Mechatronik-Professor der Hochschule Aalen entwickelt virtuelles Oszilloskop
Das Oszilloskop kommt beispielsweise bei der Fehlersuche in der Autowerkstatt zum Einsatz. Denn moderne Autos sind voll von elektronischen Bauteilen, die hin und wieder ihren Dienst quittieren. Das Gerät macht den zeitlichen Verlauf von elektrischen Spannungssignalen sichtbar und ist eines der maßgeblichen „Handwerkszeuge“ von Technikern und Ingenieuren. Da es in der Bedienung sehr komplex ist und eingeübt werden muss, gehört der Umgang mit ihm an der Hochschule Aalen zum Pflichtprogramm der Laborausbildung.
„Das Oszilloskop ist ein wichtiges Gerät der elektrischen Messtechnik und unseres Laborführerscheins“, erklärt Prof. Dr. Stefan Hörmann, der seit sechs Jahren an der Hochschule Aalen Elektrotechnik, Elektronik und Informatik lehrt. Doch die Corona-Pandemie hat auch den Labor-Alltag an der Hochschule kräftig durcheinandergewirbelt. Das Labor ausfallen lassen? Das war für den 48-Jährigen keine Option. Das Equipment für zu Hause auszuleihen, allerdings auch nicht, denn „das Oszilloskop ist nicht nur ganz schön kompliziert, sondern auch ein ziemlich teures Laborgerät“.
Wie also kann man den Studierenden den Umgang mit dem Oszilloskop ermöglichen, ohne sie am realen Gerät arbeiten zu lassen? Da Hörmann ein großes Faible fürs Programmieren hat, stand für ihn die Lösung schnell fest: ein virtuelles Oszilloskop, das sich genauso bedienen lässt wie das „Echte“. Zwar gibt es bereits einige virtuelle Systeme, doch diese tasten keine Signale ab. „Ich wollte eine Version, die so lebensecht wie möglich ist, inklusive Signalabtastung, Rauschen und dass man die Bedienknöpfe per Maus drehen kann“, sagt Hörmann. Die internen Abläufe sind dem realen Oszilloskop nachempfunden, so dass zusammen mit der Abtastung von Signalen ein sehr realistisches Verhalten entsteht. Für den Lehrbetrieb hat Stefan Hörmann es mit weiteren Funktionen ergänzt, so gibt es beispielsweise eine zufällige Einstellung des Geräts mit einer zufallsbasierten Auswahl von periodischen Signalen. „Das virtuelle Oszilloskop ist also kein niedlicher Demonstrator, sondern eine seriöse Simulation für die Lehre“, erläutert der Mechatronik-Professor. Per Videokonferenz kann er seinen Studierenden auch bei Verständnisproblemen zu helfen. „Durch die Funktion zum Teilen des Bildschirms kann ich direkt den Zustand der Simulation auf dem studentischen Computer sehen und Hilfestellung geben, wenn’s hakt.“
Verwendung für diese spezielle Software gibt es nicht nur in Corona-Zeiten. „Viele unserer Studierenden wünschen sich, zusätzlich zu den offiziellen Laboren an den Geräten zu üben. Daher ist dieses virtuelle Oszilloskop eine ganz tolle Sache“, sagt Prof. Dr. Peter Zipfl begeistert. Der Professor lehrt im Studiengang „Optical Engineering“ an der Hochschule Aalen und hat das Tool ebenfalls schon mit seinen Studierenden getestet. „Die Software wird auch über Corona hinaus als zusätzliches Angebot in der Präsenzlehre in Anwendung bleiben“, ist sich Zipfl sicher.
Das Tool kann für private und nichtkommerzielle Nutzung frei verwendet werden. Dafür hat Prof. Dr. Stefan Hörmann unter www.VirtualScope.org eine Download-Seite eingerichtet. „Das virtuelle Oszilloskop ist weltweit interessant, denn alle haben derzeit dasselbe Problem: Das analoge Gerät ist kompliziert und teuer, aber die Studierenden müssen den Umgang damit auch in Corona-Zeiten lernen“, so Hörmann. „Es war schon immer einer meiner Träume, mal eine Software zu entwickeln, die weltweit angewandt wird“, sagt er und fügt hinzu: „Wer weiß? Manchmal werden Träume ja wahr…“
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