Medien

Die Krise als Chance begreifen

Die Krise als Chance begreifen: Diesem Motto sind in der Corona-Zeit bisher alle Medienmacher gefolgt, die gestern beim 7. Medieninnova-tionstag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und des MedienNetzwerkBayern ihre Best-Practice-Beispiele vorstellten. Experimentierfreude und Knowhow sind notwendig, um von der „Digitalisierung im Turbo-Gang“ zu profitieren und die Krise als Chance zu begreifen, wie es BLM-Präsident Siegfried Schneider formulierte: „Corona wird hoffentlich gehen, die neuen Ideen werden bleiben.“

Innovation ist auch und gerade in Zeiten von Corona möglich, selbst wenn das Online-Arbeiten im Homeoffice die Möglichkeiten einschränkt. Das lässt sich durch viel Kommunikation und „kreative Workarounds“ verbessern, so der Tipp von Dr. Johanna Leuschen, die gemeinsam mit ihren Kollegen beim Audio Think Tank des NDR viele neue Podcast-Formate entwickelt hat, darunter das „Coronavirus-Update“ mit dem Virologen Christian Drosten. Das ging, so Leuschen, mit 54,5 Millionen Abrufen von 50 Folgen „durch die Decke“. Was die Podcasterin am Nachmittag noch nicht wusste: Am Abend wurde die Schnelligkeit, Flexibilität und Experimentierfreude des Teams mit zwei Grimme Online Awards für den Drosten-Podcast belohnt.

Nicht nur die Podcast-Nutzung ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. „Digital sind die Reichweiten explodiert“, bestätigte RTLZWEI-Programmleiter Tom Zwiessler, der den Aspekt der gesell-schaftlichen Verantwortung in der Content-Strategie betonte. „Corona war ein Treiber für unsere Ideen“, so Zwiessler. Die Voraussetzung dafür: den Zusammenhalt im Team zu stärken. Das sei dann auch die Motivation für Innovationen und agile Prozesse. Oder einfach ausge-drückt „Jetzt gibt es gar keinen anderen Weg als sich vorzutasten.“

Welche Dinge Journalisten jetzt unbedingt ausprobieren sollten, dafür hatte Dr. Jakob Vicari von tactile news, dem Innovationslabor für neuen Journalismus, 20 Tipps parat, z.B. eine Programmiersprache zu lernen, die Sensoren im Smartphone zu testen, das Postamt im Internet der Dinge zu nutzen (ifftt.com), Geschichten aus der Welt der vernetzten Smart Home-Geräte zu erzählen oder sich einen Text von einer KI-Anwendung (Künstliche Intelligenz) zu Ende schreiben zu lassen. Sein Fazit: "Der Journalismus ist nicht am Ende. Es fängt gerade erst an, spannend zu werden." Dafür müssten sich die Journalisten aber viel stärker mit der vernetzten Welt und neuen Technologien auseinandersetzen.

Denn Künstliche Intelligenz verändert die Medien und die Arbeit von Journalisten, wie Dr. Marina Arvanitidou (Institut für Rundfunktechnik) am Beispiel von Deep Fakes und Fake News zeigte. Wie lassen sich Deep Fakes, also Bilder und Videos, die gefälscht sind, aber dank KI realistisch erscheinen, erkennen? Mit Hilfe von technologischen Lösungen, aber auch durch Weiterbildung und Zusammenarbeit.

Doch Kreativität und technologisches Knowhow alleine reichen nicht aus, um Innovation und Wachstum voranzutreiben. Der Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern bei Innovationen ist deren Nutzerfreundlichkeit, verdeutlichte die Tech-Expertin Raffaela Rein von der Agentur WildWildVentures, deren Fokus auf User Experience (UX) liegt. "UX ist mehr als nur Design", betonte Rein im Rahmen ihrer Tipps, wie User Experience im Gründer- und Unternehmensalltag eingebunden werden sollte. Die Leitfrage für die Durchsetzung von Innovationen in Unternehmen müsse lauten: "Was gefällt dem Nutzer, und nicht, was gefällt dem Chef?". Der Nutzer-Flow sollte alle sechs Monate überprüft werden und das Team müsste immer ein Bild vom Nutzer vor Augen haben (Target Persona).

User Experience ist nur ein Trend von vielen, die eine Chance für Innovation und Wachstum bieten. So beschäftigte sich eine der drei Online-Masterclasses zum Abschluss mit "XR im Journalismus". Stephan Gensch, Mitgründer von Vragments, stellte die immersive Erzählplattform Fader (https://getfader.com) vor, mit der sich schnell und einfach interaktive 360°-Geschichten im Browser erstellen lassen. Über die Herausforderungen beim interaktiven Storytelling mit Voice diskutierte Katrin Nachbar, Innovationsmanagerin beim Bayerischen Rundfunk, mit den Teilnehmern der ersten Masterclass. Und Antworten auf eine in der Veranstaltung gestellte Frage zur Rolle des Datenschutzes bei all den Innovationen gaben Benjamin Eimannsberger (BLM) und der Mediendatenbeauftragte der BLM, Andreas Gummer. Ihr Thema: Tracking, Cookies und Fingerprints – die Datenschutzgrundverordnung in der Praxis". Ein Learning aus dieser Masterclass: Bei aller Experimentierfreude ist auch das Knowhow über die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Datenschutzes notwendig. Denn viele, so auch der Tipp des Journalisten Vicari an die Kolleginnen und Kollegen, wüssten ja gar nicht, wo und wie viel sie getrackt werden und was für Folgen das haben kann.

Mehr Informationen, Vorträge und Fotos zu den media.innovations #mi20 sind hier zu finden.

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