Tag der Buchenwälder: Lebensraum Wald wertschätzen!
Natürlicherweise wäre Schleswig-Holstein weitgehend mit Buchenwäldern bedeckt. Heute steht die Forstwirtschaft nicht zuletzt vor den Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt: Trockenheit, Hitze, Orkane oder neue Schaderreger – um nur einige zu nennen. Die Umweltverbände BUND, NABU und LNV betonen, dass aber gerade der Baumart Buche, mit ihrer großen Standortsamplitude und Trockenheitstoleranz, hier eine ganz besondere Rolle zukommt. Deshalb ist es essentiell, die derzeitigen Buchenbestände zu schonen, damit diese nicht durch unnötige Bewirtschaftungsmaßnahmen zusätzlich belastet werden. Schließlich speichert eine alte Buche nicht nur deutlich mehr CO2 als eine junge Buche, sie gibt auch vielen Lebewesen einen Lebensraum und kühlt die Umwelt, weswegen Spaziergänge in einem Buchenwald ein besonderes Erlebnis sind.
Gut strukturierte, naturnah geprägte Buchenwälder bzw. Buchenmischwälder sind in Schleswig-Holstein im Wirtschaftswald mittlerweile eine Seltenheit. Buchenwälder weisen einzigartige Artenzusammensetzungen auf, auch im sensiblen Bodenbereich, und viele heimische Pilze, Pflanzen und Tiere sind auf das ökologisch wertvolle Ökosystem Buchenwald angewiesen. Die Umweltverbände weisen darauf hin, dass es in Anbetracht der sichtbaren Klimaveränderungen und deren Auswirkungen auf unsere Wälder besonders dringend und wichtig ist, die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit dieser Ökosysteme, auch im Wirtschaftswald, durch eine schonende, ökologisch verträgliche Waldwirtschaft zu erhalten bzw. zu fördern und wieder herzustellen, zumal intakte Buchenwälder natürliche Verbündete im Kampf gegen die Erderwärmung darstellen. Daher sollten insbesondere in Wäldern der öffentlichen Hand der Verzicht auf intensive Holzerzeugung, der Schutz des Waldbodens durch eine Förderung der Laubmischwaldbildung, der Verzicht auf Pestizide sowie ein Belassen von ausreichend Biotopbäumen und Totholz im Wald verpflichtend sein.
Vom zunehmenden Holzeinschlag in unseren Laubwäldern sind insbesondere Altbuchen bedroht. Altholzbestände sind jedoch ausschlaggebend für die Artenvielfalt im Wald. Denn gerade sie sind Lebensstätten von Spechten und Fledermäusen und werden von zahlreichen Insekten- und Pilzarten besiedelt. Doch wenn Höhlen und Totholz strukturreicher Altbäume immer mehr zur Mangelware werden, darf man sich nicht wundern, wenn Ökologen Alarm schlagen.
Buchen können bis zu 400 Jahre alt werden. In Schleswig-Holstein sind Buchen über 180 Jahre aber eine Seltenheit. Nicht nur, dass derart eindrucksvolle Altbäume selbst gefällt werden, es fehlt auch der Nachwuchs. Denn bereits in den Altersklassen von 120 bis 160 Jahren wird immer kräftiger eingeschlagen.
Neben ihrer hohen Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität leisten alte Wälder durch hohe CO2-Speicherung und Kühlung in Hitzezeiten auch einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz. Ein geschlossener Buchenwald mit Altbuchen kühlt die Temperatur an heißen Tagen um ca. 10°C, in Stadtnähe bis zu 15°C ab. Zudem speichert er nicht nur viel Kohlenstoff in mächtigen Baumstämmen, sondern auch im Boden. Alte Wälder und für eine lange Waldentwicklung geeignete Standorte müssen daher in Schleswig-Holstein zukünftig konsequent geschützt werden.
Die Naturschutzverbände, NABU, BUND und LNV fordern eine Neuausrichtung der schleswig-holsteinischen Waldwirtschaft auf ökologischer Grundlage. Der öffentliche Waldbesitz, insbesondere die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten (SHLF), müssen hier ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Diese sollte nach Auffassung der Verbände mit folgenden Anforderungen verbunden sein:
Gemeinsame Forderungen der Verbände:
- Die quantitative und qualitative Übernutzung alter Buchenwälder muss sofort eingestellt werden. Das heißt, die Holzernte muss vorsichtig und naturverträglich erfolgen. Jüngere Buchenwälder müssen durch geringe Nutzungsmengen in ihrer natürlichen Entwicklung gefördert und vor Austrocknung bewahrt werden.
