NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima März 2020
Das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima ist im März von zuvor 8,0 auf -16,3 Saldenpunkte eingebrochen. Dies ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Erhebung 1991 und der niedrigste Wert seit März 2009. Dabei beurteilten die Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen ihre Geschäftsperspektiven deutlich schlechter als ihre aktuelle Geschäftslage. Sämtliche Branchen sind betroffen. Der Rückgang ist vergleichbar mit dem nach der Lehman-Pleite Ende 2008, die der Auftakt für eine Rezession war.
Den stärksten Rückgang verzeichneten die Dienstleister, sowohl was die Beurteilung ihrer aktuellen Lage als auch ihre zukünftigen Geschäftsaussichten angeht. Der Grund: Viele Betriebe können ihre Dienstleistungen aufgrund des Shutdowns nicht mehr anbieten. Betroffen ist vor allem das nordrhein-westfälische Gastgewerbe, wo das Geschäftsklima um dramatische 70 Punkte auf -57 Saldenpunkte sank. In keinem anderen Wirtschaftssektor ist das Klima derzeit schlechter. Einigermaßen behaupten konnte sich das Grundstücks- und Wohnungswesen.
Durch die von der Regierung angeordnete Schließung der meisten Geschäftslokale brach im März auch im Handel das Geschäftsklima ein. Die Erwartungen stürzten auf den niedrigsten Wert seit über zehn Jahren. Auch ihre aktuelle Geschäftslage schätzten die Händler merklich schlechter ein. Groß- und Einzelhandel in NRW sind gleichermaßen stark getroffen.
Vergleichsweise moderat ist das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe gesunken. Die Unternehmen der Bauwirtschaft schätzen ihre aktuelle Lage gegenwärtig noch als sehr gut ein. Auch was die zukünftigen Geschäftsperspektiven angeht, hat die Skepsis noch nicht die Überhand gewonnen, da die meisten Bauunternehmen von dem Stillstand im öffentlichen Leben nur am Rande betroffen sind und globale Lieferketten für sie kaum eine Rolle spielen. Deutlich eingetrübt hat sich jedoch die Stimmung im gewerblichen Hochbau.
Am geringsten ist das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe gesunken, was allerdings auch daran liegt, dass die Branche sich ohnehin bereits seit Mitte 2018 in einer Schwächephase befindet. Wichtige Exportmärkte wie China oder Italien wurden durch Covid-19 hart getroffen und fragen deutlich weniger Güter nach. Daneben leidet die Industrie zunehmend unter der Störung der Wertschöpfungsketten. Einzelne Betriebe in NRW mussten daher bereits ihre Produktion drosseln oder sogar ganz einstellen.
Im Zuge der Corona-Epidemie haben bereits jetzt zahlreiche Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Über ein Viertel aller Firmen erwarten in den nächsten Monaten Kurzarbeit. Das ist der höchste Stand seit Anfang 2010. Überdurchschnittlich von Kurzarbeit betroffen ist die Metallerzeugung (61%), der Maschinenbau (34%) und der Kraftwagenbau (29%).
Ein Hoffnungsschimmer geht von der für den Standort Nordrhein-Westfalen wichtigen Chemieindustrie aus. Denn hier trübte sich das Geschäftsklima nur vergleichsweise moderat ein. Dementsprechend geht in der chemischen Industrie derzeit auch nur jedes zehnte Unternehmen davon aus, in den nächsten Monaten Kurzarbeit beantragen zu müssen.
Das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima signalisiert für das erste Halbjahr 2020 einen deutlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in NRW. Wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt, ist schwer zu kalkulieren. Anders als in der Finanz- und Staatsschuldenkrise im Jahr 2009 sind die Ursachen für die aktuelle wirtschaftliche Schieflage nicht struktureller Natur, was den Ausblick erschwert. Wie sich die schnell auf den Weg gebrachten Finanzhilfen für Unternehmen sowie die Ausweitung von Kurzarbeit auswirken, muss abgewartet werden.
Hintergrund:
Das NRW.BANK.ifo-Geschäftsklima gibt Aufschluss über die wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Hierfür werden monatlich etwa 1.500 Unternehmen aus dem Bundesland zu ihrer aktuellen Geschäftslage und ihren Zukunftserwartungen befragt. Ihre Antworten werden exklusiv für die NRW.BANK ausgewertet. Detaillierteres Zahlenmaterial sowie weitere Informationen finden Sie unter www.nrwbank.de/ifo.
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