, ein Landwirt hat ein Ackergrundstück gekauft, das in einer Richtung an Wald angrenzt. Die etwa 50-jährigen Bäume sind bis zur Grenze gepflanzt. Nach deutschem Recht ist ein Abstand von vier Metern einzuhalten. Kann der Käufer verlangen, dass die Bäume gefällt werden?
Die Rechte von Grundstückseigentümern gegenüber den Eigentümern benachbarter Grundstücke sind in Deutschland, bis auf wenige Normen im Bürgerlichen Gesetzbuch, nicht bundeseinheitlich geregelt. In Bayern sind diese „Nachbarrechte“ in den Artikeln 46–54 des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (AGBGB) geregelt. Dort ist auch festgehalten, welchen Abstand Pflanzen ab einer bestimmten Höhe zum Nachbargrundstück einhalten müssen. Da das Grundstück aus unserem Beispiel als Ackergrund landwirtschaftlich genutzt wird, ist die Regelung von Artikel 48 AGBGB anzuwenden. Dort ist festgelegt, dass Bäume mit mehr als zwei Meter Höhe einen Abstand gegenüber einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück von vier Metern einhalten müssen.
Wie ist das abzumessen?
Gemessen wird dieser Abstand am Boden ab der Mitte des Stamms. Der Abstand von vier Metern ist aber nur dann einzuhalten, wenn das landwirtschaftliche Grundstück erheblich beeinträchtigt wird, zum Beispiel zu wenig Sonnenlicht bekommt. Und es gibt viele Ausnahmen. Dazu gehören beispielsweise Bepflanzungen, die dem Uferschutz oder dem Schutz von Böschungen dienen. Dort darf dann in keinem Fall gefällt werden.
Kann der Käufer des Ackers also verlangen, dass die Bäume gefällt werden?
Liegen die Voraussetzungen des Art. 48 AGBGB vor, bedeutet das nicht automatisch, dass er verlangen kann, dass die Bäume gefällt werden. Er hat zwar einen Anspruch darauf, dass innerhalb von vier Metern zur Grundstücksgrenze keine Bäume stehen, die über zwei Meter hoch sind. In Anbetracht der Wuchshöhe der Bepflanzung kann es in diesem Fall aber sein, dass der Anspruch verjährt ist.
Wann verjähren Ansprüche?
Ansprüche verjähren innerhalb von fünf Jahren. Diese Frist beginnt am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Eigentümer Kenntnis davon erlangt hat. Das heißt, dass die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen begann, in dem der Voreigentümer erkennen konnte, dass die Bäume, die direkt an das Grundstück angrenzen, mehr als zwei Meter hoch gewachsen sind. Dass der Landwirt das Grundstück erst später gekauft hat, spielt keine Rolle. Denn mit dem Kauf des Grundstücks hat er den Anspruch des Vorbesitzers miterworben. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Übergang des Eigentums nicht neu. Konkret heißt das für ihn, dass er mit den Bäumen an seiner Grundstücksgrenze vermutlich leben muss.
Und wie ist das in anderen Bundesländern geregelt? Bislang haben wir ja nur über Bayern gesprochen.
In anderen Bundesländern ist jeweils in den Nachbarrechtsgesetzen geregelt, wie die Pflanzabstände sein müssen. Es gibt aber einen Grundsatz, der für alle gilt: Je höher und ausladender ein Gewächs ist, desto größer muss der Abstand zur Nachbarschaftsgrenze sein. Es ist ratsam, sich im Vorfeld einer Bepflanzung schlauzumachen, welche Regeln gelten. Und wer ein Grundstück kauft, an dessen Grenze sehr nah Bäume oder Büsche stehen, sollte rechtzeitig mit dem Nachbarn das Gespräch suchen.
Adelheid Holme, Rechtsanwältin bei Ecovis in Landshut
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