- Es muss eine exakte Dokumentation des vorhandenen Altbuchenbestandes der Altersklassen ab 140 Jahre erfolgen. Bis dahin sind alle Altholzeinschläge mit Ausnahme von verkehrssicherungspflichtigen Maßnahmen zu unterlassen. Erst wenn in allen Buchenwäldern ein auch unter Aspekten des Naturschutzes genügend großer Anteil an Buchenaltholz vorhanden und diesbezüglichen Nachwuchs ausreichend gesorgt ist, sollte dort ein vorsichtiger Einschlag wieder aufgenommen werden können. Dabei ist zu gewährleisten, dass der vorhandene Restbestand an Buchen von 180 Jahren und mehr nicht angetastet, sondern erweitert wird.
- Bei der Holzernte muss der Bodenschutz eine hohe Priorität erhalten. Bodenschutz ist Klima-, Wald- und Wasserschutz in einem.
- Von besonderer Bedeutung ist eine geringere Nutzung, bei der das kühlende Waldklima erhalten bleibt. Zu rasche und zu starke Auflichtung schaden dem Wald und dem Klima.
- Absterbende und tote Bäume müssen vermehrt im Wald bleiben, um die typische Biodiversität zu erhalten und als Humus und Wasserspeicher dem Klimawandel entgegen zu wirken.
- Einschläge während der Brut- und Setzzeit sind grundsätzlich zu unterlassen, weil damit die unvermeidbare massenhafte Tötung von Jungtieren in Kauf genommen wird.
- Nichtheimische Baumarten wie nordamerikanische Douglasien, Küstentannen und Roteichen führen in ökologisch wertvollen alten Buchenbeständen und auch allen anderen artenreichen heimischen Laubwäldern zu starken ökologischen Einbußen. Ihr Anbau auf alten Buchenwaldstandorten muss sofort beendet werden. Die „Betriebsanweisung WALDBAU“ von 2011 der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten sieht immer noch in erheblichem Umfang den Anbau nichtheimischer Baumarten im Naturraum für heimische Buchenwälder vor. Diese Anweisung muss umgehend außer Kraft gesetzt und durch eine zeitgemäße Anweisung ersetzt werden.
- Das ökologisch-soziale Zertifikat des Forest Stewardship Council (FSC), dem die SHLF verpflichtet sind, sieht für alle Betriebsmaßnahmen eine frühzeitige Information und eine Beteiligung der Interessierten und Betroffenen vor. In den öffentlichen Bürgerwäldern sind alle Bürgerinnen und Bürger betroffen. Die SHLF müssen sich der Allgemeinheit öffnen und ihre Aufgaben partizipativ erfüllen. Die Umweltverbände erwarten ihre Beteiligung, gerade im Umgang mit den wertvollen Buchenwäldern.
Auch der Privatwaldbesitz sollte zu einer stärker ökologisch bezogenen Wirtschaftsweise veranlasst werden:
- Die forstliche Beratung der Privat- und Kommunalwälder muss in ökologischer Waldbehandlung geschult und verpflichtend in diesem Sinne eingesetzt werden. Für Privatwälder müssen finanzielle Anreize für eine naturverträgliche Nutzung oder Stilllegung von wertvollen Altwäldern geschaffen werden. Bund und Länder haben in der Klimakrise ein Milliarden-schweres Hilfsprogramm beschlossen, das hierfür verwendet werden sollte.
- Die Rodung naturnaher Laubwaldflächen darf nur noch in Fällen genehmigt werden, wenn dieses überwiegende Gründe des Allgemeinwohls erforderlich machen. Diese Forderung ist im Landesgesetz festzuschreiben.
- Die Landesregierung muss die Definition für die‚ ordnungsgemäße Forstwirtschaft‘ des Landeswaldgesetzes dahingehend nachschärfen und konkretisieren, dass Bewirtschaftungsweisen ausgeschlossen werden, die das Ökosystem Wald erheblich beeinträchtigen können.
Der LNV weist darauf hin, dass seine Mitgliedsverbände, die „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Landesverband Schleswig-Holstein e.V. (SDW) “ und der „Verein zur Förderung des Umweltschutzes im ländlichen Raum Schleswig-Holsteins e.V. (V.F.U.)“ diese Pressemitteilung nicht mittragen. Der VFU verweist auf die Stellungnahme des schleswig-holsteinischen Waldbesitzerverbandes. Die SDW wird diesbezüglich eine eigene Medieninformation veröffentlichen.
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