Diesel-Abgasskandal: VW-Urteil des Bundesgerichtshofs ist auch für Daimler bedeutsam
Erster BGH-Termin im Diesel-Abgasskandal von Daimler
Der Bundesgerichtshof gibt Vollgas bei der Aufarbeitung des Diesel-Abgasskandals in Deutschland. Am 27. Oktober 2020 steht die erste mündliche Verhandlung in einem Verfahren gegen die Daimler AG am BGH auf der Tagesordnung. Vier weitere Verfahren gegen die Volkswagen AG werden Ende Juli 2020 verhandelt. Im ersten Daimler-Fall vor dem BGH wirft der Kläger der Daimler AG vor, eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines sogenannten "Thermofensters" in einem Mercedes-Benz C 220 CDI verbaut zu haben (Az. VI ZR 162/20). Gegen das Modell liegt jedoch keine Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes KBA vor. Allerdings ist der Mercedes C 220 CDI mit einem Dieselmotor vom Typ OM 651 ausgerüstet. Gegen zahlreiche andere Mercedes-Modelle mit dem gleichen Motortyp laufen jedoch Rückrufe der Behörde. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer stellt das erste Daimler-Verfahren am BGH kurz vor und rät allen vom Skandal betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von Daimler herausfinden:
Sachverhalt:
- Der Kläger erwarb am 4. Februar 2017 von einem privaten Verkäufer ein gebrauchtes Auto vom Typ Mercedes-Benz C 220 CDI zum Kaufpreis von 13.000 Euro. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe OM 651 verbaut. Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.
- Bei dem Mercedes wird ein variabler Anteil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt. Das Ausmaß der Abgasrückführung hängt unter anderem von der Außentemperatur ab, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Hier übt sich Daimler wie bei anderen Verfahren in Zurückhaltung.
- Der Kläger behauptet, dass bei Temperaturen unter 7 °C keine Abgasrückführung mehr stattfinde. Er sieht in der Steuerung der Abgasrückführung eine unzulässige Abschalteinrichtung, die bewirke, dass die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte zwar auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Fahrbetrieb eingehalten würden.
- Die Beklagte macht geltend, dass die fragliche Steuerung, die diverse Parameter berücksichtige, schon keine Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 darstelle, jedenfalls aber zum Schutz des Motors zulässig sei.
- Mit seiner Klage verlangt der Verbraucher von Daimler die Erstattung des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung.
Bisheriger Prozessverlauf:
- Das Landgericht Mainz hat die Klage am 31. Juli 2019 (Az. 4 O 1/19)
- Das Oberlandesgericht Koblenz hat am 20. Januar 2020 (Az. 12 U 1593/19) die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es in erster Linie ausgeführt, dass dem Verbraucher kein Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB gegen die Beklagte zustehe. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs sei nicht als sittenwidrige Handlung einzustufen, unabhängig von der objektiven Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des in der Motorsteuerung installierten "Thermofensters". Es könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Die Gesetzeslage sei hinsichtlich der Zulässigkeit von "Thermofenstern" – anders als hinsichtlich der Prüfstandserkennung im VW-Motor EA189 – nicht eindeutig.
- Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.
Trendwende in der Rechtsprechung im Abgasskandal von Daimler
Die Rechtsprechung im Diesel-Abgasskandal hat im Jahr 2020 eine neue verbraucherfreundliche Dynamik erhalten, die sich auch auf Verfahren gegen die Daimler AG auswirken können. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die Entwicklung zusammen:
- Höhepunkt ist bisher die Verurteilung der Volkswagen AG am 25. Juni 2020 durch den BGH (Az. VI ZR 252/19). Für den Fall Daimler sind vor allem die Ausführungen zur sekundären Darlegungslast interessant, wie der juristische Online-Dienst rsw.beck-aktuell zusammenfasst. Dabei ging es im VW-Verfahren um die Zurechnung des Verhaltens ehemaliger leitender Mitarbeiter und Vorstände von VW. Der Kläger hatte dafür hinreichende Anhaltspunkte vorgetragen; Volkswagen hatte die vom Kläger erläuterten Anhaltspunkte mit der Begründung, es lägen keine Erkenntnisse vor, bestritten.
