Online-Versammlungen und Umlaufbeschlüsse sind wichtige Instrumente der Entscheidungsfindung
Online-Versammlungen sind bereits in vielen gesellschaftlichen Bereichen als modernes Willensbildungsorgan etabliert. Das Aktienrecht und das Vereinsrecht sehen sie vor. Im Betriebsverfassungsgesetz sollen sie künftig ermöglicht werden, sogar Online-Gerichtsverhandlungen sind im Gespräch. „Dort, wo in Eigentümergemeinschaften Online-Versammlungen stattgefunden haben, haben sich deutlich mehr Eigentümer beteiligt als bei klassischen Präsenz-Versammlungen der Vergangenheit. Damit ist dieses in der Corona-Pandemie verstärkt eingesetzte Format ein wichtiger Beitrag zur demokratischen Willensbildung in Eigentümergemeinschaften”, erklärt Kaßler.
Nur 2,7 Prozent der Eigentümerversammlungen werden derzeit wie geplant abgehalten, so ein Ergebnis der Umfrage. „Die digitale Versammlung bewährt sich gerade in der Ausnahmesituation der Corona-Pandemie – obwohl sie derzeit noch mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet ist. Der Gesetzgeber sollte deshalb mit der WEG-Reform einen verlässlichen rechtssicheren Rahmen schaffen”, fordert Martin Kaßler. Die Verwaltungen seien dann in der Pflicht, die notwendige Aufklärungsarbeit zu leisten und die Unterlagen entsprechend aufzubereiten. Eigentümer, die womöglich mit dem digitalen Format Schwierigkeiten haben, seien vom Willensbildungsprozess nicht ausgeschlossen, sondern könnten mit weisungsgebenden Vollmachten mitwirken.
Begrüßenswert ist, dass der Gesetzentwurf Umlaufbeschlüsse in Textform vorsieht. Das verringert den Aufwand gegenüber der bislang erforderlichen Schriftform. Umlaufverfahren erhöhen die Abstimmungsmöglichkeiten im digitalen Zeitalter und sind besonders hilfreich, um schnelle Entscheidungen herbeizuführen, ohne dass eine Eigentümerversammlung einberufen werden muss – das spart Zeit und Kosten der Eigentümer. 94 Prozent der befragten Verwaltungen sehen jedoch das geforderte einstimmige Quorum im Gesetzentwurf nicht als praktikabel an. Sie befürworten im Mittel eine Absenkung auf eine 2/3-Mehrheit. „Ansonsten kann davon ausgegangen werden, dass von diesem Instrument der Willensbildung in der Praxis kein Gebrauch gemacht wird. Hier muss dringend nachgebessert werden”, ist sich VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Kaßler sicher.
85,2 Prozent der Befragten vertreten die Auffassung, dass die Ladungsfrist für Eigentümerversammlungen von zwei Wochen beibehalten und nicht – wie im aktuellen Gesetzentwurf vorgesehen – auf vier Wochen verlängert werden sollte. Eine kurze Ladungsfrist ermöglicht der Verwaltung mehr Flexibilität. Das ist vor allem in kleinen Eigentümergemeinschaften wichtig. Hinzu kommt, dass die in Eigentümerversammlungen oftmals zur Entscheidung vorgelegten Angebote von Handwerkern in der Regel an sehr kurze Fristen gebunden sind. Eine lange Ladungsfrist birgt die Gefahr, dass über ungültig gewordene Angebote diskutiert wird oder Jahresabrechnungen noch nicht vollständig vorliegen.
Die im Gesetzentwurf nicht beinhaltete Einführung eines Sachkundenachweises befürworten 95,1 Prozent der Befragungsteilnehmer. „Der Zeitpunkt der WEG-Reform bietet sich dafür besonders an, da aktuell unter anderem mit dem Klimapaket, dem Gebäudeenergiegesetz und der Grundsteuerreform zahlreiche wichtige gesetzliche Neuerungen von den Verwaltungen umgesetzt werden müssen”, betont Martin Kaßler. „Der Sachkundenachweis ist gelebter Verbraucherschutz und damit unverzichtbar, nicht umsonst hat u. a. auch die Bund-Länderkommission zur WEG-Reform auf die Einführung des Sachkundenachweises gedrängt.”
An der Online-Umfrage des VDIV Deutschland zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf Immobilienverwaltungen hatten sich von 1. bis 22. April 2020 rund 1.100 Immobilienverwaltungen aus ganz Deutschland beteiligt.
Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (ehemals DDIV) ist der Berufsverband der treuhänderisch und hauptberuflich tätigen Haus- und Immobilienverwalter in Deutschland. Gemeinsam mit seinen zehn Landesverbänden vertritt der Verband rund 3.000 Mitgliedsunternehmen. Diese verwalten 6,8 Millionen Wohnungen mit einem Wert von über 680 Milliarden Euro, darunter allein 4,8 Millionen Eigentumswohnungen. Der VDIV Deutschland tritt ein für eine nachhaltige Professionalisierung und Qualifizierung der Wohnungsverwaltung. Er engagiert sich für einen wirksamen Verbraucherschutz, fordert einheitliche Berufszugangsregelungen und adäquate politische Rahmenbedingungen. Der Berufsverband ist ständiges Mitglied im Wohnungswirtschaftlichen Rat der Bundesregierung, im Bündnis für Bezahlbares Wohnen und Bauen und in der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID).
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