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Bau- und Immobilienwirtschaft: „Sicheren Hafen in stürmischen Corona-Zeiten nicht gefährden!“

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise dürfen die Immobilienwirtschaft nicht noch stärker belasten. Darauf haben Institutionen der hessischen Bau- und Immobilienwirtschaft hingewiesen. Wer mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen wolle, dürfe gerade jetzt eine gesunde Branche nicht überfordern. „Wir brauchen keine Subventionen, sondern Rahmenbedingungen, die Investitionen in den Wohnungsbau attraktiv machen“, betonte Gerald Lipka, Sprecher der Länderinitiative „Impulse für den Wohnungsbau – HESSEN“.

„Noch ist die Immobilienwirtschaft ein sicherer Hafen in stürmischen Corona-Zeiten. Wir erwarten, dass die Politik dies in ihren Entscheidungen berücksichtigt und unsere Branche nicht weiter mit immer strengeren Auflagen und finanziellen Forderungen überzieht“, betont Gerald Lipka, Sprecher der Länderinitiative „Impulse für den Wohnungsbau – HESSEN“ und Geschäftsführer des BFW Landesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland.

Zahlreiche Branchen in Deutschland seien während der Corona-Krise in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, manche seien in ihrer Existenz gefährdet. Dies gelte unter anderem für die Luftfahrt, den Tourismus, Hotel und Gastronomie, die Autoindustrie und die Landwirtschaft, aber auch viele andere wichtige Bereiche. In dieser Zeit habe sich die Bau-, Immobilien- und Wohnungswirtschaft als Stabilitätsanker erwiesen. „Auf unseren Baustellen wird weitergearbeitet, während andere in Kurzarbeit gingen oder ihre Unternehmen schließen mussten“, so Impulse-Sprecher Lipka.

Risiko nachlassender Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Gewerbeflächen

Weitere Auflagen und Einschränkungen wie der Baulandbeschluss der Stadt Frankfurt belasteten die Immobilienwirtschaft derzeit zusätzlich. Das größte Risiko sei eine nachlassende Nachfrage vor allem nach Eigentumswohnungen, Gewerbeflächen und Büros. „Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Deutschland durch Corona Gefahr läuft, in eine tiefe Rezession zu rutschen. Dies könnte viele Arbeitsplätze kosten und damit auch die Nachfrage nach Wohnungen, Gewerbe- und Büroflächen auf Talfahrt schickten“, warnt Lipka. Auflagen aus Zeiten der Hochkonjunktur und hohe Grunderwerbsteuern seien in der gegenwärtigen Krise denkbar ungeeignet.

Mieter schützen, Vermieter nicht aus dem Blick verlieren

Wohnen müsse auch in der Krise sicher sein. Kein Mieter solle durch Corona sein Zuhause verlieren. „Unsere Wohnungsunternehmen gehen in der Krise mit gutem Beispiel voran und bieten Mietern, die in finanzielle Schieflage geraten sind, an, die Miete zu stunden oder in Raten zu zahlen. Viele verzichten außerdem auf Mieterhöhungen und Räumungsverfahren. Wo es möglich ist, werden Umzüge auf Wunsch des Mieters verschoben“, betont Dr. Axel Tausendpfund, stellvertretender Impulse-Sprecher und Verbandsdirektor des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest). Die nicht gezahlte Miete müsse allerdings in den nächsten zwei Jahren zurückgezahlt werden. Gerade für Bezieher geringer oder mittlerer Einkommen könnte diese Belastung zu groß sein. Hier müsse die Politik frühzeitig tragfähige und nachhaltige Konzepte entwickeln, um einer Überschuldung von Mietern vorzubeugen. Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes und Erleichterungen beim Wohngeld seien erste, richtige Schritte. Nun müssten weitere Schritte folgen, um langfristige und zielgenaue Lösungen zu schaffen.

Auch Vermieter dürften in der Krise nicht aus dem Blick geraten. „Rund 60 Prozent unserer Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten höhere Mietausfälle. Die Folge könnte ein Rückgang von Investitionen für energetische Modernisierung und in den Bau bezahlbarer Wohnungen sein. Dies würde die Wirtschaft zu Lasten des Klimaschutzes noch stärker belasten und dem Wohnungsmarkt dringend benötigte Wohnungen vorenthalten“, warnt Tausendpfund. „Dazu darf es nicht kommen.“

Bauvorhaben nicht verschieben

Eine aktuelle gemeinsame Umfrage von Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer zeige, dass sich Architekturbüros auf wirtschaftlich schwierige Zeiten einstellen. Mehr als drei Viertel der Befragten spüren bereits konkret die Folgen von Covid-19, ein Drittel sogar deutlich negative. Die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen fordert deshalb, dass es nicht zu einer Verschiebung von geplanten Bauvorhaben kommt. „Vor Corona standen Planungsbeschleunigung und Schaffung neuer Wohnungen im Ballungsgebiet ganz oben auf der Agenda. Aber statt Planungsbeschleunigung droht jetzt Planungsstau“, warnte Dr. Martin Kraushaar, Hauptgeschäftsführer der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

