Konkrete Ausgestaltung wird über den Erfolg des Konjunkturpakets entscheiden
Die befristete Senkung der Umsatzsteuer von 19% auf 16% bzw. von 7% auf 5% ab Juli für sechs Monate ist ein wichtiges Signal an die Verbraucher*innen. Es muss allerdings beobachtet werden, ob der erhoffte Effekt der Konsumsteigerung in der Kürze der Zeit eintritt. Sorgen und Ängste, wie sich die Pandemie entwickelt und wie es um ihre Arbeitsplätze steht, sind für viele Verbraucher*innen aktuell noch Konsumhemmnisse. Die kurzfristige Umstellung der Kassen-, Buchhaltungs-, Warenwirtschaftssysteme und Fakturaprogramme sowie Preisauszeichnungen bis Juli und die erneute Umstellung sechs Monate später sind für KMU ein hoher Aufwand, der sie zusätzlich administrativ, finanziell und bürokratisch belastet. „Wir schlagen vor, die Senkung auf ein Jahr zu verlängern, damit sich der Konsumeffekt tatsächlich einstellen kann und der Aufwand gerechtfertigt ist“, so Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des VdU. Unklarheit besteht darüber, wie die Betriebe mit der temporären Umsatzsteuersenkung bei Dauerrechnungen, laufenden Verträgen, geleisteten Anzahlungen und Gutscheinen umgehen sollen. Hier brauchen die Unternehmen dringend praktikable und unbürokratische Lösungen. Die rasche Umsetzung bis Juli ist zudem fehleranfällig. Die Unternehmerinnen fordern daher Übergangsverfahren und -fristen für die Umsetzung.
Der VdU begrüßt grundsätzlich die geplanten Überbrückungshilfen für KMU, denn sie schließen damit endlich die Lücke bei den Hilfen für mittelständische Unternehmen. Positiv ist, dass im Programm insbesondere die Belange des Dienstleistungssektors betont werden. Die meisten frauengeführten Unternehmen sind im Dienstleistungssektor angesiedelt, der enorm unter Auftragsausfällen leidet. Zudem ist hier der Anteil weiblicher Mitarbeiter besonders hoch. Kritisch bleibt, dass die Überbrückungshilfen, genau wie die Soforthilfen des Bundes und der meisten Bundesländer, ausschließlich für Liquiditätsengpässe bei den laufenden Betriebskosten und nicht zur teilweisen Deckung der privaten Lebenshaltungskosten genutzt werden können.Unter der großen Zahl an Soloselbständigen, Freiberufler*innen und Kleinstunternehmer*innen in allen Branchen finden sich mehrheitlich Frauen, die z. B. schon immer von zu Hause aus arbeiten, geringe Betriebskosten haben und auf ihren unternehmerischen Umsatz angewiesen sind, um ihre privaten Lebenshaltungskosten zu decken. Es muss vermieden werden, dass Unternehmerinnen, die unverschuldet ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden, Grundsicherung beantragen müssen. Ein kalkulatorischer Unternehmerlohn sollte daher in die Hilfen einbezogen werden. Zudem ist fraglich, ob die dreimonatige Laufzeit der Überbrückungshilfen bis August ausreichen wird. Derzeit ist eine vollständige Aufhebung der Schutzmaßnahmen nicht absehbar und die Entwicklung der Pandemie unklar. Eine Verlängerung der Überbrückungshilfen muss daher bereits jetzt eingeplant werden.
Die verbesserten Möglichkeiten zur degressiven Abschreibung für Abnutzung materieller Wirtschaftsgüter sowie die erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter sind richtige Impulsgeber für Investitionen. Wichtig wäre es, zudem endlich auch die Abschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) auf 1.000 Euro anzuheben. Der VdU fordert zudem, die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten nicht nur auf 2020 und 2021 zu begrenzen, sondern sie dauerhaft einzuführen. Sie sind wichtige Anreize für Investitionen und entlasten die Unternehmen.
„Unternehmen brauchen Liquidität wie Luft zum Atmen. Insofern sind die Steuermaßnahmen, wie die Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags, der Mechanismus für steuerliche Corona-Rücklagen in der Steuerklärung 2019, die Modernisierung des Körperschaftssteuerrechts und die Erhöhung der steuerlichen Forschungszulage richtig und zielführend”, so Jasmin Arbabian-Vogel. Auch die Verkürzung des Entschuldungsverfahrens für natürliche Personen auf drei Jahre im Insolvenzrecht ist eine wichtige Maßnahme für von Insolvenz bedrohte Unternehmer*innen. Grundsätzlich gibt es weiteren Nachbesserungsbedarf in der Steuerpolitik. Dazu die VdU-Präsidentin: „Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für eine Reform der Unternehmenssteuern und die volle Abschaffung des Solidaritätszuschlags, um die Wettbewerbsfähigkeit der KMU in Deutschland zu verbessern.”
Auch die Erhöhung und das Vorziehen von öffentlichen Investitionen u. a. in die (digitale) Infrastruktur sind richtige Impulsgeber. Die angekündigte Vereinfachung des Vergaberechts kann einen wesentlichen Beitrag zur raschen Realisierung von Investitionen leisten. Allerdings ist statt der von der großen Koalition vorgeschlagenen temporären eine dauerhafte Vereinfachung und Beschleunigung der Ausschreibungs- und Vergabeverfahren sowohl auf EU-Ebene als auch für Bund und Länder mehr als notwendig.
Bei allen Entbürokratisierungsbemühungen müssen die Maßnahmen gebündelt und überall da, wo es möglich und sinnvoll ist, digitale Lösungen eingesetzt werden. Positiv und längst überfällig sind die im Konjunkturpaket angekündigte Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die Umsetzung des Online-Zugangs-Gesetz in allen Verwaltungsbereichen sowie die Registermodernisierung.
Positiv bewerten die Unternehmerinnen auch die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40%. Für die meisten von der Corona-Krise getroffenen Unternehmen wird es allerdings mehr als ein Jahr dauern, um die Folgen der Krise zu bewältigen. Wir fordern daher eine Ausweitung der Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge auf zwei bis drei Jahre sowie die Abschaffung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge als Teil der Entbürokratisierung.
Die Beschleunigung des Ausbaus der Ganztagsschulen und -betreuung sowie der Kitas war längst überfällig, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Dass sie ebenso wie die Ausweitung des Digitalpakts Schule Teil des Konjunkturpakets sind, unterstützen die Unternehmerinnen ausdrücklich. Neben der Digitalisierung der Schulen muss das Augenmerk aber auch auf der Verbesserung der Qualität der Bildung und Kinderbetreuung liegen. Es reicht nicht die Schulen technisch besser auszustatten, sie müssen ebenso in der Lage sein, digitales Lernen sinnvoll umzusetzen. Wir brauchen zudem Mindestanforderungen an den Unterricht in Ausnahmesituation wie in der Corona-Krise.
Im Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU) sind rund 1.800 Unternehmerinnen organisiert. Die Unternehmerinnen erwirtschaften zusammen einen Jahresumsatz von 85 Milliarden EUR und beschäftigen über 500.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Seit 65 Jahren setzt der VdU sich erfolgreich dafür ein, dass die Stimme der Unternehmerinnen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angemessen Gehör findet.
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