Für den BGH genügte diese Argumente nicht. Vielmehr hätte VW hier die internen Vorgänge weiter aufklären und diese Erkenntnisse vortragen müssen. Dies sei, anders als von dem Autokonzern kritisiert, auch kein unzulässiger Ausforschungsbeweis. Die sekundäre Darlegungslast gehe zwangsläufig damit einher, dass die belastete Partei Tatsachen vortragen muss, von denen der Prozessgegner andernfalls keine Kenntnis erlangt hätte oder hätte erlangen können, so der Senat. Das sei im Hinblick auf eine faire Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten hinzunehmen. - Der BGH hat bereits mit seinem Beschluss vom Januar 2020 (Az. VIII ZR 57/19) den Druck auf Daimler in den laufenden Verfahren erhöht. Der Senat bemängelte, dass das Oberlandesgericht Celle (Az. 7 U 263/18) kein Gutachten eingeholt hat, um zu klären, ob die Daimler AG das Abgaskontrollsystem im Motor OM 651 mit einer Abschalteinrichtung manipuliert hat oder nicht. Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen Mercedes können von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Es reicht, wenn der klagende Verbraucher seine Argumente schlüssig vorträgt und nicht bis ins kleinste Detail ausführt. Schließlich könne er nicht detailliert wissen, wie ein Motor funktioniere. Der Autobauer äußert sich bisher vor Gericht in der Regel höchst vage zu den gegen ihn gemachten Vorwürfen und verweist in der Regel auf Betriebsgeheimnisse, die er vor Gericht nicht preisgeben möchte.
- Temperaturabhängig gesteuerte Abschalteinrichtungen wie das von Daimler in den Mercedes-Modellen verwendete Thermofenster sind vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH am 30. April 2020 in Schlussanträgen als unzulässig bezeichnet worden. Mit dem Urteil in diesem ersten europäischen VW-Verfahren wird noch in diesem Jahr gerechnet. Folgt der Gerichtshof den Argumenten der Generalanwältin Eleanor Sharpston dann wäre Daimler seinen Kunden gegenüber haftbar. Das Thermofenster wird laut Autohersteller zum Schutz des Motors eingebaut. Die entsprechende Regelung der EU-Norm ist jedoch nach Ansicht der Anwältin nur in ganz engen Grenzen erlaubt. Das EuGH-Gutachten spricht dabei von unmittelbaren und plötzlichen Schäden beispielsweise an der Lenkung. Langfristigere Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust dürfen keine Rolle spielen.
Erste Wirkungen der BGH-Entwicklungen
Für die Verbraucher Kanzlei Dr. Stoll & Sauer muss nach den BGH-Beschlüssen vom Januar und Mai 2020 Schluss mit der Geheimniskrämerei der Autobauer vor Gericht sein. Und die Beschlüsse zeigen bereits erste Wirkungen. Der Kanzlei liegen zwei aktuelle Verfügungen der Oberlandesgerichte Stuttgart und Nürnberg vor. Daimler wird darin aufgefordert, einen Typengenehmigungsantrag mit Prüfbericht und eine Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes vorzulegen – selbstverständlich ungeschwärzt. Daraus müsste dann hervorgehen, in welcher Weise die Thermofenster funktionieren und vor allem könnte geklärt werden, ob und wie Daimler die Behörden bei der Typengenehmigung hinters Licht geführt hat.
Insgesamt steigen durch diese Entwicklungen für die geschädigten Verbraucher die Chancen, gegen die Daimler AG vor Gericht zu gewinnen. Die Diesel-Fahrzeuge sind durch die mögliche Manipulation am Abgaskontrollsystem des Motors in ihrem Wert gemindert. Die Kanzlei rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von Daimler herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
Die Kanzlei hat bereits mehrere positive Urteile gegen die Daimler AG in erster Instanz erstritten:
- Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – 19 O 108/19
- Landgericht Stuttgart – 14. Mai 2020 – Az. 19 O 109/18
- Landgericht Stuttgart – 08. Mai 2020 – 14 O 74/20
- Landgericht Freiburg – 13. März 2020 – Az. 8 O 71/19
- Landgericht Oldenburg – 13. Februar 2020 – Az. 16 0 2884/18
- Landgericht Stuttgart – 16. Januar 2020 – Az. 27 O 40/19
- Landgericht Stuttgart – 24. Oktober 2019 – Az. 20 O 73/19
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträge wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.
In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung – Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 Rechtsgeschichte. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.
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