Da sich gerade bei Planungsbüros und im Bauhandwerk nachlaufende Liquiditätsengpässe zeigen können, sei es wichtig, die neu geschaffenen wirtschaftlichen Hilfsinstrumente zugunsten der Wirtschaft ausreichend lange vorzuhalten. Architekten und Planern muss, wie anderen Selbstständigen, die Möglichkeit eröffnet werden, Corona-bedingte Einnahmeausfälle durch Halbjahresvergleiche mit entsprechenden Vorjahreszeiträumen zu belegen. Die AKH schlägt zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen vor, dass bei öffentlichen Aufträgen eine vereinfachte Rechnungsprüfung bis zu 80 Prozent des Auftragsvolumens möglich ist und die Zahlungsanweisungen beschleunigt werden. Darüber hinaus seien Zahlungen per Vorkasse bis zu zehn Prozent des Auftragsvolumens ebenfalls geeignet, um Finanzmittel außerhalb von öffentlichen Hilfeprogrammen in den Markt zu bringen. Für Investoren seien steuerliche Erleichterungen bei Abschreibungen ein wichtiges Instrument, um den Bausektor zu stützen. Büroinhaber wünschten sich nicht nur Entlastungen bei Steuervorauszahlungen. Es sei zu erwägen, den Verlustrücktrag zu erleichtern und die Abschreibungsmöglichkeiten für Büroinhaber zu verbessern. „Dem wäre mit einem klugen, öffentlich geförderten Innovations- und Investitionsprogramm entgegen zu treten, das auch Klimaschutzpotenziale im Gebäudesektor fördert“, so Kraushaar weiter.

Flaschenhals Bauverwaltungen

Rainer von Borstel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V., weist darauf hin, dass sich am Grundproblem der Wohnungsknappheit in Corona-Zeiten nichts verändert habe. „Es ist allerdings mit dem Rückzug zahlreicher Investoren zu rechnen. Bürger, die von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit bedroht sind, werden nicht in Eigentum investieren. Daher gilt es jetzt, verschiedene Impulse für mehr Investitionen zu setzen. Wir fordern deshalb, das Baukindergeld um mindestens zwei Jahre zu verlängern. Auch die degressive Abschreibung im Mietwohnungsbau sollte über das Jahresende hinaus verlängert werden. Sinnvoller wäre es allerdings, die Abschreibung an den tatsächlichen Wertverzehr einer Immobilie anzupassen und von zwei auf vier Prozent zu erhöhen“, so von Borstel.

„Als Flaschenhals für Bauinvestitionen haben sich leider immer wieder die Bauverwaltungen erwiesen. Das zeigt, Mittel bereitzustellen allein reicht nicht, um die Baukonjunktur zu stabilisieren. Es muss sichergestellt sein, dass Projekte ausgeschrieben und vergeben werden. Aber auch Abnahmen sowie das Begleichen von Rechnungen muss funktionieren. Darüber hinaus müssen Planungs- und Genehmigungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden. Um die Bautätigkeit nach Corona zu beleben, sollte man von einer Genehmigungs- zu einer Anzeigepflicht kommen. Widerspricht die zuständige Behörde nicht innerhalb einer bestimmten Frist, kann der Betrieb die Arbeit fortführen. So könnten viele Prozesse erheblich beschleunigt werden“, erklärte der Hauptgeschäftsführer.

Planungsstau verhindern – Notfallplan für Hessen

„Die Corona-Pandemie darf nicht von den bestehenden Problemen der Wohnungspolitik in Hessen ablenken“, erklärte Thomas M. Reimann, Vorstand des BDB-Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure Hessen Frankfurt. „Der Mangel an Wohnungen in den hessischen Städten und deren Umland ist seit Langem offensichtlich.“ Nun drohe eine verschärfte Lage. Auftraggeber übten sich in größter Zurückhaltung von Bauleistungen. Das sei gefährlich.

„Daher fordern wir einen ‘Notfallplan Wohnen+Bauen‘. Dazu zählen mehr Investitionen durch die öffentliche Hand und der Abruf von projektierten Bauvorhaben im Hoch- und Tiefbau. Wir müssen die Möglichkeiten zur Nachverdichtung, vereinfachte Genehmigungen zum Aufstocken bestehender Gebäude und zum Ausbau von Wohnungen in geeigneten Kellern nutzen, um das Angebot an Wohnungen zu vergrößern“, so Reimann. Der Notfallplan sei geeignetes Mittel, um mühsam aufgebaute Kapazitäten nicht wieder zu verlieren und die Herausforderung im Hinblick auf den Wohnungsbedarf meistern zu können. Die Politik müsse gerade nach Corona Rahmenbedingen für private Investitionen in Wohnungen endlich verbessern. „Die erwarteten geringeren staatlichen Einnahmen in Folge der Corona-Krise machen die privaten Investitionen in Wohnungen umso wichtiger,“ so Reimann abschließend.

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