Klimakiller Reichtum: Das reichste 1 Prozent schädigt das Klima doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt
Der Bericht „Confronting Carbon Inequality” wertet aus, für wie viel CO2-Ausstoß die einzelnen Einkommensgruppen verantwortlich sind. Analysezeitraum sind die klimapolitisch wichtigen Jahre zwischen 1990 und 2015, in denen sich die klimaschädlichen Emissionen weltweit verdoppelt haben. Für diesen Anstieg sind insbesondere die reichsten 10 Prozent verantwortlich, nicht die globale Mittelklasse, wie häufig angenommen wird. Ungleichheit spielt für die Beschleunigung der Klimakrise eine entscheidende Rolle:
- Die reichsten 10 Prozent (630 Millionen Menschen) sind für über die Hälfte (52 Prozent) der CO2-Emissionen verantwortlich, die zwischen 1990 und 2015 verbraucht wurden. Das reichste 1 Prozent verbrauchte alleine 15 Prozent, während die ärmere Hälfte der Menschheit nur für 7 Prozent verantwortlich war.
- Von dem nach 1990 noch verfügbaren globalen Emissionsbudget verbrauchten die reichsten 10 Prozent alleine ein Drittel, die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung dagegen nur 4 Prozent. Das Emissionsbudget beziffert den maximalen Betrag an CO2, den die Menschheit in die Atmosphäre blasen darf, ohne dass die Erderwärmung auf über 1,5 Grad steigt – der Grenze für eine unkontrollierte Klimakatastrophe.
- Die reichsten 10 Prozent der deutschen Bevölkerung, zu denen 8,3 Millionen Menschen zählen, sind für 26 Prozent der (deutschen) CO2-Emissionen verantwortlich, die seit 1990 in die Luft geblasen wurden. Nur etwas mehr (29 Prozent) hat die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung verbraucht, die fünf Mal so viele Menschen umfasst (41,5 Millionen Menschen).
- Im Jahr 2015 verbrauchten die reichsten 10 Prozent in Deutschland sogar mehr CO2 als die ärmere Hälfte der Bevölkerung.
„Die katastrophalen Folgen der Klimakrise sind schon heute vielerorts spürbar. Verantwortlich dafür ist eine Politik, die auf Konsumanreize setzt, immerwährendes Wachstums verspricht und die Welt ökonomisch in Gewinner und Verlierer spaltet. Für den Konsumrausch einer reichen Minderheit zahlen die Ärmsten den Preis“, sagt Ellen Ehmke, Analystin für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland.
Um die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, so Oxfams Kalkulation, müssten die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung ihre durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen bis 2030 auf ein Zehntel des bisherigen Werts senken. Dies würde die globalen Emissionen insgesamt um ein Drittel verringern. Ein Hebel hierfür ist der Verkehr: So zeigen andere aktuelle Studien, dass die reichsten 10 Prozent der Haushalte für fast die Hälfte des Energieverbrauchs verantwortlich sind, die auf den Verkehr über Land zurückgehen – und für drei Viertel des durch den Flugverkehr erzeugten Energieverbrauchs. Das Verkehrswesen ist für rund ein Viertel der weltweiten Emissionen verantwortlich und SUVs sind der zweitgrößte Emissionstreiber zwischen 2010 und 2018.
„Wir müssen die Klima- und die Ungleichheitskrise zusammen lösen. Der exzessive CO2- Verbrauch der Reichsten geht auf unser aller Kosten und muss eingeschränkt werden. Steuern für klimaschädliche SUVs und häufiges Fliegen wären ein erster Schritt. Die Einnahmen müssen Regierungen in klimaeffiziente Mobilität, in öffentliche Infrastruktur und Dienste sowie in soziale Absicherung investieren. Das lässt nicht nur die Emissionen sinken, sondern hilft auch Armut und Ungleichheit zu überwinden“, fordert Ellen Ehmke.
Redaktionelle Hinweise:
- Der Oxfam-Bericht „Confronting Carbon Inequality” und der gemeinsam mit dem Stockholmer Umweltinstitut erarbeitete Forschungsbericht „The Carbon Inequality Era“ (inklusive der globalen Daten) stehen unter folgendem Link zum Download bereit (Passwort: Oxfam, bitte Sperrfrist bis 21.9., 2:01 Uhr MESZ beachten): https://oxfam.box.com/v/Carbon-Inequality
- Methodologie: Grundlage des Oxfam-Berichts sind Schätzungen über so genannte Verbrauchsemissionen, d.h. den Emissionsverbrauch eines Landes, einschließlich der importbezogenen Emissionen, abzüglich der exportbezogenen. Die Verbrauchsemissionen eines Landes wurden den einzelnen Haushalten zugeteilt, basierend auf aktuellen Daten zur Einkommensverteilung. Die durch vielfache Studien belegte Annahme dahinter ist, dass die Emissionen in Abhängigkeit zum Einkommen zunehmen – und zwar innerhalb eines (landesspezifisch definierten) minimalen und maximalen Verbrauchs. Die Auswertung erfolgte für 117 Länder für die Jahre 1990 bis 2015. Ausführlichere Informationen zur Methodologie sind im Forschungsbericht enthalten.
- Die zitierten Studien über den Anteil der reichsten 10 Prozent am Land- und Flugverkehr sowie zum Emissionsverbrauch von SUVs sind unter folgenden Links verfügbar: https://www.nature.com/articles/s41560-020-0579-8 / https://www.iea.org/commentaries/growing-preference-for-suvs-challenges-emissions-reductions-in-passenger-car-market
Weitere Zahlen für Deutschland:
- Der Anteil an den deutschen CO2-Emissionen, für den die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung verantwortlich sind, ist zwischen 1990 und 2015 von 25 auf 29 Prozent gestiegen, während der Anteil beim übrigen Teil der Bevölkerung entweder gleichgeblieben ist oder sank. Das heißt die Reichsten in Deutschland schädigen im Verhältnis zum Rest der Bevölkerung das Klima stärker als 1990.
- Insgesamt sind die durchschnittlichen Pro-Kopf CO2-Emissionen der deutschen Bevölkerung zwischen 1990 und 2015 gesunken (von durchschnittlich tCO2 14,7 auf tCO2 10,8). Allerdings liegt der Durchschnittsverbrauch eines Deutschen immer noch viel zu hoch. Um das globale Emissionsbudget bis 2030 nicht zu sprengen, wäre ein globaler Durchschnitt von 2,1 tCO2 nötig. Die Emissionen der Reichsten 10 Prozent in Deutschland betrugen im Jahr 2015 fast 15 Mal so viel. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der ärmeren Hälfte der deutschen Bevölkerung überstiegen diesen Wert noch immer um fast das Dreifache.
Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 20 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.800 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.
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