2019: Factoring – ein gutes Jahr, aber Aussichten 2020 negativ wegen Corona
„In der Folge konnte auch die Factoring-Quote, die das Verhältnis zwischen dem angekauften Forderungsvolumen der deutschen Factoring-Institute und dem gesamten Bruttoinlandsprodukt misst, erstmalig die 8-Prozent-Marke übersteigen, ein neuer Höchststand in der Factoring-Nutzung“, kommentiert Helmut Karrer, Mitglied des Vorstandes des DFV, diese stolze Entwicklung.
Auch die (Neu-)Gewinnung von Kunden verlief in 2019 besonders dynamisch, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Verband im Berichtsjahr kundenstarke Neumitglieder in seinen Reihen begrüßen konnte: Factoring als moderne Finanzierungform wird nun von 90.300 Kunden genutzt, ein Zuwachs um 106 Prozent (2018: 43.800) und damit eine neue Höchstmarke. Dabei kauften die Mitgliedsunternehmen des DFV Forderungen gegen 8,2 Millionen Debitoren an.
Der Factoring-Markt im Detail
Während das nationale Geschäft einen Zuwachs von 23,4 Prozent auf 204,6 Mrd. Euro verzeichnete, war 2019 seit Langem (zuletzt vor zehn Jahren im Zusammenhang mit der letzten Finanzkrise) ein Jahr des Rückganges im internationalen Factoring – wohlgemerkt noch in Zeiten vor Corona: Der Umsatz im internationalen Factoring sank um 6,6 Prozent auf 71 Mrd. Euro. Verantwortlich dafür war das Export-Factoring, das um 7,7 Prozent zurückging (von 71,7 Mrd. Euro in 2018 auf nunmehr 66,2 Mrd. Euro). Dieser Rückgang konnte auch nicht mehr durch ein stolzes Wachstum im Import-Factoring von 11,3 Prozent (2019 nun 4,8 Mrd. Euro im Vergleich zu 4,3 Mrd. EUR in 2018) substituiert werden. Dazu passt, dass sich auch die Forderungslaufzeiten im internationalen Factoring um 3,2 Tage auf 51,1 Tage verschlechterten, ausländische Debitoren also bereits in 2019 zunehmend später zahlten.
In den Top 5 der Schwerpunktbranchen dominieren nun Handel und Handelsvermittlung, Gesundheitswesen, Dienstleistungen, Metallerzeugung und -verarbeitung und der Fahrzeugbau. Der Aufstieg des Gesundheitswesens um sieben Rankingpositionen auf Platz zwei ist in Teilen dabei auch auf Neumitglieder im DFV zurückzuführen.
Full-Service-Factoring hat 2019 unter den Factoring-Arten weiter aufgeholt: Zwar dominiert das Inhouse-Factoring nach wie vor mit 66,4 Prozent des Volumens (minus 9,3 Prozent gegenüber 2018), die Umsätze im Full-Service-Factoring sind jedoch nochmals deutlich gestiegen, auf nun 25 Prozent (plus 7,4 Prozent gegenüber 2018). Hintergrund war hier wohl die Ausweitung des Mittelstandsgeschäftes mit dort überwiegend genutzten Full-Service-Vertragsmodellen. Fälligkeits-Factoring hat in 2019 mit nun 8,6 Prozent ebenfalls einen höheren Anteil.
Die Zunahme der Factoring-Engagements im Mittelstand mit kleineren Forderungsvolumina hat sich im Berichtsjahr dabei fortgesetzt: Von der Anzahl der Factoring-Kunden werden mittlerweile bereits 93,5 Prozent im Segment bis 10 Mio. Euro Factoring-Umsatz, dem KMU-typischen Umsatz-Segment, bedient (2018: 92,2 Prozent). Unter Betrachtung der Segmentgrößen in Bezug auf den Umsatz dominieren indes die Big-Ticket-Volumina ab 50 Mio. Euro deutlich mit einem Anteil von über 55 Prozent, gegenüber 19,5 Prozent in den KMU-Volumina bis zu 10 Mio. Euro und einem Anteil von rund 25 Prozent in den Volumina zwischen 10 und 50 Mio. Euro. Factoring ist also nach wie vor das geeignete Finanzierungsinstrument sowohl für kleine als auch für große Unternehmen.
Ausblick
Für die Branche und ihren Verband, der nach neutralen Untersuchungen einen Marktanteil von über 98 Prozent des Factoring-Umsatzes der verbandlich organisierten Factoring-Unternehmen in Deutschland vertritt und daher die maßgebliche Benchmark des gesamten deutschen Factoring-Marktes ist, wird die Coronavirus-Pandemie eine Zäsur darstellen, da sich pandemiebedingt eine gesamtwirtschaftliche Rezession in Deutschland in 2020 nicht mehr vermeiden lassen wird. So sehen die Mitglieder des Verbandes die Aussichten so dramatisch schlecht wie bei keiner Erhebung zuvor: 40 Prozent der Mitglieder sehen eine nur „ausreichende“ Perspektive für 2020, knapp 13 Prozent sogar eine nur „mangelhafte“ oder gar „ungenügende“ Aussicht. Nur 20 Prozent sehen „befriedigende“ Aussichten und rund 27 Prozent „gute“ oder bessere Aussichten für Factoring im laufenden Jahr. Gegenüber einer zum Jahresanfang innerverbandlich durchgeführten Konjunkturabfrage handelt es sich hier bei den schlechten Noten „Ausreichend“, „Mangelhaft“ oder gar „Ungenügend“ um eine Zunahme von knapp 53 Prozent, einmalig in den bisherigen Erhebungen durch den Verband.
Etwas Hoffnung vermag vielleicht die Statistik nach der letzten Finanzkrise spenden: Krisenjahre sind bekanntlich grundsätzlich gute Jahre für Factoring, und viele in der Finanzkrise 2008/2009 neu gefundene Factoring-Kunden sind der Finanzierungsalternative auch in den folgenden wirtschaftlich guten Jahren treu geblieben, wie die Kundenzahlenentwicklung der letzten Jahre beweist. Mit etwas Glück besteht daher die Chance für stabile Anbieter, nach Überwindung der Pandemie in einem sicherlich auf Kundenseite perspektivisch wieder nachfragegesteigerten Factoring-Markt weitere Marktanteile gegenüber klassischer Finanzierung gutmachen zu können.
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