Kunst & Kultur

Briefkonvolut von Else Lasker-Schüler geht ans Deutsche Literaturarchiv Marbach

Dieses Konvolut ist eine kleine Sensation: Auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse konnte das Deutsche Literaturarchiv Marbach Anfang des Jahres mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder 64 Postkarten und Briefe von Else Lasker-Schüler an den Literaturkritiker und Mäzen Nicolaas Johannes Beversen (1860–1932) erwerben. Auf überraschende Weise wirft diese Korrespondenz ein neues Licht auf das Leben und Werk der Dichterin und profiliert sie noch einmal stärker als europäische Stimme. Bislang finden sich von Beversen, der in Leiden lebte, in den Lasker-Schüler-Biografien und -Editionen nur vereinzelte Spuren. In der kritischen Ausgabe ihrer Korrespondenzen wird er zwar als holländischer Unterstützer erwähnt, Briefe an ihn aber fehlten bisher. Das neuerworbene Konvolut ergänzt im Deutschen Literaturarchiv eine umfangreiche Sammlung von Autographen Else-Lasker Schülers.

Else Lasker-Schülers Postkarten und Briefe an Nicolaas Johannes Beversen befanden sich jahrzehntelang in Privatbesitz. Bereits zu Beginn der 60er-Jahre wurde darüber nachgedacht, sie zu publizieren, aber es kam nie zu einer Veröffentlichung. Anschließend gerieten die Dokumente in Vergessenheit, bis sie im Januar 2020 überraschend vom Antiquariaat Forum BV (Utrecht) auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse angeboten wurden. Außergewöhnlich ist besonders die Länge des Kontakts zwischen Lasker-Schüler und Beversen im erworbenen Konvolut: Es finden sich Dokumente aus den Jahren 1905 bis 1931, also fast aus Lasker-Schülers gesamter Berliner Zeit. Seit dem Ende ihrer Ehe mit Herwarth Walden 1912 verlor ihr Leben nie mehr das Provisorische und Improvisierte. Sie hatte nie wieder eine eigene Wohnung. In dieser Situation wurde Beversen für sie eine wichtige Stütze. Die längste Zeit lebte Lasker-Schüler im Hôtel Koschel in der legendären Motzstraße, dem heutigen Hotel Sachsenhof. Wenn überhaupt irgendwo, dann fühlte sie sich hier, inmitten des damals wohl experimentierfreudigsten Berliner Kiezes, zu Hause. Wie kaum eine andere Schriftstellerin und Künstlerin steht Else Lasker-Schüler heute stellvertretend für den expressionistischen Aufbruch, vor allem in Berlin, und die Revolution des Lebensstils und der Vorstellungen von den Geschlechterrollen in den 20er Jahren.

In der ersten Folge der Reihe SateLit, eine Kooperation der Stiftung Brandenburger Tor mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, werden die 64 eindrucksvollen Handschriften des Konvoluts erstmalig öffentlich vorgestellt (Eröffnung: 25. August); anschließend im Literaturmuseum der Moderne.

 

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