Gemeinsame Pressemitteilung des Fahrgastbeirates Baden-Württemberg und des VVS-Fahrgastbeirates
Diesem Appell schließen sich die Landesverbände des BUND, von PRO BAHN, des VCD, der Landesnaturschutzverband und das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS) an.
Die Gäubahnstrecke soll im Sommer 2025 kurz vor dem Hauptbahnhof unterbrochen und abgetragen werden. Aufgrund der Bauverzögerungen bei der neuen Gäubahntrasse über den Flughafen wird die Unterbrechung jetzt mindestens 5 Jahre betragen statt wie ursprünglich geplant 4-6 Monate.
"Die Fahrzeitverlängerungen und zusätzlichen Umsteigeerfordernisse für die Fernreisenden der Gäubahn über einen so langen Zeitraum halten wir für nicht akzeptabel.", so der Vorsitzende des Fahrgastbeirates Baden-Württemberg, Matthias Lieb. "Betroffen sind täglich rund 9.000 – 10.000 Fahrgäste der Gäubahn, im Störungsfall der S-Bahn geht es aber um mehrere 10 000 Fahrgäste der S-Bahnen und Stadtbahnen.", stellt der Sprecher des VVS- Fahrgastbeirats Dr. Wolfgang Staiger fest.
"An rund 120 – 130 Tagen im Jahr – d.h. im Schnitt an zwei Tagen pro Woche – wird die Gäubahn zum Hauptbahnhof im Falle einer Störung der S-Bahn-Stammstrecke als Umleitung genutzt. Das zeigt die Notwendigkeit der Strecke, um das Gesamtsystem S-Bahn stabil betreiben zu können", erklärt Matthias Lieb. Mit der Kappung der Gäubahn entfalle diese Umleitung ersatzlos, ein Nordhalt stelle dafür keine Lösung dar.
Ferner solle ab 2025 im Bereich der S-Bahn ein neues Signalsystem zum Einsatz kommen. Erfahrungen mit neuen Systemen zeigten, dass diese anfänglich häufiger zu Fehlern neigen – eine Umfahrungsmöglichkeit für die Stammstrecke sei gerade dann wichtig, wenn eine S-Bahn im Tunnel aufgrund einer ETCS-Störung liegen bleibe, geben die beiden Fahrgastvertreter zu bedenken.
"Beim aktuell gültigen Notfallkonzept können die S-Bahn-Linien S1 und S2 ohne Zeitverlust über die Gäubahn umgeleitet werden und stellen am Hauptbahnhof Stuttgart und in Stuttgart-Vaihingen Verknüpfungen zu den weiteren S-Bahnen beziehungsweise zum weiteren ÖV-Netz her. Die Linienwege sind, abgesehen von den fehlenden Unterwegshalten, unverändert.", stellt Matthias Lieb fest.
Ein neues Notfallkonzept müsse vergleichbare Kapazitäten und Netzverknüpfungen bieten und für die Fahrgäste verständlich sein. Das bei der Schlichtung zu Stuttgart 21 vorgestellte Notfallkonzept mit der Führung von S-Bahn-Zügen über den neuen Tiefbahnhof S21 und den Fildertunnel, stehe zum Zeitpunkt der Gäubahnkappung nicht zur Verfügung. Teilweise werde jetzt argumentiert, im Störungsfalle könnten die Regionalzüge vom Hauptbahnhof zum Filderbahnhof genutzt werden.
Zur Praktikabilität dieses Vorschlags macht Matthias Lieb ein Beispiel: "Ein Fahrgast von Untertürkheim nach Böblingen, der heute auch im Störungsfall (Sperrung S-Bahn-Stammstrecke) umsteigefrei ans Ziel kommt, fährt zukünftig mit der S1 bis Bad Cannstatt, Von dort nimmt er einen Metropolexpress zum Hauptbahnhof, von dort nutzt er dann einen anderen Metropolexpress bis zum Flughafen, wechselt dann vom in über 30 m Tiefe liegenden Fernbahnhof zur S-Bahn-Station, fährt von dort mit der S-Bahn bis Rohr und steigt dort in eine zwischen S-Vaihingen und Herrenberg pendelnde S-Bahn nach Böblingen um." Dies ist aus Sicht der Fahrgastvertreter extrem unbequem und zeitaufwändig.
Darüber hinaus zeige eine VWI-Untersuchung, dass die SSB-Verkehrsmittel die zusätzlichen Umsteiger gar nicht aufnehmen könne, fährt Lieb fort.
Die Fahrgastvertreter beklagen weiter, dass die Auswirkungen der "normalen" Unterbrechung bewusst verharmlost würden. Denn obwohl der Regionalhalt Stuttgart-Vaihingen schon im Bau und nächstes Jahr in Betrieb gehen soll, werden die unbestritten positiven Effekte dieses Haltes mit den unterbrechungsbedingten Nachteilen "verrechnet". Nur so käme man zu der Schlussfolgerung, dass die Auswirkungen für Pendler gering und es Vor- und Nachteile gäbe. Tatsächlich würden diejenigen, für die der Regionalhalt Vaihingen sinnvoll sei, diesen schon ab 2021 nutzen, ebenso werde es dadurch unbestritten zusätzliche Fahrgäste geben. "Dies als Nutzen der Gäubahn-Unterbrechung darzustellen, ist aber in höchstem Maße unseriös", beklagt Matthias Lieb. Vielmehr sei der Nutzen des Regionalhaltes schon ab 2021 eingetreten und könne nicht nochmals bei der Gäubahn-Unterbrechung positiv berücksichtigt werden. "Durch die Gäubahn-Unterbrechung gibt es unter den Fahrgästen keine Gewinner, sondern nur Verlierer", bilanziert Wolfgang Staiger. Für die Auswirkungen auf den "normalen" Gäubahnverkehr sei zu beachten, dass jeder zusätzliche Umstieg zu rund 40% weniger Fahrgästen führe. Die Unterzeichner des Schreibens gehen davon aus, dass wahlfreie Reisende diese Umsteigeverbindungen meiden und stattdessen die A 81 nutzen werden.
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