Der neue Trendurlaub: Deutschland mit dem Rad entdecken
Das Familienunternehmen Herkelmann baut nun schon seit 1985 Fahrräder. Kommen auch viele Radreisende zu Ihnen?
Maik Herkelmann: Sehr viele sogar, Radreisende gehören zu unserem Hauptkundenstamm. Der Fokus unseres Unternehmens lag zunächst auf Rennrädern, aber schon seit über 20 Jahren bieten wir auch hochwertige Reiseräder an, und der Bedarf wächst stetig. Ganz besonders in diesem Jahr. Wir unterstützen und beraten unsere Kunden in allen Bereichen, um ihnen eine entspannte Tour zu ermöglichen. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die Räder für die jeweiligen Bedingungen fit machen. Möchte jemand etwa Island erkunden, empfehlen wir einen Riemenantrieb und die passenden Reifen für das Gelände. Und natürlich bereiten wir die Kunden auch so gut es geht auf mögliche Pannen vor. Wir haben zum Beispiel das Charity-Event „Guts for Change“ unterstützt, und als bei einigen Rädern auf halber Strecke von Berlin nach Indien durch ein Missgeschick die Bremszüge rissen, konnten sie die Fahrt durch unser Briefing trotzdem zügig fortsetzen.
Bei Ihnen erübrigt sich die Frage, Frau Steurer. Radreisende sind schließlich das täglich Brot bei Radweg-Reisen. Aber gibt es Ihrer Erfahrung nach den typischen Radreisenden?
Nele Steurer: Unser typischer Kunde sind eigentlich zwei Kunden, denn unsere Radreisenden sind meist zu zweit unterwegs. Sie sind oft im Alter zwischen 45 und 65 Jahren und haben meist einfach keine Lust mehr auf einen Pauschalurlaub mit Fluganreise. Häufig ist es auch nicht der große Jahresurlaub, sondern eine zweite oder dritte Reise im Jahr. Im Gegensatz zu jüngeren Radlern, die gern selbst planen, nehmen die älteren lieber unseren Service mit Hotelbuchungen, Tourenplanung, Landkarten-Auswahl und Gepäcktransport in Anspruch. So können sie sich ganz auf das Radfahren konzentrieren.
Radweg-Reisen sitzt tief im Süden, in Konstanz. Haben Sie bei sich im Norden, im Schleswig-Holsteinischen Eutin, ähnliche Erfahrungen gemacht, Herr Herkelmann?
Maik Herkelmann: Ach wissen Sie, so unterschiedlich wie die Ziele, sind die Leute. Bei allen Kunden fragen wir erst einmal: Wo möchten Sie hin, wie möchten Sie fahren, was möchten Sie dabei haben? Beim Thema Gepäck zeigen sich aber doch öfter Gemeinsamkeiten. Die meisten Menschen möchten so viel Equipment wie möglich mitnehmen – und dann kommen wieder wir als Berater ins Spiel. Das klassische Setup besteht aus zwei Taschen hinten, zwei Taschen vorne und eine auf dem Gepäckträger. Oft werden Bikepacking-Taschen gewählt, mit denen ist man schön windschnittig unterwegs, allerdings kann es dann mit Zelt, Schlafsack etc. schon schwierig werden. Für Leute mit mehr Gepäck müssen wir dann eine andere Lösung finden.
Nele Steurer: Diese Erfahrung haben wir auch gemacht. Deshalb bieten wir ja unseren Gepäcktransport an, sowohl für Kunden, die mit uns ihren Urlaub organisieren, als auch für Leute, die ihre Reise lieber selbst planen möchten. Dieser Service wird gerne angenommen, übrigens auch von Skatern und von Wanderern. Das Gepäck ist bei unseren Fahrern und im Hotel in sicheren Händen, und die Urlauber müssen sich keine Sorgen machen. Das erleichtert unheimlich.
Durch Corona wird das Fahrrad immer beliebter und E-Bikes liegen sowieso schon lange im Trend. Wie hat sich die Corona-Krise in Ihren jeweiligen Bereichen bemerkbar gemacht?
Nele Steurer: Wir haben gemerkt, dass vor allem Reisen innerhalb Deutschlands noch gefragter als zuvor sind. Das ist auch eigentlich keine Überraschung – die An- und Abreise erfolgt meist im eigenen PKW, auf dem Rad ist Social Distancing kein Problem und die Urlauber können selbst entscheiden, wann und wo sie eine Pause machen.
Beim Thema E-Bikes haben auch wir festgestellt, dass sie immer beliebter werden. Mittlerweile fragt etwa jeder vierte Gast danach. Einige tun das, um sich was zu gönnen, gemütlich unterwegs zu sein oder Etappen zu meistern, die ohne E-Antrieb zu anspruchsvoll wären. Manche wollen aber auch einfach mal ein E-Bike testen. Bei uns kann man für seine Reise verschiedene Räder mieten, man kann aber auch sein eigenes mitbringen.
