Studie zeigt: Investoren und Banken verschwenden Milliarden an Europas Kohleriesen
Die Studie hat untersucht, welche europäischen Banken und Investoren die wichtigsten acht Kohlekonzerne in Europa am stärksten finanziell unterstützen: RWE (Deutschland), PGE (Polen), EPH (Tschechien), ČEZ (Tschechien), Enel/Endesa (Italien/Spanien) und Fortum/Uniper (Finnland/Deutschland).[2] Sie stehen für die Hälfte aller kohlebasierten CO₂-Emissionen in der EU.
Die größte Unterstützung europäischer Banken in Form von Krediten oder Unterstützung bei Aktien- und Anleihe-Geschäften kam demnach von UniCredit (2,8 Mrd. €), BNP Paribas (2,1 Mrd. €), Barclays (1,7 Mrd. €) und Société Générale (1,3 Mrd. €), gleichauf mit Deutsche Bank (1,3 Mrd. €).
Größter europäischer Investor im Untersuchungszeitraum ist mit 1,5 Milliarden Euro der Norwegische Pensionsfonds. Dies wird sich aufgrund der im Juni deutlich verschärften Kohleausschluss-Richtlinie des Fonds allerdings bald ändern – unter anderem teilte der Fonds mit, seine RWE-Anteile verkaufen zu wollen.[3] Neue Nummer eins wäre dann die bisher zweitplatzierte Crédit Agricole mit 1,4 Milliarden Euro. Die französische Bank hat zwar ebenfalls einen umfassenden Kohleausstieg beschlossen, diesen allerdings noch nicht umgesetzt. Es folgen auf Rang drei die Allianz mit 1,1 Milliarden und auf Rang vier die Deutsche Bank mit 1 Milliarde Euro an gehaltenen Aktien und Anleihen.
Der insgesamt wichtigste Investor der größten europäischen Kohlekraftwerksbetreiber kommt allerdings aus den USA. BlackRock ist in alle untersuchten Unternehmen über Aktien und Anleihen im Wert von 7 Milliarden Euro investiert – mehr als die vier größten europäischen Investoren zusammen.
Die Ergebnisse wirken mit Blick auf die zahlreichen neuen Kohleausschluss-Richtlinien von Banken und Investoren zunächst überraschend. Allein zwischen Januar und Juni 2020 haben europäische Finanzinstitutionen im Schnitt fast eine neue Richtlinie pro Woche veröffentlicht, die deren finanzielle Verbindungen zur Kohleindustrie begrenzen. Insbesondere die Banken gehen jedoch nicht konsequent genug gegen ihre Kohlegeschäfte vor.
Beispiel Allianz: Europas größte Vermögensverwalterin hat in den Jahren 2015 und 2018 Kohlerichtlinien beschlossen: Die nun entdeckten Kohleinvestitionen hat die Allianz vor allem für externe Kund*innen getätigt, die sie über ihre Tochtergesellschaften Allianz Global Investors und PIMCO abwickelt. Die Allianz-Kohlerichtlinien greifen für solche Investitionen für Dritte nicht. Die eingeführten Kohle-Ausschlüsse gelten nur für die Eigenanlagen des Konzerns. Diese machen nur gut ein Viertel des gesamten verwalteten Vermögens in Höhe von rund 2,3 Billionen Euro aus.
Katrin Ganswindt, Kohle-Campaignerin bei urgewald, kommentiert:
„Die Allianz hat große Schritte im Kohlebereich gemacht, aber längst nicht genug getan. Wenn ihre Klimapläne glaubwürdig sein sollen, darf sie auch im Auftrag für externe Kund*innen keine fossilen Geschäfte mehr machen.“
Beispiel Deutsche Bank: Wie die Studie zeigt, hat die größte Privatbank Deutschlands eine der schwächsten Kohle-Richtlinien unter den großen europäischen Finanzinstitutionen. Sie hat keine konkreten Ausschlüsse für Kohlefirmen formuliert, sondern setzt lediglich auf globale Reduktionsziele für den Sektor insgesamt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie zu sämtlichen untersuchten kohlebasierten Energieversorgern Geschäftsbeziehungen unterhält.
Dies steht im Widerspruch zum nötigen Kohleausstieg. Studien zeigen, dass sich Europa bis 2030 von der Kohle verabschieden muss, will es seinen Beitrag für das Gelingen der Klimaziele von Paris leisten.[4]
Ganswindt kommentiert: „Die Deutsche Bank bezeichnet sich selbst gern als ‚Klimabotschafterin‘, doch das ist ein Zerrbild. Nicht nur Energieversorger, auch Banken brauchen einen klar formulierten Ausstiegspfad, an dem sich Kunden und Investoren orientieren können. Finanzgrößen wie die Weltbank-Tochter IFC machen es vor und wenden die Global Coal Exit List von urgewald an für einen konsequenten und messbaren Kohleausstieg.“
Mit Blick auf BlackRock ergänzt Ganswindt: „BlackRock hat zwar zu Beginn des Jahres einen ersten Kohleausschluss für seine aktiv gemanagten Investitionen verkündet. Die Kriterien sind allerdings so schwach, dass nicht einmal 20 Prozent der Kohleindustrie davon betroffen sind.“
Kaarina Kolle, Autorin der Studie, sagt mit Blick auf die Gesamtergebnisse: „Alle Finanzinstitutionen, die wir untersucht haben, behaupten, sie würden ihre Kohlegeschäfte einschränken. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die Banken und Investoren geben sich oft viel Mühe ihre Kohlerichtlinien positiv aussehen zu lassen. Und doch lassen sie weiter Geld für den schmutzigen Energieträger fließen. Es ist an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Wenn Unternehmen keinen Kohleausstiegsplan bis 2030 haben, müssen Investoren und Banken sie sofort ausschließen.“
Link zur Studie: https://beyond-coal.eu/wp-content/uploads/2020/07/FoolsGold2020_final.pdf
1 Die Studie erscheint seit 2018 im jährlichen Rhythmus
2 Untersucht wurden die gehaltenen Aktien und Anleihen der Investoren zum Stand Februar 2020. Bei den Banken wurden die Kreditvergabe und Investmentbanking-Dienstleistungen im Zeitraum November 2018, kurz nachdem der 1,5-Grad-Sonderbericht des Weltklimarats IPCC veröffentlicht wurde, bis Dezember 2019 analysiert. Der IPCC-Bericht hat wie kein zweiter die Dringlichkeit eines schnellen Kohleausstiegs wissenschaftlich untermauert.
3 Rechnet man diesen Posten heraus, liegt der Fonds auf Platz zwei mit 1,2 Milliarden Euro.
4 Vgl. Climate Analytics, Coal phase out in the European Union: https://climateanalytics.org/…
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