PSA-Screening: Nutzen wiegt den Schaden nicht auf
Bei der Anhörung zum Vorbericht diskutierte das IQWiG ausführlich mit Stellungnehmenden, ob und wie die Schäden eines PSA-Screenings mithilfe von Risiko-adaptierten Screeningstrategien verringert werden könnten, ohne gleichzeitig den Nutzen zu beeinträchtigen. „Maßnahmen wie zum Beispiel die Beschränkung der Biopsie auf Männer mit einem hohen Risiko oder die Anwendung neuer Biopsie-Methoden sind vielversprechende Ansätze, um das Nutzen-Schaden-Verhältnis des PSA-Screenings perspektivisch zu verbessern“, betont IQWiG-Leiter Jürgen Windeler: „Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen allerdings Studien, die dies belegen.“ Daher änderte sich die Gesamtbewertung des PSA-Screenings im IQWiG-Abschlussbericht nicht.
Die häufigste Tumorerkrankung des Mannes
Das Prostatakarzinom ist in Deutschland gemessen an der Neuerkrankungsrate mit 23 Prozent aller Krebserkrankungen die häufigste Tumorerkrankung des Mannes. Jährlich sterben etwa 14 000 Männer an den Folgen von Prostatakrebs.
Ziel des Screenings ist es, Prostatakarzinome mit einem hohen Progressionsrisiko in einem frühen Stadium zu entdecken, um den Krebs zu heilen. Derzeit kommen zwei Screening-Tests zum Einsatz: die digital-rektale Untersuchung und der Test auf das prostataspezifische Antigen (PSA). Die digital-rektale Untersuchung ist Teil des gesetzlichen Früherkennungsangebots für Männer ab dem 45. Lebensjahr, der PSA-Test nicht.
Die jetzt vorliegende IQWiG-Nutzenbewertung beruht auf der Auswertung von 11 randomisierten kontrollierten Studien mit weltweit mehr als 400 000 eingeschlossenen Teilnehmern. Alle diese Studien vergleichen ein Prostatakarzinomscreening mittels PSA-Test mit keinem Screening auf Prostatakrebs.
In der Gesamtabwägung mehr Schaden als Nutzen
Nach Auswertung der Studienlage kommt das IQWiG zu dem Ergebnis, dass das Prostatakarzinomscreening mittels PSA-Test einigen Männern mit einem Prostatakarzinom nutzt, indem es ihnen eine Belastung durch eine metastasierte Krebserkrankung erspart oder diese zeitlich verzögert. Dieser Vorteil tritt erst nach mehreren Jahren auf. Es ist zudem unklar, ob das Screening bei diesen Männern insgesamt zu einer Lebensverlängerung führt.
Zugleich schadet das PSA-Screening den überdiagnostizierten Männern (Männern mit einem Prostatakarzinom, das keiner Behandlung bedarf) und den Männern mit einem falsch-positiven Screeningbefund (Männern ohne Prostatakarzinom) mehr oder weniger unmittelbar. Den überdiagnostizierten Männern drohen Therapie-Komplikationen wie Inkontinenz und Impotenz. Männer mit einem falsch-positiven Befund erfahren einen Schaden in Form eines besorgniserregenden Testergebnisses, das eine Prostatabiopsie nach sich zieht.
Insgesamt schadet das Prostatakarzinomscreening mittels PSA-Test deutlich mehr Männern durch Überdiagnosen als es Männern durch eine frühere Diagnose des Krebses nutzt. Daher kommt das IQWiG zusammenfassend zu der Bewertung, dass der Nutzen des PSA-Screenings den Schaden auf Basis der vorliegenden Studien nicht aufwiegt. Mit dieser Bewertung nach sorgfältiger Abwägung befindet sich das Institut in guter Gesellschaft: Weltweit sprechen sich nahezu alle nationalen Gesundheitsbehörden und auch Fachgesellschaften gegen ein allgemeines PSA-Screening aus.
Zum Ablauf der Berichterstellung
Die vorläufigen Ergebnisse für das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf Antrag der Patientenvertretung beauftragte Projekt „Prostatakarzinomscreening mittels PSA-Test“, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im Januar 2020 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und unter anderem um einen Absatz „Maßnahmen zur Verringerung der Screeningschäden“ ergänzt. Den Abschlussbericht des Projekts hat das IQWiG im April 2020 an den G-BA versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert.
Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können
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