RAW Phototriennale präsentiert neue Ausstellung „Fokus Nordwest“
Eine Gartenlaube weckt unwillkürlich Vorstellungen von Spießer-Idylle – die Hecken millimetergenau beschnitten und Gartenzwerge akkurat drapiert zur Schau gestellt. Verena Gilhaus dokumentiert in »24m2« den Wandel in der alteingesessenen Schrebergartenkultur. Die Flucht aus der Stadtwohnung und das wachsende Verlangen nach einem eigenen Fleckchen Grün am Stadtrand verändern die Gärten und die Gemeinschaften.
»The Unstory Told« von Anna Heydel erzählt die Geschichte einer Transformation: Das Auge sieht eine scheinbare Geschichte, die von ähnlichen Elementen, wiederkehrenden und doch anders gemeinten Linien und Kategorien in einen Zusammenhang gesetzt wird, der sich der betrachtenden Person assoziativ anbietet. Es entsteht eine andere Welt in dieser. Dabei folgt die Geschichte einer offenen Logik, die sich dem visuellen Strudel der Möglichkeiten und der Freude an der Umformung der Dinge hingibt.
Helmut von Kotzebues Fotografien sind nur auf den ersten Blick abstrakt. Denn dahinter stehen Motive aus der Architektur, die der Fotograf kunstvoll reduziert und entfremdet, ohne sie zu bearbeiten. Er nutzt vielmehr Linien, Flächen und Formen, die – ins rechte Licht gesetzt – neue, fotografische Wirkungen entfalten. Oberflächenstrukturen und die Auswahl des Bildausschnittes sind für von Kotzebue dabei von besonderem Interesse und machen seine Motive zu Licht-Bildern im besten Sinne.
Abgenutzt, gebraucht oder verbraucht? Götz-Michael Müller stellt die »Schönheit der Vergänglichkeit« in den Mittelpunkt seiner Arbeiten. Er fotografiert im letzten Augenblick, bevor der Bagger oder die Abrissbirne anrücken, und erweist seinen Motiven sozusagen die letzte Ehre. Bilder laden ein, der Geschichte nachzuspüren, die sich dahinter verbergen mag.
»Auf ähnliche Weise« – so lautet der übersetzte Titel der Fotoreihe von Daniel Niedermeierund Jan A. Staiger. Sie spüren Orten nach, die Labore sind für Veränderungen und die Eliminierung gesellschaftlich nicht gewollter Fehler. Die Fotografen besuchen Orte und Schnittstellen, an denen der Mensch experimentieren, optimieren und scheitern kann. Labore des scheinbaren Fortschritts – mal versteckt, mal für jeden sichtbar. In ihnen werden in der Industrie und Sicherheit, der Medizin und Pädagogik sowie der Unterhaltungsbranche die Weichen für Veränderungen gestellt, deren Auswirkungen wir als Gesellschaft auf lange Sicht spüren werden.
»Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.« Dirk Opitz folgt dem Klassiker von Udo Jürgens und untersucht das Leben in der heutigen Gesellschaft im sogenannten 3. Lebensabschnitt, den Ruhestand, das Rentnerdasein? Wie stellen sich Altersarmut, Demenz und Vereinsamung dar? Und wie dokumentiert sich die andere Seite? Viele Alte sind aktiv und unternehmungslustig, weit entfernt von gesellschaftlicher Isolation. Der Fotograf bewegt sich sensibel zwischen diesen beiden Polen und zeichnet das Bild einer ganzen Generation.
Lüftungsklappen, Rollläden, Paneele und Fliesen, Mauervorsprünge, Hausecken und Witterungsspuren: im städtischen Alltag beinahe unsichtbar und vom flüchtigen Betrachter zumeist ignoriert. Martin Voßwinkel greift in diese Alltäglichkeiten ein und erschafft mit kleinen Farbflächen und wie zufällig hingestellten andersfarbigen Elementen eine neue und künstlerische Realität. Fotografisch dokumentiert er diese Eingriffe, sodass seine Interventionen und die Fotografien, die sie dokumentieren, zu einem Werk verschmelzen, in dem reale Referenz und künstlerischer Eingriff gleichsam zum Medium und zum Ort einer Transformation werden.
RAW 2020 – RAW – Phototriennale Worpswede
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