TU Ilmenau erforscht neue Schutzschalter für die Energiewende
Man steckt den Stecker in die Steckdose und will den Staubsauger anmachen, aber – klack! – plötzlich ist das Licht in der ganzen Wohnung aus: Die Sicherung oder der Schutzschalter sind rausgesprungen. Jeden Tag sichern deutschlandweit Schutzschalter elektrische Geräte ab – und retten damit Menschenleben. Aber die Energiewende bringt neue Herausforderungen an die Energietechnik. Gesetztes Ziel der Bundesregierung ist es, den Anteil von Strom auf Basis erneuerbarer Energien deutlich zu steigern und gleichzeitig Energieverluste bei Transport und Verbrauch zu verringern. Sowohl die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, etwa Photovoltaikanlagen, als auch viele Verbrauchergeräte wie PC, Fernseher oder LED-Beleuchtung basieren bereits heute auf Gleichstrom. Daher ist der Umstieg von den herkömmlichen Wechselstrom- auf Gleichstromnetze für Haushalten wie auch für die Industrie Gebot der Stunde. Doch die unterschiedlichen Eigenschaften von Wechselstrom und Gleichstrom erfordern neue Technologien, um elektrische Anlagen und Geräte zu schützen. Um sie in nur wenigen Mikro- oder Millisekunden abzuschalten, werden neuartige Schutzschalter benötigt.
Die größte Herausforderung bei der Entwicklung eines Gleichstromschutzschalters ist es, den Stromkreis in jedem erdenklichen Fehlerfall, etwa bei einem Kurzschluss, sicher und schnell abzuschalten. Nachdem der Fehler erkannt wurde, öffnen sich im Inneren des Schutzschalters Schaltkontakte und es entsteht ein Lichtbogen. Um nun den Stromfluss zu unterbrechen und einen Brand zu verhindern, muss dieser Lichtbogen umgehend gelöscht werden. Während aber bei Wechselstrom der Lichtbogen spätestens in dem Moment von selbst erlischt, in dem der Strom seine Richtung ändert – dies geschieht hundertmal pro Sekunde –, muss bei Gleichstrom – der je nach Bedarf stetig in eine bestimmte Richtung fließt – durch zusätzliche Maßnahmen dafür gesorgt werden, dass der Lichtbogen sozusagen künstlich gelöscht wird. Wie, das wird nun im Fachgebiet Elektrische Geräte und Anlagen der TU Ilmenau unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Frank Berger erforscht. Seine Idee: „Wir treiben den Lichtbogen mit Hilfe eines starken Magnetfeldes in eine Löschvorrichtung, die den Leistungsbedarf des Lichtbogens erhöht und dadurch auch dessen Widerstand.“ Keine leichte Aufgabe, denn um den Stromkreis schnell genug auszuschalten, muss der Lichtbogen möglichst früh, schon mit Öffnung der Kontakte, in nur wenigen Mikrosekunden in die Löschvorrichtung getrieben werden – und dies muss zudem in jedem einzelnen Fehlerfall absolut zuverlässig funktionieren.
Die experimentelle Grundlagenforschung, die nötig ist, um innovative Schutzschalter entwickeln zu können, wird nun im Fachgebiet Elektrische Geräte und Anlagen der TU Ilmenau unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Berger durchgeführt. Begleitet von den Fachgebieten Werkstoffe der Elektrotechnik sowie Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik bietet die Universität nicht nur Know-how in Schaltgerätetechnik, sondern ebenso über Veränderungen von Materialien durch Schaltvorgänge und in Datenanalyse. Die Aufgabenstellung der Ilmenauer Wissenschaftler ist klar, nun stehen drei Jahre harter Grundlagenforschung vor ihnen, um das Verhalten von Lichtbögen in Abhängigkeit eines starken Magnetfeldes zu erforschen – die Basis für einen funktionsfähigen Modell-Schutzschalter im Zeitalter der Energiewende.
Koordiniert wird das FASS-Projekt von der E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH aus Altdorf bei Nürnberg, dem Weltmarktführer von Geräteschutzschal-tern. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig bringt ihre Expertise in der Messtechnik ein. Unterstützt werden die drei Forschungspartner vom Kompetenzzentrum für Elektrische Kontakte Ilmenau (KEKI) – neben der E-T-A GmbH die Unternehmen SIEMENS, Doduco und Heraeus.
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