Toni Kroos exklusiv in GQ: „Ich weiß nicht, ob ich jemandem raten würde, sich als Aktiver zu outen.“
Die aktuelle Ausgabe von GQ Gentlemen’s Quarterly wird begleitet von der Kampagne #PrideInside. Im Interview spricht Toni Kroos darüber, was ihn am Fußball-Business am meisten stört, ob die Pandemie den Fußball nachhaltig beeinflusst, über sein Karriere-Ende und Outing in der Fußballbranche.
Toni Kroos exklusiv in GQ:
Wird die Pandemie den Fußball nachhaltig beeinflussen? Oder geht alles schnell „back to normal“?
“So schnell nicht, glaube ich, dafür sind die Einbußen einfach zu groß. Es werden nicht sofort wieder so große Summen ausgegeben werden. Da müssen viele Clubs ein bisschen genauer schauen, wo sie künftig bleiben. Was Ablösen und Gehälter betrifft, wird noch ein bisschen mehr gefeilscht werden und aufgepasst, was man ausgeben kann. Aber es wird wieder der Punkt kommen, an dem der Fußball auf dem Stand von vor der Krise ist. Das ist dem Wettbewerb heutzutage geschuldet, da ist so viel Erfolgsdruck dahinter, auch wegen der Medien. Wenn es die Möglichkeit gibt, wieder so viel Geld auszugeben wie vor der Pandemie, wird das auch passieren.”
Haben Sie Pläne für die Zeit nach der Karriere? Ihr Vater ist ja Trainer, wäre das etwas für Sie?
“Ich kann mir einen Job im Fußball vorstellen, aber als Cheftrainer auf hohem Niveau eigentlich nicht. Denn dann komme ich wieder in das rein, was mich am aktuellen Fußball am meisten stört: dieses Reisen, wochenlang nicht zu Hause zu sein. Das will ich nicht. Aber ich könnte mir vorstellen, etwas im Nachwuchsbereich zu machen, meine Erfahrung weiterzugeben. Wichtig ist mir, dass ich mein Leben, meinen Alltag komplett selbst bestimmen kann. Als Aktiver wird dir so viel vorgegeben: dass ich im Hotel schlafen soll, wann ich zu essen und wann ich zu trainieren habe. Ich freue mich auf die Unabhängigkeit danach.”
Wie hat sich der Fußball über die vergangenen Jahre verändert?
“Die Berichterstattung wird immer extremer, es gibt keine Grauzonen mehr, nur noch ganz gut oder ganz schlecht. Wenn Fußballer Interviews geben, wird immer nach der einen Schlagzeile gesucht. […] Die Summen sind extrem in die Höhe geschossen. Was in der Vor-Corona-Zeit – die diese Summen erst einmal eindämmen dürfte – gezahlt wurde, fand ich auch nicht mehr richtig gesund. Es wurden teilweise für mittelmäßige Spieler 40, 50 Millionen Euro an Ablöse gezahlt. Das haben früher die absoluten Superstars gekostet. Aber es gibt auch positive Entwicklungen: Das Spiel ist schneller und dadurch ansehnlicher geworden.”
Wir haben in dieser Ausgabe einen Themenschwerpunkt zu LGBTQ (…) in einigen Ländern werden die Menschenrechte der Community beschnitten. Dass das Thema Homosexualität auch im Fußball ein schwieriges ist, zeigt sich allein daran, dass sich bislang noch kein aktiver Profi geoutet hat.
“Mein gesunder Menschenverstand sagt mir natürlich, dass das im 21. Jahrhundert jeder frei ausleben sollte. Ich weiß aber nicht, ob ich jemandem raten würde, sich als Aktiver zu outen. Auf dem Platz wird ja manchmal mit gewissen Wörtern um sich geworfen, und bei den Emotionen der Fans im Stadion könnte ich nicht dafür garantieren, dass derjenige nicht doch abgewertet und beschimpft wird. Das sollte nicht der Fall sein, und der Profi, der sich outet, hätte auch bestimmt viel Unterstützung von allen Seiten, ob das aber in einem Stadion voller gegnerischer Fans auch der Fall ist, bezweifle ich. Ob das alles für einen Spieler, der sich outet, eher Vor- oder Nachteil ist, muss man persönlich entscheiden. Aber ein durchgehender Vorteil wäre es, glaube ich, auch heute noch nicht.”
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