Sehnsucht Kino – Online-Studie von S&L Research beleuchtet die Loyalität der Kinogänger nach der Corona-Krise
S&L Research führte vom 9. – 14.04.2020 unter 865 deutschen Kinogängern eine Umfrage durch, um herauszufinden, ob und wie die Kinogänger die Kinobesuche substituieren und wie groß das Interesse der Kinogänger ist, nach der Krise wieder ins Kino zurückzukehren:
- 93% der Kinogänger wollen nach der Krise bzw. nach Aufhebung der Beschränkungen „sehr wahrscheinlich“ oder „wahrscheinlich“ ins Kino zurückkehren. Weitere 6% ziehen es zumindest in Erwägung.
- Abstand und Desinfektion sind wichtige Voraussetzungen, damit die Kinogänger wieder ins Kino zurückkehren.
- Für mehr als die Hälfte der Kinogänger würde das Autokino eine gute Alternative darstellen.
- Disney+, Netflix und Amazon Prime sind auf der Seite der Streamingdienste die (zumindest vorrübergehenden) Gewinner der Krise.
Die Mehrheit der Kinogänger vermisst das Kino
Die S&L Studie zeigt ganz deutlich: Wie auch andere Freizeitbeschäftigungen, vermisst die Bevölkerung den Gang ins Kino. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (93%) setzt ein deutliches Signal und gibt an, nach der Krise bzw. nach Aufhebung der Beschränkungen „sehr wahrscheinlich“ oder „wahrscheinlich“ wieder ins Kino gehen zu wollen. Der Kinobesuch wird dabei sogar als vergleichsweise sicher empfunden. Fitnesscenter (73%), Sportveranstaltungen (54%) und der Besuch von Clubs und Diskotheken (51%) schneiden deutlich schlechter ab. Bei den Absichtsbekundungen „sehr wahrscheinlich“ oder „wahrscheinlich“ kann nur der Restaurantbesuch (91%) mit der hohen Prognose der Befragten für die Rückkehr ins Kino mithalten.
In Deutschland gibt sich die Bevölkerung laut den Ergebnissen der S&L-Umfrage außerdem optimistischer als zum Beispiel in den USA. Eine Studie aus den USA, die allerdings auch einige Nicht-Kinogänger umfasste, zeigt mit 70% in den Kategorien „sehr wahrscheinlich“ und „wahrscheinlich“ eine deutliche geringere Absicht, möglichst schnell wieder im Kinosessel sitzen so wollen.
Rückkehr ins Kino ja – aber wann?
Grundsätzlich bekennen sich die Teilnehmer der S&L-Umfrage also zum Kino. Die Bereitschaft, wann diese Loyalität dem Kino gegenüber genau in die Tat umgesetzt werden soll, variiert jedoch. „Sofort nach Öffnung“ planen nur 25% der Befragten, in die Kinos zu gehen; weitere 38% immerhin „innerhalb weniger Wochen“. Eine (relative) Normalisierung sollte sich laut der Umfrageergebnisse innerhalb von zwei Monaten nach Wiedereröffnung herstellen – insgesamt 84% der Kinogänger sagen für diesen Zeitraum ihren ersten Post-Corona-Kinobesuch voraus.
Dass der öffentliche Personennahverkehr hier besser abschneidet (48% „sofort“, weitere 24% „innerhalb weniger Wochen“) liegt möglicherweise auch an dem Mangel von Alternativen auf diesem Gebiet. Doch auch andere Freizeitdestinationen können – trotz grundsätzlich geringerer Rückkehrbereitschaft (siehe oben) – etwas schneller wieder mit stabilerem Geschäft rechnen als das Kino: 42% der Befragten wollen „sofort“ wieder ins Fitnessstudio (weitere 19% „innerhalb von 2 Wochen“), 33% „sofort” wieder in Restaurants (38% „innerhalb von 2 Wochen“). Die Kinos stehen jedoch stärker in der Gunst als zum Beispiel Sportveranstaltungen (12% bzw. 17%) oder Konzerte (10% bzw. 17%).
Welche neuen Maßnahmen sollen die Kinos ergreifen?
Dass der Kinobesuch nach Corona bzw. nach Ende der Beschränkungen und Zwangsschließungen nicht unbedingt mit dem Besuch vor Corona zu vergleichen ist, zeigt die S&L-Studie ebenfalls. In einer offenen Frage wurden die Kinogänger aufgefordert, die Maßnahmen zu nennen, die aus ihrer Sicht notwendig sind, um wieder das Kino besuchen zu können. Auf Platz 1 liegt zusätzlicher Abstand: 62% der Umfrageteilnehmer sehen ausreichenden Abstand zwischen Sitzplätzen von nicht zusammen gebuchten Tickets als notwendig an. Eine explizite Beschränkung der Besucher pro Kinosaal – die sich durch diese Maßnahme automatisch ergeben würde – wurde dagegen nur von 19% gefordert. 26% sehen einen passenden Sicherheitsabstand an Kassen (Ticketschalter und Snack-Verkauf) als wichtig, jeweils 18% wünschen sich, dass Kinos Handdesinfektionsmittel bereitstellen und dass Mundschutz getragen wird.