Maik Herkelmann: Wir hatten in den letzten Wochen alle Hände voll zu tun. Wir bauen momentan unseren Laden aus und unsere Webseite um. Außerdem entwickeln wir ständig neue Teile, etwa unser Wingee-Schutzblech. Für eine tiefe Analyse war deshalb noch keine Zeit, aber es sieht gefühlt danach aus, als könnten wir unser Rekordjahr 2019 nochmal übertrumpfen. Vor allem die Nachfrage nach E-Bikes hat zugenommen, teilweise kommen Ehepaare oder Familien aus ganz Deutschland und wollen gleich mehrere Räder mit E-Antrieb. Und auch Radreisende wollen immer öfter eine elektrische Unterstützung für ihren Urlaub.
Seit 2015 bietet Herkelmann auch Räder mit Pendix-Antrieb an. Was hat Sie daran überzeugt?
Maik Herkelmann: Bei den neuen Rädern ist es ein großer Pluspunkt, dass wir die Produktion unserer Räder nicht umstellen mussten und die Pendix-Antriebe direkt anbauen können. Die Optik hat mich auch von Anfang an überzeugt, der Akku sieht eher wie eine Trinkflasche aus und fällt nicht sofort als E-Bike auf. Das System ist einfach gehalten, Bedienfehler sind kaum möglich, es gibt keine Verkabelung zum Lenker und der Direktantrieb ist geräuschlos. Die App ersetzt einen Computer und der Fahrer kann jederzeit alle Funktionen ablesen. Er kann sogar selbst die Firmware aktualisieren und den Fehlerspeicher auslesen. Wir bekommen eigentlich nur positives Feedback, und das macht uns auch sehr happy.
Ich bin ja zudem ein großer Verfechter der Möglichkeit, Rädern durch Nachrüsten ein zweites Leben zu verleihen, anstatt sie abzuwracken. Von unseren Kunden, die sich für einen E-Antrieb interessieren, lassen etwa 40% ihr Rad nachrüsten und 60% kaufen direkt ein Rad mit Pendix. Oft kommen Kunden zurück, die vor zwei oder drei Jahren ein Rad bei uns gekauft haben und nun doch gerne ein wenig Unterstützung beim Fahren möchten. Aber natürlich bauen wir auch Kunden einen Pendix eDrive an, solange das Rad unseren Anforderungen entspricht.
Welche Anforderungen muss denn ein Rad erfüllen, damit Sie es nachrüsten?
Maik Herkelmann: Das Rad sollte in einem allgemein guten Zustand sein, vorne und hinten gute Felgenbremsen haben und es darf nicht älter als zehn Jahre alt sein – das haben wir uns selbst als Limit gesetzt. Sobald wir einen Umbau vornehmen, werden wir rechtlich gesehen zum Hersteller des Rads, deshalb müssen wir ein schlecht erhaltenes Rad auch schon mal ablehnen. Ansonsten unterstützt uns Pendix in allen Bereichen, von Checklisten bis hin zu CE-Aufklebern, das bietet kein anderes Unternehmen.
Sie als Radprofis verbringen doch bestimmt auch den Urlaub auf zwei Rädern. Haben Sie durch die Kunden oder persönliche Reisen ein paar Streckentipps?
Maik Herkelmann: Das stimmt, ich gehöre schon länger zu den Radreisenden. 2018 habe ich zum Beispiel mit einem Freund eine Tour durch Skandinavien gemacht, wir sind durch Norwegen, Schweden und Dänemark gefahren, das kann ich nur empfehlen. Letztes Jahr ging es mit meiner Freundin durch Frankreich, sie ist auch ein echter Fan von solchen Urlauben geworden. Wir sind dann meistens drei bis vier Wochen unterwegs. Ich fahre am liebsten auf meinem Gravelbike, als Ausgleich zum Alltag aber ohne Pendix, um mich mal richtig auszupowern.
Nele Steurer: Unsere Gäste fahren am liebsten am Wasser. Ob am Bodensee, der Ostseeküste oder rund um die Dänische Südsee. Innerhalb Deutschlands gehört die sogenannte Junge Donau, von der Quelle bis nach Ulm, zu den Geheimtipps. Die Landschaft ist von meterhohen, schroffen Felsen eingerahmt, der Radweg bestens ausgebaut und das schwäbische Essen ist natürlich auch nicht zu verachten. Ich selbst verbringe meinen Urlaub auch am liebsten so. Ich mag das Gefühl, mehrere Tage und längere Strecken auf dem Rad unterwegs zu sein, mein Tempo selbst zu bestimmen und Land und Leute aus ganz neuen Perspektiven kennenzulernen. Weniger touristisch, mehr auf Augenhöhe. Für mich ist es die beste Art zu reisen.
Die Pendix GmbH stellt Elektroantriebe her, die fast alle Fahrräder zu E-Bikes machen können. Der Antrieb Pendix eDrive ist seit September 2015 auf dem Markt. Geräuschlos, kompakt, schlicht und ästhetisch passt er an nahezu jedes Rad. Das Unternehmen besteht seit 2013, die sechs Gründer haben zuvor Prototypen für die Automobilindustrie und den Motorsport entwickelt. Die Pendix Unternehmensgruppe beschäftigt aktuell über 50 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe. Investoren sind u.a. der Technologiegründerfonds Sachsen, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen und AS Vantage Holding.
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