Mich hat das Glück geküsst – Erwartungen zum Umschulungsstart
Aufmerksam lauscht Katrin Joost den Worten der Pädagogischen Leiterin des BFW Leipzig, Marika Bild: „Sie bringen bereits viele Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten aus Ihren Vorberufen mit. Nutzen Sie diese.“ Katrin Joost ist eine von 101 neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die am 23. Juni 2020 ihre Umschulung im BFW Leipzig begonnen haben.
Doch an diesem Tag ist alles etwas anders. Dort, wo sich ansonsten alle „Neulinge“ in der Aula in den Stuhlreihen versammeln, sitzen sie nun mit Abstand an Tischen. Es ist immer noch Corona-Zeit. Gemeinsam mit ihren künftigen Ausbildern und Personalberatern stimmt sie Frau Bild auf die kommenden 24 Monate des Lernens ein: „Sie werden ihre Ausbildung, die eigentlich für drei Jahre konzipiert ist, in einer sehr kurzen Zeit absolvieren müssen“, betont sie mit dem Blick auf die vorgeschriebenen Rahmenlehrpläne der 16 Umschulungsberufe. „Trotz detaillierter Stoffverteilungspläne, einer praxisbezogenen Vermittlung des Lehrstoffs, vieler Fachprojekte und der Tätigkeit in einer Lernbehörde bzw. im Lernunternehmen wird ihre Mitwirkung maßgeblich für einen erfolgreichen Abschluss sein.“
Auf das hat sich die in Gera geborene Katrin Joost bewusst eingelassen. „Das ist hier meine große Chance, um mir zu beweisen, was ich noch leisten kann“, erklärt sie in Hinblick auf ihre bisherige berufliche Entwicklung. Die 41-jährige hat 22 Jahre in der Gastronomie gearbeitet. Und das anfangs nicht ganz freiwillig. Jura war ihr Wunschberuf oder Psychologie. Ihre Pubertät stand den Träumen im Weg und so verließ sie das Gymnasium vorzeitig. Erst einmal erlernte sie von 1996 bis 1999 den Beruf der Restaurantfachfrau und schloss anschließend noch den Lehrgang zur Ausbildereignung an. Katrin Joost fasste in der Gastronomie Fuß und bildete erfolgreich Köche und Restaurantfachfrauen aus. „Das alles hat mir Spaß gemacht, im Team und besonders mit den Gästen. Ich habe mir in den letzten 15 Jahren in einem italienischen Restaurant eine gute Position erarbeitet. Die hätte ich wahrscheinlich nie freiwillig aufgegeben.“ Doch dann wurde bei der jungen Frau aus Dessau-Roßlau auf beiden Seiten ein chronischer „Tennisarm“ diagnostiziert. Folge der Arbeit in der Gastronomie und das „Aus“ für die geliebte Tätigkeit.
Es folgten ein kurzer Aufenthalt in einer Schmerzklinik und ein aufschlussreiches Gespräch mit der Beraterin bei ihrer Krankenkasse. Die neue Hoffnung: Berufliche Rehabilitation. Der Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung war schnell gestellt und wurde genauso schnell bewilligt. Eigentlich wollte sie schon im Januar 2020 durchstarten, denn „ich bin sehr ehrgeizig“, stellt sie klar. „Doch ich war letztlich ganz glücklich, dass ich den Reha-Vorbereitungslehrgang mitmachen konnte. Hier habe ich mein Schulwissen auffrischen können, ist ja schon etwas länger her. Dadurch fand ich den richtigen Einstieg auf den heutigen Tag.“ Das sagt die verheiratete Mutter einer erwachsenen Tochter so leicht. Denn auch der Vorbereitungslehrgang fand in Corona-Zeiten anders statt als üblich, nämlich online, per Telefon oder Videokonferenz. „Ich hatte mich damit arrangiert. Früh aufstehen, Aufgaben erledigen, mit den Ausbilderinnen und Ausbildern kommunizieren und lernen. Das fiel mir leicht, wie damals in der Schulzeit.“
Nun sitzt sie mitten unter der Hälfte der neuen Umschülerinnen und Umschüler. Gespannt ist sie schon, auf das was sie erwarten wird. „Ich möchte Verwaltungsfachangestellte werden und wie es danach weitergehen soll, darüber habe ich ebenfalls klare Vorstellungen“, ist sich Katrin Joost sicher. Selbst wenn die Umschulung, die sie bewusst wegen der Ausrichtung auf die Landesverwaltung gewählt hatte, sehr anspruchsvoll ist – Gesetze, Paragrafen, Verordnungen, Vorschriften … – möchte sie eine gute Note zum Abschluss erreichen. „Das ist dann meine Visitenkarte für den neuen Start ins Berufsleben“, formuliert sie mit einem Lächeln. „Ich bin niemand, der die kommenden 22 Jahre nur hinter einem Schreibtisch sitzen möchte. Vielleicht kann ich sogar noch einmal studieren. Wer weiß?“
Und so packt sie nach der kleinen Eröffnungsveranstaltung ihre Unterlagen zusammen und folgt den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Unterrichtsraum, nicht ohne sich noch einmal umzudrehen und mit einem Lächeln zu rufen: „Das ist meine Chance. Mich hat das Glück geküsst.“
Seit fast 30 Jahren ist das Berufsförderungswerk Leipzig als Spezialist auf dem Gebiet Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) tätig. Hier werden Menschen ausgebildet und bedarfsorientiert unterstützt, die durch Krankheit oder Unfall aus dem gewohnten Arbeitsleben scheiden mussten. Mit individuellen Erprobungs-, Qualifizierungs- und Integrationsmaßnahmen werden neue Möglichkeiten für den Weg zurück ins Arbeitsleben angeboten. Die Angebote als überregionaler Dienstleister auf den Gebieten Beratung, Diagnostik und Assessment, Qualifizierung, Prävention und Rehabilitation stehen neben der Hauptstelle in Leipzig in den Außenstellen in Brand-Erbisdorf, Chemnitz und Döbeln zur Verfügung. Die Beruflichen Trainingszentren in Leipzig und Chemnitz ergänzen das Angebot speziell für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Die vielfältigen Leistungen sind ein wichtiger Beitrag, um Menschen die Rückkehr in das Arbeitsleben zu ermöglichen damit gleichzeitig dem Fachkräftemangel in der Wirtschaft zu begegnen. Darüber hinaus werden an der Bildungseinrichtung verschiedene Kurse der beruflichen Weiterbildung angeboten.
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