Neue Forschungsergebnisse entschlüsseln Herkunft der „goldenen Pforte“ von St. Alban zu Mainz
1845 machten Arbeiter bei Grabungen in der Albanschanze in Mainz einen überraschenden Fund: ein zweiflügliges, kunstvoll verziertes Tor aus Bronze. Den rechten Flügel dieser Transennentür zerschlugen die Arbeiter, um die Einzelteile zu verkaufen. Der linke Türflügel konnte gerettet werden und gelangte in die Sammlung Nassauischer Altertümer, die sich heute im Stadtmuseum Wiesbaden befindet. Er misst 2,40 mal 0,95 Meter. Auffällig ist die kunstvolle Gestaltung: Die Tür besteht aus zwei unterschiedlich großen Feldern mit Durchbruchornamentik – oben mit einem Rautenmuster, unten mit einem Schuppenmuster. Den Rahmen ziert eine Schmuckleiste mit stilisierten Blüten. Die drei Elemente wurden jeweils aus Bronze gegossen, einem überaus kostbaren Material.
Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der gefundenen Bronzetür um jene „porta aurea" – also „goldene Pforte" – handelt, die einst zur prunkvollen Ausstattung der Kirche des bedeutenden Reichsklosters St. Alban gehörte. Der Fundort befindet sich in unmittelbarer Nähe des einstigen Kosters. Karl der Große förderte den Kirchenneubau des bereits seit dem 5. Jahrhundert nachweisbaren St. Alban, der 805 eingeweiht wurde. Auch seine vierte Ehefrau ließ der Kaiser dort bestatten. Das Kloster wurde unter ihm zu einem bedeutenden Zentrum des fränkischen Reiches. Bis zum 11. Jahrhundert fanden wichtige Synoden, Konzile und Reichstage nicht im Mainzer Dom, sondern in St. Alban statt. 1552 wurde das Kloster bei einem Angriff zerstört und die Überreste schließlich 1632 im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden abgetragen. Von der „goldenen Pforte" fehlte viele Jahrhunderte lang jegliche Spur. Umso bemerkenswerter, dass diese „Wiederentdeckung“ für die Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht" nach Mainz zurückkehrt. Frisch restauriert und in Verbindung mit neuesten Forschungsergebnissen ist sie ab 9. September 2020 ein Höhepunkt der Präsentation im Landesmuseum Mainz.
Bei der Erforschung setze die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz auf die Fachexpertise eines langjährigen Partners. An den Reiss-Engelhorn-Museen befindet sich das international renommierte Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie. Ein Spezialgebiet des Forschungszentrums ist die naturwissenschaftliche Untersuchung von archäologischen und historischen Metallobjekten aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen. So haben die Mannheimer Experten sich unter anderem mit der Erforschung der Himmelsscheibe von Nebra, Goldfunden aus Troia oder dem Goldschmuck des Fürsten von Hochdorf einen Namen gemacht.
Jedes Metallobjekt verfügt über eine Signatur, die es den Wissenschaftlern ermöglicht, nachzuweisen, wo das Material abgebaut wurde. An der Pforte aus Mainz wurden drei Proben entnommen und in Mannheim untersucht. Bei der für die Fertigung verwendeten Bronze handelt es sich um eine Legierung aus Kupfer, Zinn und Blei. Die genaue chemische Zusammensetzung konnte mittels einer energiedispersiven Röntgenfluoreszenzanalyse ermittelt werden. Danach wurde das Blei in mehreren Schritten gelöst und in einem Multi-Kollektor-Massenspektrometer das Bleiisotopenverhältnis bestimmt. Aufgrund der Daten kamen die Experten der Herkunft des Bleis auf die Spur. Dabei kristallisierte sich eine Bleilagerstätte im Rheinischen Schiefergebirge heraus – in Mechernich in der Eifel. Bereits in römischer Zeit wurde dort Blei abgebaut und in Germanien verarbeitet. Bei der Bronzetür handelt es sich also um ein Meisterwerk aus unserer Region und nicht wie lange Zeit angenommen um einen Import aus Italien.
Den Türrahmen ziert ein besonderes Pflanzenmotiv: ein sogenanntes Herzkymation. Dieses Schmuckelement war bei den Römern in einem bestimmten Zeitraum beliebt. Deswegen datieren die Archäologen die Tür zwischen 40 und 70 n. Chr. Aber stammt das Objekt wirklich aus römischer Zeit? Schmückte es bereits in „Moguntiacum“ – wie Mainz in der Römerzeit hieß – ein wichtiges Gebäude und wurde später beim Bau von St. Albans wiederverwendet? Eine zweite These geht davon aus, dass die Tür im Mittelalter unter Karl dem Großen gegossen wurde. Die Analysen am CEZA haben ergeben, dass die Zusammensetzung der Bronze sehr ungewöhnlich für eine Datierung auf die römische Zeit ist. Der Anteil an teurem Zinn ist sehr hoch. Allerdings fehlen aktuell ausreichend Vergleichsdaten, um die Tür eindeutig der Karolingerzeit zuordnen zu können. So bleiben weiter Geheimnisse um die „goldene Pforte“ von St. Alban, die es in Zukunft noch zu entschlüsseln gilt.
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