IVD-Marktbericht Kaufobjekte Bayern: Zahl der neu angebotenen Wohnungen sinkt nach Corona-Lockdown um ein Drittel
„Die Corona-Krise hat derzeit auf dem Markt zwei gegenläufige Entwicklungen zur Folge: Zum einen haben die spürbaren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bzw. die gesamtwirtschaftliche Lage einen klar preisdämpfenden Einfluss. Auf der anderen Seite verstärkt die Unsicherheit das Bestreben, Geld im sicheren Hafen von Immobilieninvestments unterzubringen. Wie diese beiden divergierenden Marktkräfte zum Tragen kommen, hängt in hohem Maße von der Zeitdauer der Corona-Krise und speziell der Kontaktbeschränkungen ab“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts.
Was aktuell auf dem Wohnimmobilienmarkt beobachtet werden kann, ist die deutlich minimierte Anzahl der neu angebotenen Eigentumswohnungen aus dem Bestand seit Beginn der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Vorjahr. In Gesamt-Bayern brach die Anzahl der neu angebotenen Wohnungen um mehr als ein Drittel (-34 %) und in der Landeshauptstadt um knapp ein Drittel (-31 %) ein.
In der gesamtbayerischen Betrachtung zwischen Herbst 2019 und Frühjahr 2020 vor dem Corona-Lockdown wurden erneut starke Kaufpreiszuwächse bei Wohnimmobilien gemessen. Bis auf neuerrichtete Eigentumswohnungen, deren Anstiege mit +2,6 % verhältnismäßig niedrig – von einem hohen Basisniveau ausgehend – ausfallen, verteuerten sich alle weiteren untersuchten Objekttypen zwischen +4,5 % (Reihenmittelhäuser/Neubau) und +6,1 % (freistehende Einfamilienhäuser/Bestand).1
Die hohen Anstiege der Kaufpreise für Wohnimmobilien resultieren in erster Linie aus noch höheren Zuwächsen der Baugrundpreise. Die Verteuerung des Baugrunds lag bei +6,8 % für Einfamilienhäuser und +5,9 % für Mehrfamilienhäuser.
Bayern im 10-Jahres-Vergleich
In den letzten 10 Jahren erfuhren die Baugrundpreise für freistehende Einfamilienhäuser in Bayern die stärksten Steigerungen (+151 %). Somit müssten die Käufer aktuell das 2,5-Fache als vor 10 Jahren für den Erwerb ausgeben. In größerem Abstand folgten Baugrundpreise für Geschossbau (+118 %) und Kaufpreise für gebrauchte Eigentumswohnungen (+119 %).
Bei Häusern zum Kauf sind folgende Zuwächse gemessen worden: Doppelhaushälften verteuerten sich um +111 %, Reihenmittelhäuser um +109 % und freistehende Einfamilienhäuser um +103 % (jeweils Bestandsobjekte). Unter Berücksichtigung der Inflationseffekte reduzieren sich diese Steigerungen allerdings.
München
Der Münchner Immobilienmarkt zeigte sich vor der Corona-Pandemie dynamisch. Wie stark und nachhaltig die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen den
Kaufmarkt beeinflussen werden, werden erst die kommenden Monate zeigen. Die aktuelle Betrachtung bezieht sich daher auf die Vor-Corona-Zeit.
Im Frühjahr 2020 bewegen sich die Preiszuwächse für Immobilien in München im Halbjahresvergleich zwischen +2,7 % (Eigentumswohnungen/Neubau) und +5,2 % (Reihenmittelhäuser/Bestand). Nur die Baugrundstückpreise für Einfamilienhäuser sind noch stärker (+5,6 %) gestiegen. Die Baugrundpreispreise für Geschossbau verteuerten sich um +4,4 %.
