Städtischer Güterverkehr: Liefern ohne Lasten
Die Denkfabrik Agora Verkehrswende empfiehlt Städten und Gemeinden in einem Leitfaden, eigene Strategien für die Gestaltung des Güterverkehrs zu entwickeln. Ohne gezielte Steuerung drohten mehr Verkehrsaufkommen und Emissionen, mehr Konflikte um Stadtraum, steigende Unfallgefahr und höhere Kosten. Als Maßnahmen schlägt der Leitfaden insbesondere vor, Ladezonen sowie Niedrig- und Nullemissionszonen einzurichten. Auch zentrumsnahe Mikrodepots, neue Konzepte für Fußgängerzonen und mittelfristig die Einführung von Straßennutzungsgebühren seien sinnvoll. Damit könnten Kommunen Anreize schaffen für Speditionen, Liefer- und Kundendienste sowie Handwerksbetriebe, Fahrten zu bündeln und auf Elektrofahrzeuge umzustellen.
„Es ist Zeit, dass Städte und Gemeinden den urbanen Güterverkehr in den Blick nehmen“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Die Coronaerfahrung hat gezeigt, wie wichtig die Versorgung der Städte mit Waren und Dienstleistungen ist. Wenn Kommunen dies nicht als Gestaltungsaufgabe angehen, werden die Konflikte zunehmen. Mit unserem Leitfaden haben wir Empfehlungen erarbeitet, wie Kommunen die Aufgabe meistern können.“
Trends: Flächenkonkurrenz, Onlinehandel, Elektrifizierung
Der Leitfaden, der unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Bert Leerkamp von der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag von Agora Verkehrswende erstellt wurde, skizziert mehrere Trends, die den städtischen Güterverkehr in den kommenden Jahren prägen werden. So wird die Flächenkonkurrenz in Städten mit wachsender Bevölkerung zunehmen und der Güterverkehr mehr Menschen auf gleicher Fläche versorgen müssen, von Handel und Gastronomie über Handwerks- und Kundendienste bis zur Abfallentsorgung.
Digital gestützte Vertriebsformen werden nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren an Bedeutung gewinnen und die Zusammenarbeit von Handel und Logistik erleichtern. Paketzusteller werden stärker auf Paketstationen setzen, um Zustellungen an die Haustür zu reduzieren. Fahrzeugflotten werden auf elektrische Lkw und Lastenräder umgestellt. Das Potenzial von Zustellungen mit vollautonomen Fahrzeugen wird in dichten Stadträumen hingegen als begrenzt eingeschätzt.
Was Kommunen tun können
Agora Verkehrswende empfiehlt Städten ab einer Größe von 200.000 Einwohnern, mindestens eine Vollzeitstelle in der Verwaltung für den Güterverkehr einzurichten. Hier sollten alle Fäden zu Strategieentwicklung, Datenerhebung, Planung und Dialog zusammenlaufen. Als Praxisbeispiele für die Entwicklung von Güterverkehrskonzepten kann der Leitfaden auf Erfahrungen aus Städten wie London, Stockholm, Basel und Wien verweisen. Amsterdam dient als Vorbild für die Einrichtung von Nullemissionszonen. Nach dem dort verabschiedeten „Aktionsplan für saubere Luft“ soll bereits bis 2025 der gesamte Güterverkehr innerhalb des Autobahnrings emissionsfrei sein. Die CO2-Emissionen in der Stadt sollen allein dadurch um über vierzig Prozent sinken.
Ein Fahrplan für Niedrig- und Nullemissionszonen würde der Logistikwirtschaft den Weg weisen zum Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge, die lokal keine Emissionen verursachen. Mit extra ausgewiesenen Ladezonen, aber auch mit höheren Sanktionen, zum Beispiel für unrechtmäßiges Halten in zweiter Reihe, könnten Kommunen dafür sorgen, dass die Branche ihr Fahrtenaufkommen reduziert, Lieferungen bündelt und platzsparende Verfahren entwickelt.
Bund und Ländern legt Agora Verkehrswende nahe, die Kommunen bei der nachhaltigen Gestaltung des städtischen Güterverkehrs zu stärken und einen regulatorischen Flickenteppich zu verhindern, zum Beispiel bei der Einführung von Gebühren für die Nutzung von Straßen in der Innerstadt (Citymaut). „Der Bund sollte mit einem nationalen Mautsystem, aufbauend auf der Lkw-Maut, den Rahmen vorgeben“, sagt Wolfgang Aichinger, Projektleiter Städtische Mobilität bei Agora Verkehrswende. „Auch bei der Einrichtung von Nullemissionszonen kann der Bund für mehr Klarheit sorgen. Für die Ausweisung von Ladezonen sollte der Bund über die Straßenverkehrsordnung ein eigenes Verkehrszeichen einführen.“
Zum Leitfaden „Liefern ohne Lasten“
Der Leitfaden „Liefern ohne Lasten. Wie Kommunen und Logistikwirtschaft den städtischen Güterverkehr zukunftsfähig gestalten können“ umfasst 134 Seiten und steht unter www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/liefern-ohne-lasten/ kostenlos zum Download zur Verfügung. Die Publikation bietet einen Überblick über die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen, mit Beispielen für die Erarbeitung von Güterverkehrskonzepten, die Erhebung relevanter Daten sowie für die Raum- und Verkehrsplanung.
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