Ein überraschendes Ergebnis weist die Studie in Sachen Sorglosigkeit auf: Trotz umfangreicher öffentlicher Aufklärung zur Ansteckung und Verbreitung von COVID-19, erwarten oder verlangen ganze 7% der Kinogänger keinerlei neue und besondere Maßnahmen für ihre nächsten Kinobesuche.
Dass zusätzliche Maßnahmen Geld kosten – z.B. Ausfälle durch Sitzplatzbeschränkungen kompensiert werden müssten – liegt auf der Hand. 29% der Befragten sind auch bereit, dies über erhöhte Ticketpreise mitzutragen. Die Mehrheit (40%) lehnt dies bislang jedoch ab. Der Rest der Befragten ist in dieser Frage noch unentschlossen.
Was will das Publikum sehen?
Durch die Zwangsschließungen haben Kinofans oftmals Filme verpasst, die sie gerne im Kino gesehen hätten (60%). Das Interesse an diesen Titeln ist nach wie vor hoch: 58% der Befragten geben an, die Titel nach Wiedereröffnung nachholen zu wollen, die schon vor der Schließung im Kino zu sehen waren. Nur etwas mehr als ein Viertel (26%) besteht darauf, direkt nach der Krise Neustarts zu sehen.
Ein oft totgesagter Zweig des Kinos darf sich aufgrund der Krise eines überraschenden Aufschwungs erfreuen: 52% der Befragten in der S&L-Studie sagen aus, dass der Besuch eines Autokinos für sie eine realistische Alternative darstellt. Die Sehnsucht nach dem Kino als Freizeit- und Erlebnisort schlägt sich also nicht nur in einer positiven Prognose für die üblichen Filmtheater nieder, sondern auch in einem möglichen Revival einer Kinoform, in der sich leicht der weiterhin sinnvolle Mindestabstand einhalten lässt.
Heimkino als Ersatz?
Doch Kino ist nicht die einzige Quelle für Filmfans. Dass die VoD-Anbieter (Video on Demand) profitieren, wo die Kinos aktuell noch verlieren, verwundert nicht. Über die Hälfte der Befragten geben an, in den letzten Wochen mehr VoD-Angebote zu nutzen als zuvor (52% mehr Film; 55% mehr Serien). Nahezu die Hälfte der Umfrageteilnehmer (47%) haben in der Zeit der Ausgansbeschränkung neue Abonnements für SVoD-Anbieter (Subscriptional Video on Demand) abgeschlossen. Einen Sonderfall stellt hier Disney+ dar (28% der Befragten schlossen in den letzten Wochen Abos ab). Als erst kürzlich gestarteter neuer Player auf dem deutschen SVoD-Markt begründen sich hier viele neue Abos nicht nur auf die Beschränkungen durch Corona. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wurden Netflix- und Amazon Prime-Abos von 20% bzw. 14% der Befragten neu abgeschlossen.
TVoD-Angebote (Transactional Video on Demand) können die Krise laut der Befragung nicht so stark für sich nutzen wie die VoD- und SVoD-Angebote. Weniger als 10% der Teilnehmer geben an, diese Angebote aktuell vermehrt zu nutzen. Und das, obwohl einige kurz vor der Schließung der Kinos gestartete Filme einen verfrühten Heimkinostart hatten. Einerseits stellen hier die vergleichsweise hohen Einzelpreise ein Hindernis dar (39%), andererseits wussten viele der Befragten (40%) nicht, dass diese neuen Filme bereits zum Online-Kauf bzw. zu Online-Leihe verfügbar sind.
Weitere Informationen:
https://www.moviepanel.de/assets/OnePager-KinonachCorona-SL_Research.pdf
Über die Studie:
Die Umfrage wurde vom 09. – 14.04.2020 online von S&L Research auf dem Umfrageportal www.moviepanel.de unter 865 deutschen Kinogängern ab 16 Jahren durchgeführt, die sich in der Zusammensetzung an dem Kinopublikum in Deutschland orientierten.
S&L Research ist der Geschäftsbereich der S&L Medienproduktion GmbH, der sich seit 2003 mit dem Thema Film- und Kinomarktforschung beschäftigt. Wöchentliche Tracking-Studien sowie Ad-hoc Umfragen werden online über das unternehmenseigene Access Panel www.moviepanel.de durchgeführt. Darüber hinaus werden auch Daten über Testscreenings, Fokusgruppen und Umfragen in den Kinos erhoben.
Die S&L Medienproduktion umfasst neben der Marktforschung auch eine TV-, Online- und Social-Media-Produktion. Sie ist Teil der S&L Medien Gruppe, zu der auch die PR-Agentur S&L Medianetworx und die Fullservice Multimedia Agentur Westwing Online gehören.
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