NABU: Weitere Funde bedrohter Riffe machen Ostseetunnel-Bau unzumutbar
Dazu kommentiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Bauplanung des Ostseetunnels wirkt nachlässig: Die Kosten sind mittlerweile auf rund 8 Milliarden Euro gestiegen, die Verkehrsprognosen sind fehlerhaft und die Zerstörung des einzigartigen marinen Ökosystems unwiderruflich. Das alles steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Seit über 10 Jahren warnt der NABU vor dem Bau des völlig überteuerten Prestigeprojektes. Wir hoffen, dass dieses klima- und umweltschädliche Großprojekt durch die berechtigte Kritik vom EU-Rechnungshof und dem Kieler Umweltministerium jetzt neu bewertet wird“.
Seit mehr als einem Jahrzehnt engagiert sich der NABU gegen den Bau des Ostseetunnels. Im April 2019 reichte der Umweltverband Klage gegen den Planfestellungsbeschluss ein. Im Zentrum der Kritik steht der Umwelt-Schaden im Naturschutzgebiet ‚Fehmarnbelt‘. „Angesichts des dramatisch schlechten ökologischen Zustands der Ostsee und eines laufenden Vertragsverletzungsverfahrens der EU kann es sich Deutschland nicht erlauben, diese Kleinode am Meeresboden – seltene Lebensgemeinschaften aus Schwämmen, Moostierchen und Großalgen – einfach wegbaggern zu lassen,“ mahnt NABU-Meeresschutzexperte Dr. Kim Detloff. Die vom NABU angezeigten Riffe waren zwar in älteren Planungsunterlagen bereits verzeichnet, verschwanden aber im Laufe der Projektentwicklung wieder. Zudem ist nicht abschließend geklärt, ob sich nicht noch weitere Riffe nahe der Fehmarnbelttrasse auf deutscher und dänischer Seite befinden. Das von deutschen Politikern angestimmte Loblied auf dänische Planungsweisen erhält durch diesen Fehler weitere deutliche Schrammen.
Neben dem drohenden Umweltskandal stellt sich zunehmend die Nutzenfrage. Dazu Malte Siegert, Leiter Natur- und Umweltpolitik in der NABU-Landesgeschäftsstelle Hamburg: „Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren völlig verändert. Angesichts deutlich geringerer Verkehrserwartungen sollte, wenn überhaupt, ein gebohrter Eisenbahntunnel in Erwägung gezogen werden. Das wäre hinsichtlich der europäischen Verkehrsidee „from road to rail“ angemessen. Zudem fallen allein zwei Drittel des Betons von mehreren Millionen Kubikmetern für den Straßenanteil des Tunnels an. Sowohl für den Bau als auch für den Betrieb wäre das ein Anachronismus in Zeiten globaler Klimaverpflichtungen. Der Ostseetunnel ist zu teuer, klimaschädlich und bedrohlich für ein sensibles marines Ökosystem“.
Im September dieses Jahres soll der dreiwöchige Prozess Ostseetunnel-Bau vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beginnen. Ob sich der Termin angesichts der neu bestätigten Rifffunde und den daraus resultierenden Planänderungen halten lässt, bleibt abzuwarten.
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