Corona deckt es auf: Osteuropäische Arbeitsmigranten müssen endlich fair behandelt werden!
Nach der Schließung eines Schlachthofes in Coesfeld, in dem Covid-19-Infektionen stark zugenommen hatten, sind die unfairen Beschäftigungsverhältnisse von osteuropäischen Arbeitnehmern in der Fleischindustrie nun erneut in den Fokus geraten. In der Corona-Krise sind schlagartig wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Ost- und Westeuropa spürbar geworden als tausende osteuropäische Pflegekräfte aufgrund der Grenzschließungen in ihre Heimatländer zurückkehrten oder Erntehelfer nicht nach Deutschland einreisen konnten.
Vor allem männliche Arbeitnehmer aus Rumänien, Bulgarien oder anderen Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas werden in den Betrieben beschäftigt. Die Arbeit ist körperlich außerordentlich schwer; sie führt im Laufe der Jahre zu starken gesundheitlichen Belastungen und Verschleißerscheinungen. Vielfach wird die Unterkunft an den Arbeitsplatz gekoppelt, d.h. bei Kündigung verlieren die Beschäftigten sofort auch ihre Bleibe. Wolfgang Herrmann, Leiter der katholischen Betriebsseelsorge im Bistum Rottenburg-Stuttgart, berichtet von nicht wenigen Fällen in denen vier oder mehr Personen in einem Zimmer hausen. Diese Lebenssituation und die Tatsache, dass die osteuropäischen Beschäftigten geltende Regeln rein sprachlich nicht verstehen, könnten in kürzester Zeit zu hohen Covid-19-Infektionsraten führen. Ein wesentliches Problem ist das Werkvertrags-System: Die Arbeitnehmer schließen ihre Verträge mit Subunternehmen und nicht mit den Firmen, in denen sie tätig sind, womit diese sich ihrer Verantwortung für die Beschäftigten im Prinzip entledigen. Die Subunternehmen nutzen die Abhängigkeit der Werkvertragsnehmer oft aus, womit sich die Beschäftigten gezwungenermaßen abfinden, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden.
Pfarrer Hartl von Renovabis hält das nicht länger für akzeptabel: „Die Coronakrise bringt uns dazu, bei manchen gesellschaftlichen Zuständen, an die wir uns gewöhnt haben und von denen wir profitieren, zu fragen, ob wir nach der Krise so weiter machen können, wie bisher. Die bedrückende Situation der osteuropäischen Lohnarbeiter in den Schlachtfabriken aber auch auf Baustellen oder in der Landwirtschaft sind dafür prägnante Beispiele. Als katholisches Hilfswerk setzen wir uns gemeinsam mit unseren Partnern im Osten Europas für die Entwicklung von Lebensperspektiven vor Ort ein. Und wir erheben unsere Stimme für die Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben und nun mitten unter uns unter ausbeuterischen Bedingungen leben und arbeiten müssen.“
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