Appell des Bundespräsidenten und der Spitzen von Wirtschaft und Gewerkschaften zur beruflichen Bildung in Zeiten der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland und weltweit. Die deutsche Wirtschaft sieht sich nach Jahren des Aufschwungs und wachsender Beschäftigung mit einer schweren Rezession konfrontiert. Viele Unternehmen in Handwerk, Handel und Industrie, im Gastgewerbe und in vielen anderen Branchen verzeichnen Umsatzrückgänge und blicken mit großer Sorge in ihre Zukunft. Viele Beschäftigte bangen um ihren Arbeitsplatz, und viele Jugendliche fragen sich, ob sie mit ihrem Schulabschluss einen Ausbildungsplatz finden werden oder ob sie ihre bereits begonnene Ausbildung zum Abschluss bringen können.
In dieser kritischen Phase der Bewältigung der Corona-Pandemie ist es von besonderer Bedeutung, die Belange junger Menschen am Übergang von der Schul- in die Arbeitswelt im Blick zu behalten. Es geht um die Zukunft junger Menschen, die an der Schwelle zum Aufbau eines eigenen, selbstbestimmten Lebens stehen. Es geht um die Sicherung des Fachkräftebedarfs der Unternehmen in unserem Land. Es geht ebenso um die Sicherung der wirtschaftlichen Dynamik und der Innovationskraft der Wirtschaft zur Bewältigung anstehender globaler Herausforderungen wie etwa dem Klimaschutz, und damit um zukunftssichere und gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland.
Wir beobachten mit Respekt und Anerkennung, dass viele Unternehmen ungeachtet der schwierigen Situation, in der sie sich befinden, alles tun, um ihre Auszubildenden zu halten und auch neue Ausbildungsplätze anzubieten. Ebenso registrieren wir, dass viele Jugendliche sich durch die Krise nicht beirren lassen und alle Hebel in Bewegung setzen, um einen Ausbildungsplatz für sich zu finden. Wir nehmen aber auch mit Sorge zur Kenntnis, dass viele Unternehmen mit Blick auf die Ungewissheit der weiteren Entwicklung noch zweifeln, ein Ausbildungsverhältnis fortzusetzen oder neu zu beginnen, und dass viele Jugendliche zögern, sich auf angebotene Ausbildungsplätze zu bewerben.
In der gemeinsam von uns angestoßenen Woche der beruflichen Bildung im April 2018 haben wir die Stärken unseres Systems der Dualen Berufsausbildung, um das uns viele Länder beneiden, in den Mittelpunkt gestellt. Jetzt – inmitten der Krise – gilt es, sich auf diese Stärken zu besinnen.
Wir rufen die Unternehmen in Deutschland auf: Setzen Sie wo immer möglich und trotz schwieriger Rahmenbedingungen, Ihr Engagement für die Ausbildung fort, schaffen Sie Ausbildungsplätze und nutzen Sie dafür auch die von Bund und Ländern in historischen Dimensionen bereitgestellten Hilfsprogramme für Unternehmen, Beschäftigte und Auszubildende. Es geht um die Zukunftschancen der jungen Generation und Ihre Fachkräfte von morgen.
Zugleich appellieren wir mit Nachdruck an junge Menschen, sich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben, um erfolgreich in das neue Ausbildungsjahr zu starten. Der Beginn einer Ausbildung ist auch nach dem 1. September noch möglich. Nutzen Sie alle Angebote der Information und Vermittlung, digital und analog. Alle Partner dieses Appells stehen Ihnen dafür zur Verfügung. Wir appellieren zugleich an die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern, die jungen Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu unterstützen.
Wir setzen auf die Unterstützung und das Engagement der verantwortlichen Akteure in der Politik sowie in den Unternehmen, bei Betriebs- und Personalräten sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen, und wir setzen auf die jungen Menschen in unserem Land, um die Stärke der Sozialen Marktwirtschaft voll zur Geltung zu bringen und Deutschland einen kraftvollen Neustart nach der Krise zu ermöglichen. Dies ist nur möglich, wenn eine junge, gut ausgebildete Generation in allen Bereichen unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens Verantwortung übernehmen kann.
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