Chance, Bürger stärker in Energiewende einzubinden, erneut verpasst
Photovoltaik-Anlagen Speichersysteme, Wärmepumpen, Energiemanagementsysteme, intelligente Gebäudesteuerungen, Kommunikations- und Ladeeinrichtungen für Elektromobilität – fast alle Bereiche, in denen die mehr als 50.000, vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) vertretenen, elektrohandwerklichen Betriebe tätig sind, haben Einfluss auf die Energiewende. Sollen die Klimaziele der Bundesregierung erreicht und die dezentrale Energieversorgung erfolgreich fortgesetzt werden, braucht es demnach elektrohandwerkliches Know-how.
Für den ZVEH ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber mit dem Entwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 (EEG 2021) Potential zur Beschleunigung der Energiewende ungenutzt lässt und darauf verzichtet, Besitzer privater Solaranlagen als Treiber und Multiplikator einer erfolgreichen Energiewende stärker einzubinden. Ihre Kritik hat die elektrohandwerkliche Organisation in einer Stellungnahme zusammengefasst, die sie am gestrigen Tag (17.) an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) übergab.
„Der im EEG 2021 skizzierte Ausbaupfad für Erneuerbare-Energien-Anlagen ist unterambitioniert und die Konzepte zur Integration von Erzeuger- und Verbrauchsanlagen in Stromnetze und Märkte sind nicht ausgereift“, bringt ZVEH-Präsident Lothar Hellmann die Kritik der Elektrohandwerke auf den Punkt: „Auf diese Weise können die im Klimaschutzpaket verankerten Ziele nicht erreicht werden!“
Zu späte Reaktion des Gesetzgebers
Erfreulich ist aus Sicht des ZVEH zwar, dass sich das EEG 2021 mit dem Weiterbetrieb aus der Förderung fallender Photovoltaik-Anlagen befasst. Dies geschieht jedoch zu einem viel zu späten Zeitpunkt. So war seit Jahren bekannt, dass Ende 2020 die ersten 10.000 und bis 2025 sogar 130.000 Anlagen aus der Förderung fallen würden. Auf den dringenden Handlungsbedarf war von der elektrohandwerklichen Organisation – wie auch von anderen Marktakteuren – immer wieder hingewiesen worden. Vorgelegt wurde der Gesetzentwurf vom BMWi jedoch erst wenige Monate vor dem seit 20 Jahren bekannten Förderstopp. Überdies wurden wichtige Marktteilnehmer im Vorfeld nicht ausreichend eingebunden.
Fehlende Anreize für den Weiterbetrieb ausgeförderter Anlagen
Der nun vorgelegte Entwurf für das EEG 2021 ist nach Ansicht des ZVEH nicht dazu angetan, Besitzer ausgeförderter Solaranlagen zum Weiterbetrieb zu motivieren. So sehen sich diese aufgrund des Wegfalls der Förderung nicht nur mit drastisch sinkenden Einnahmen konfrontiert, wenn sie sauberen, selbst erzeugten Strom weiterhin ins Netz einspeisen. Entscheiden sie sich dafür, den erzeugten Strom selbst zu nutzen, kommen – neben der EEG-Umlage – sogar zusätzliche Kosten auf sie zu. Denn der Gesetzesentwurf sieht in diesem Fall eine Verpflichtung zur Installation intelligenter Messeinrichtungen für Anlagen ab einer Leistung von 1 Kilowatt (kW) vor. Da eine Bereitstellungsgebühr für die smarten Messgeräte (Smart Meter) erhoben wird, müssen Anlagenbetreiber mit monatlichen Mietkosten rechnen. Der Weiterbetrieb der Anlage wird dadurch noch unattraktiver.
Kritik übt der ZVEH dabei nicht an dem für die Digitalisierung der Stromnetze unverzichtbaren Roll-out intelligenter Messeinrichtungen, sondern an dem Schwellenwert. Diesen hält der Verband für viel zu niedrig, da von der Ausstattungspflicht bereits sehr kleine Anlagen betroffen wären, für deren Besitzer die intelligenten Messgeräte einen unnötigen Kostentreiber darstellen würden.
Ausbau der dezentralen Energieversorgung gefährdet
Sollte als Folge mangelnder Investitionsanreize der Anteil privater, ins öffentliche Netz einspeisender Solaranlagen in großem Maße sinken, würde dies nicht nur den Ausbau der dezentralen Energieversorgung konterkarieren. Auch die Klimaziele der Bundesregierung wären gefährdet. Zudem bestünde bei gleichzeitiger Reduktion der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen die Gefahr einer Versorgungslücke.
EEG-Umlage abschaffen
Um weitere Anreize für eine dezentrale Stromerzeugung zu schaffen, setzt sich der ZVEH schon seit langem für die Streichung der EEG-Umlage, für mehr Flexibilität im Hinblick auf die Nutzung eigenerzeugten Stroms sowie für eine bezahlbare Energiewende ein. „Gebäudenutzern und Anlagenbetreibern muss es ermöglicht werden, selbst erzeugte Energie flexibel zu speichern, zu nutzen oder ins Netz einzuspeisen. Dies wird jedoch durch bürokratische Hürden und unnötige Kosten verhindert“, so Daniel Erdmann, Referent Technik und Wirtschaft beim ZVEH.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke appelliert daher an den Gesetzgeber, die noch verbleibenden Monate bis zum Inkrafttreten des EEG 2021 – voraussichtlich am 1. Januar 2021 – zu nutzen, um in den Dialog mit allen relevanten Marktakteuren zu gehen und die Gesetzesvorlage an entscheidenden Stellen nachzubessern.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) vertritt die Interessen von 50.164 Unternehmen aus den drei Handwerken Elektrotechnik, Informationstechnik und Elektromaschinenbau. Mit 510.977 Beschäftigten, davon 44.746 Auszubildende, erwirtschaften die Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 66,1 Milliarden Euro. Dem ZVEH als Bundesinnungsverband gehören 12 Landesverbände mit 320 Innungen an.
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