München im 10-Jahres-Vergleich
In den letzten Jahren sind die Kaufpreise für Immobilien in München enorm gewachsen. Die Baugrundpreise für freistehende Einfamilienhäuser liegen aktuell
beim 4-Fachen im 10-Jahres-Vergleich. Die Baugrundpreise für Geschossbauten sind heute dreimal so teuer als noch vor 10 Jahren. Die Preise für freistehende Einfamilienhäuser (+134 %), Reihenmittelhäuser (+113 %) und Doppelhaushälften (+109 %) haben sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt (jeweils Bestandsobjekte). Im Frühjahr 2020 kosten Eigentumswohnungen/Bestand das 2,7- Fache (+168 %) und Eigentumswohnungen/Neubau das 2,4-Fache (+140 %) mehr als im Frühjahr 2010. Unter Berücksichtigung der Inflationseffekte reduzieren sich diese Steigerungen allerdings.
Immobilienmarkt in ausgewählten Städten Bayerns
Augsburg
Augsburg profitiert von der Nähe zur Landeshauptstadt München. Wegen der überhitzten Immobilienmarktsituation in München sind Ausweicheffekte von Interessenten in Richtung Augsburg aufgrund des niedrigeren Preisniveaus klar erkennbar. Trotz der steigenden Preise treten neben Selbstnutzern verstärkt Kapitalanleger als Käufer auf. Ursächlich für die hohe Nachfrage sind u.a. attraktive Rahmenbedingungen für den Immobilienerwerb wie z.B. das sehr niedrige Zinsniveau. Eine Trendwende ist derzeit nicht abzusehen.
Ingolstadt
Was sich 2019 bereits abzeichnete, setzt sich 2020 weiter fort: eine Konsolidierung der Kauf- und Mietpreise. Dazu beigetragen hat eine konsequente Wohnungspolitik, die auch in den nächsten Jahren fortgeführt wird, aber auch die Nachwirkungen der Dieselkrise in der Automobilbranche und der dadurch entstandenen Verunsicherung der Bürger. Der Rückgang der Kaufpreise für Wohnimmobilien im Frühjahr
2020 ist spürbar, ebenso dauert es länger als im Vorjahr, bis die Immobilien veräußert wurden.
Nürnberg
Die Angebot-Nachfrage-Situation ist in Nürnberg angespannt. Die zum Verkauf angebotene Anzahl an Immobilien nahm im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab, was sich schnell in der Angebotsdauer widerspielgelte: Diese verkürzte sich ebenfalls. Auch wenn die Käufer preissensibler als in den vergangenen Jahren geworden sind, erfahren die Kaufpreise in Nürnberg im Frühjahr 2020 bis zur Corona-Krise deutliche Zuwächse.
Würzburg
Durch die Lage Würzburgs im Maintal und die damit verbundenen geografischen Restrektionen bei der Ausweitung von Bauland wird die Stadt auch in Zukunft mit einem mehr oder weniger starken Nachfrageüberhang in zentralen Lagen zu kämpfen haben. In einem insgesamt angespannten Wohnungsmarkt verschaffen die neu entstandenen Wohnbauflächen im Stadtteil „Hubland“ Linderung.
Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Trends:
– Immobilienumsätze nochmals gestiegen: Mit einem Zuwachs von einem Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum wurde im 1. Quartal 2020 nochmals ein außerordentliches Ergebnis bei den Immobilienumsätzen in Bayern erzielt. 18,73 Mrd. € wurden im 1. Quartal 2020 in Immobilien investiert. Die Ende März eingeleiteten coronabedingten Einschränkungen werden sich erst in den Zahlen für das 2. Quartal des Jahres 2020 widerspiegeln.
– Bautätigkeit rückläufig: In Gesamt-Bayern ist die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen zwischen den Jahren 2018 und 2019 um -2,6 % gesunken. In
der Landeshauptstadt fällt der Rückgang mit -21,6 % dramatischer aus.
– Arbeitslosenzahlen erhöht: Die Corona-Krise zeigt starke Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Im Jahresvergleich nahm die Arbeitslosenquote in allen untersuchten Großstädten deutlich zu. In München lag die Arbeitslosenquote im April 2019 bei 3,4 % und liegt im April 2020 bei 4,6 %. Einen exorbitanten Anstieg erfuhren die Anträge auf Kurzarbeit. Im März 2020 lagen bayernweit 16.158 Anzeigen über Kurzarbeit vor, die Anzahl der betroffenen Personen lag bei 340.986. Zum Vergleich: Im März 2019 wurden 108 Anzeigen mit 2.097 betroffenen Personen eingereicht.
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