DMP Brustkrebs: IQWiG sieht Aktualisierungsbedarf bei vielen Versorgungsaspekten
Im DMP Brustkrebs, zuletzt aktualisiert zum 1. Oktober 2018, waren im Juni 2019 bundesweit insgesamt 130 293 gesetzlich Krankenversicherte eingeschrieben; in der Region Nordrhein waren es im Jahr 2018 rund 20 % der Brustkrebs-Patientinnen.
Im Auftrag des G-BA hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun aktuelle evidenzbasierte Leitlinien zu Brustkrebs identifiziert, deren Empfehlungen mit der DMP-A-RL abgeglichen und Diskrepanzen zwischen den Leitlinien und der DMP-A-RL aufgezeigt. Fast alle Versorgungsaspekte des gültigen DMP Brustkrebs sollten oder könnten demnach überarbeitet werden, resümieren die IQWiG-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler nach Auswertung von insgesamt 829 Empfehlungen in 22 evidenzbasierten Leitlinien (darunter nur eine deutsche). In ihrem heute veröffentlichten Vorbericht zur Leitlinien-Recherche DMP Brustkrebs verweist die Projektgruppe zudem auf zwei neue zusätzlich relevante Themen für das DMP.
Stellungnahmen zum Vorbericht sind möglich bis zum 30.09.2020.
Überarbeitungsbedarf bei systemischer Therapie und bei Strahlentherapie
Brustkrebs ist mit rund 69 000 Neuerkrankungen pro Jahr die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. In seltenen Fällen kann Brustkrebs auch bei Männern auftreten (2016 wurden 710 Neuerkrankungen bei Männern registriert). Die relative 10-Jahre-Überlebensrate lag 2016 bei Frauen bei 82 % und bei Männern bei 72 %.
Vor allem bei der systemischen Therapie des Brustkrebses – also bei Therapien, die wie Chemotherapien im ganzen Körper wirken – haben sich in den letzten Jahren einige wichtige Änderungen ergeben, die im aktuell gültigen DMP Brustkrebs noch nicht berücksichtigt sind. So wird heute teilweise bereits vor der Operation ein großzügiger Einsatz systemischer Therapien empfohlen. Auch für Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs hat sich die Therapie fortentwickelt.
Im Gegensatz zur DMP-A-RL empfehlen die aktuellen Leitlinien darüber hinaus biomarkerbasierte Tests. Der G-BA hat im Juni 2020 einen ersten biomarkerbasierten Test zur Unterstützung der Therapieentscheidung für oder gegen eine Chemotherapie bei Brustkrebs ohne Lymphknotenbefall (in einer bestimmten Fallkonstellation) in die Regelversorgung aufgenommen. Auch hier sieht das IQWiG deshalb Aktualisierungsbedarf.
Zudem wird in der derzeit aktuellen Version der DMP-A-RL die ovarielle Suppression bei prämenopausalen Patientinnen mit HR-positivem Mammakarzinom und erhöhtem Rezidivrisiko noch nicht erwähnt.
In der Strahlentherapie wird vor allem für ältere Patientinnen zunehmend eine deeskalierende Strategie mit kürzerer Gesamtbehandlungszeit aber höheren Einzeldosen oder auch alleiniger Teilbrustbestrahlung verfolgt. Zudem haben sich unter anderem auch Diskrepanzen bei den Empfehlungen zur Hautpflege ergeben, die bei einer Aktualisierung des DMP Brustkrebs berücksichtigt werden sollten, heißt es im IQWiG-Vorbericht.
„Brustkrebs des Mannes“ sowie „Brustkrebs und Schwangerschaft“ noch nicht thematisiert
Der IQWiG-Vorbericht hebt hervor, dass die Versorgung älterer Patientinnen in der DMP-A-RL gezielt und ausführlicher erörtert werden sollte.
Die Projektgruppe fand in den Leitlinien darüber hinaus auch Versorgungsaspekte, die bisher nicht in der DMP-A-RL thematisiert werden: „Brustkrebs des Mannes“ sowie „Brustkrebs und Schwangerschaft“.
Keine Diskrepanzen zwischen den Leitlinienempfehlungen und der DMP-Anforderungs-Richtlinie sieht das IQWiG lediglich bei den Punkten „Vorgehen bei nicht tastbarem Befund“, „Mastektomie“, „Brustkrebs und Multimorbidität“ und „Kardiotoxizität“ sowie bei den palliativmedizinischen Maßnahmen.
Zum Ablauf der Berichterstellung
Der G-BA hat das IQWiG am 22.11.2019 mit einer Leitliniensynopse zur Aktualisierung des DMP Brustkrebs beauftragt. In die Bearbeitung des Projekts wurden externe Sachverständige eingebunden. Bei dem vorliegenden Vorbericht handelt es sich um eine vorläufige Bewertung. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist am 30.09.2020 gesichtet. Sofern sie Fragen offenlassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen. Im Anschluss erstellt das IQWiG den Abschlussbericht.
Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können
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