Saarbrücker Informatiker erhält Wissenschaftspreis
Mit seiner Arbeitsgruppe entwickelt Christian Theobalt Bilderfassungs-Algorithmen, die ohne Markierungspunkte an den betrachteten Personen auskommen, um damit vor allem detaillierte Modell von Personen in Bewegung zu erfassen. Dies sind Modelle der Geometrie, Bewegung und Deformation, aber auch Oberflächen- und Materialeigenschaften. Seit 2003 forscht Christian Theobalt im Bereich Capturing Reality. Mit seiner Arbeitsgruppe entwickelt er Algorithmen, um Bewegungen realer Szenen dreidimensional und in Echtzeit zu vermessen und analysieren zu können. Ein Fokus liegt hierbei auf der Vermessung von Menschen. Dabei müssen die Personen keine Markierungspunkte tragen und können sogar mit alltäglicher, lose sitzender oder weit fallender Kleidung bekleidet sein. Dank seiner Arbeiten ist die Modellerfassung auch dann möglich, wenn sich mehrere Personen im Bild schnell bewegen und sich dabei sogar überdecken. Mit seinen neuesten Verfahren reicht ein einziger gut ausgestatteter PC aus, um in Echtzeit die Mimik, aber auch Körper- und Handbewegung von einer Person sehr genau zu erfassen.
Auf Grund der diesjährigen besonderen Situation durch die Corona-Pandemie wird der Preis nicht persönlich übergeben. Die gesamte Konferenz findet vollständig virtuell statt um die Übertragung des Virus zu verhindern. Die Übergabe wurde deshalb auf das kommende Jahr verschoben.
Hintergrund
Christian Theobalt ist Leiter der Forschungsgruppe „Graphics, Vision & Video“ am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken. Er ist auch Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes. Von 2007 bis 2009 war er Gastprofessor an der Stanford University. Er erhielt seinen Master of Science in Artificial Intelligence an der University of Edinburgh, sein Diplom in Informatik an der Universität des Saarlandes und wurde am Max-Planck-Institut für Informatik und der Saar-Uni zum Dr.-Ing. promoviert.
In seiner Forschung beschäftigt er sich mit grundlegenden algorithmischen Fragen im Grenzgebiet der Computergrafik und der Computer Vision. Insbesondere forscht er an: Algorithmen zur 3D Rekonstruktion statischer und dynamischer Szenen, virtueller und erweiterter Realität, markerlosen Motion Capture Verfahren, Computeranimationsmethoden, Methoden zum inversen Rendering (Schätzung von Material und Beleuchtungseigenschaften), maschinellen Lernverfahren zur Unterstützung der 3D/4D Rekonstruktion, neuen Kameras und Sensoren, Methoden der semantischen Videoverarbeitung und Methoden des bildbasierten Renderings.
Mittlerweile ist Erfassen von Personen keine Laborumgebung mit definierter Beleuchtung mehr nötig, sondern es können auch reale Umgebungen mit Streulicht, Schatten und weiteren Komplikationen akzeptiert werden. Die von Theobalt entwickelten Berechnungsmethoden gehören weltweit zu den fortschrittlichsten und effizientesten Verfahren. Obendrein sind sie zudem die ersten, die das Problem unter bestimmten Bedingungen mit nur einer Kamera lösen können. Für diesen Entwicklungssprung hat er algorithmische Konzepte aus der Computergrafik, Bilderkennung und dem maschinellen Lernen geschickt miteinander verknüpft.
Der Preis wird für die Grundlagenforschung zu diesen Algorithmen vergeben. Es wird zudem gewürdigt, dass diese wissenschaftlichen Erkenntnisse die Grundlage neuer Möglichkeiten in einer Vielzahl von Anwendungsfeldern der Zukunft bilden. Über die Computergrafik hinaus sind das zum Beispiel virtuelle und erweiterte Realität, Telepräsenz, Bewegungserfassung in der Medizin, Mensch-Maschine Interaktion, sowie die wichtigen Grundlagen von intelligenten Systemen und intelligenten Assistenten der Zukunft, die Menschen im Alltag unterstützen.
Für seine Arbeiten wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft im Jahr 2007, dem Eurographics Young Researcher Award im Jahr 2009, und dem Deutschen Mustererkennungspreis im Jahr 2012. Er erhielt zwei ERC Grants der Europäischen Union, einen ERC Starting Grant im Jahr 2013 und 2017 den ERC Consolidator Grant. Das Magazin Capital wählte ihn im Jahr 2015 unter die „Top 40 Innovation Leaders under 40“ in Deutschland. Theobalt ist auch einer der Gründer der the Captury GmbH in Saarbrücken, einem mehrfach ausgezeichneten Spin-off seiner Arbeitsgruppe, das eine neue Methode zur markerlosen Bewegungsmessung vermarktet. Im Jahr 2017 wurde ihm zudem der angesehene Karl Heinz Beckurts-Preis zuerkannt.
Weitere Informationen:
Christian Theobalt – http://people.mpi-inf.mpg.de/~theobalt
Arbeitsgruppe – http://gvv.mpi-inf.mpg.de/
Eurographics – https://www.eg.org
EG Outstanding Technical contribution Award – https://www.eg.org/wp/eurographics-awards-programme/the-outstanding-technical-contributions-award/
Max-Planck-Institut für Informatik
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66123 Saarbrücken
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