Kyocera unterstützt ISS mit keramischen Bauteilen
Die Mannheimer Tochter des japanischen Konzerns Kyocera greift nach den Sternen: Ab dem Jahr 2023 werden die Zirkonrohre von Kyocera Fineceramics Solutions GmbH zur Erweiterung des elektromagnetischen Levitators (EML) auf der internationalen Raumstation ISS genutzt. Die Keramik-Produkte helfen bei der Sauerstoffmessung und sind somit Teil einer neuen Forschungseinrichtung, die stetig erweitert wird.
Der Levitator ist eine 360 kg schwere Anlage im Labor für Materialwissenschaft im Columbus-Modul und wurde 2014 von der ATV-5 (automated transfer vehicle) „Georges Lemaître“, einem unbemannten Versorgungsraumschiff, auf die ISS gebracht. Dort wurde die Anlage von Alexander Gerst installiert und in Betrieb genommen. Zudem hat er die Probenprozessierung begleitet. Mit dem Förderprogramm der europäischen Weltraumorganisation1 ist eine Erweiterung des EML um ein Gerät zur Sauerstoffmessung und -regulierung (EML OCS – EML Oxygen Sensing and Control System) geplant, die voraussichtlich 2023 in Betrieb gehen soll. Damit sind zusätzliche Messungen unter einer gezielt einstellbaren Sauerstoffatmosphäre möglich.
Kyocera liefert essentielles Material zur Sauerstoffmessung
Die zusätzliche Erweiterung der Anlange um die Möglichkeit der Sauerstoffregelung (OCS) wird metallisierte und verlötete Keramikrohre aus DEGUSSIT FZY von der Kyocera Fineceramics Solutions GmbH enthalten. Bei DEGUSSIT FZY handelt es sich um ein spezielles Material, das durch seine Ionenleitfähigkeit die präzise Sauerstoffmessung bei hohen Temperaturen ermöglicht. Diese Ionenleitfähigkeit wird nur durch die gezielte Einstellung der Zusammensetzung und des keramischen Mikrogefüges erreicht. Im Vorfeld wurden ausgiebige Tests der Baugruppen durchgeführt, um die Verwendbarkeit und Zuverlässigkeit unter den extremen Bedingungen eines Raketenstarts und der Schwerelosigkeit sicherstellen zu können.
Mit Yttriumoxid (Y203) dotiertes Zirkonoxid besitzt bei Temperaturen über 600°C eine Leitfähigkeit für Sauerstoff-Ionen. Diese Eigenschaft nutzen Festelektrolyt-Sensoren mit DEGUSSIT Keramik. Dabei dient die Zirkonoxid-Keramik als gasdichte Trennschicht zwischen zwei Gasen mit unterschiedlicher Sauerstoffkonzentration. Beidseitig mit Elektronenleitern versehen – wie beispielsweise mit einer Platinschicht – durchwandern Sauerstoff-Ionen die Keramik und lassen ein elektrisches Potenzial entstehen. So wird die elektrische Spannung gemessen und ermöglicht die Berechnung des Sauerstoffgehaltes des Messgases. Diese ist abhängig vom Unterschied in der Sauerstoffkonzentration der beiden Gase. Als Referenzgas wird häufig Luft verwendet.
Der EML im Einsatz
Mithilfe elektromagnetischer Felder positioniert der EML Metall- und Halbleiterproben freischwebend, zudem ermöglicht er ein Aufschmelzen der Stoffe sowie die Erfassung diverser Materialdaten bei verschiedenen Temperaturen. Der Prozess erfolgt unter einer Vakuum- oder Inertgas-Atmosphäre. Ohne den Kontakt zu einer Tiegelwand, der zu einer messtechnischen Beeinflussung durch den Kontakt zwischen Probe und Tiegel führen würde, oder den Einfluss der Schwerkraft, die zum Beispiel Konvektion und Entmischungsprozesse hervorruft, können Materialdaten genauer bestimmt und das Verhalten von Metalllegierungen und Halbleitern in der Schwerelosigkeit untersucht werden. Proben können bei Temperaturen zwischen 400 bis 2000 °C aufgeschmolzen werden. Die Materialdaten werden mittels einer Hochgeschwindigkeitskamera und eines Pyrometers (Strahlungsthermometer) erfasst.
Die EML-Anlage wurde von Airbus Defence and Space im Auftrag der europäischen Weltraumorganisation (ESA) und des Raumfahrtmanagements2 des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt. Gesteuert und überwacht wird der EML vom DLR Nutzerzentrum für Weltraumexperimente MUSC (Microgravity User Support Center) in Köln. Die EML-Anlage erzielt seit ihrer Inbetriebnahme wertvolle Ergebnisse im Bereich der materialwissenschaftlichen Forschung und wird von den Auftraggebern ESA und DLR auch in Zukunft unterstützt und um neue Funktionalitäten erweitert.
Armin Kayser, Geschäftsführer von Kyocera Fineceramics Solutions, zeigt sich sehr erfreut über die Zusammenarbeit: „Teil eines so großen und prestigewürdigen Projekts zu sein erfüllt uns mit Stolz. Es zeigt, dass unsere harte und vielfältige Arbeit im Bereich Keramik international wertgeschätzt wird und dazu beiträgt die Forschung weiter voranzutreiben“.
1 ESA Contract 21788/08/NL/BJ [EML (Electro-Magnetic Levitator) Phase B2/C/D Development] – Contract Change Notice 49 [EML OCS (Oxygen sensing and Control System) Phases C/D/E1 Development
2 DLR Raumfahrtmanagement Verträge 50WP0505, 50WP0606, 50WP0808
Die hier geäußerte Ansicht ist weder als offizielle Meinung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) noch des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu verstehen.
Für weitere Informationen zu Kyocera: www.kyocera.de
Die Kyocera Corporation mit Hauptsitz in Kyoto ist einer der weltweit führenden Anbieter feinkeramischer Komponenten für die Technologieindustrie. Strategisch wichtige Geschäftsfelder der aus 298 Tochtergesellschaften (31. März 2020) bestehenden Kyocera -Gruppe bilden Informations- und Kommunikationstechnologie, Produkte zur Steigerung der Lebensqualität sowie umweltverträgliche Produkte. Der Technologiekonzern ist weltweit einer der erfahrensten Produzenten von smarten Energiesystemen, mit mehr als 40 Jahren Branchenfachwissen. 2020 belegte Kyocera Platz 549 in der "Global 2000"-Liste des Forbes Magazins, die die größten börsennotierten Unternehmen weltweit beinhaltet.
Mit etwa 75.500 Mitarbeitern erwirtschaftete Kyocera im Geschäftsjahr 2019/2020 einen Netto-Jahresumsatz von rund 13,33 Milliarden Euro. In Europa vertreibt das Unternehmen u. a. Drucker und digitale Kopiersysteme, Halbleiter-, Feinkeramik-, Automobil- und elektronische Komponenten sowie Druckköpfe und keramische Küchenprodukte. Kyocera ist in Deutschland mit fünf eigenständigen Gesellschaften vertreten: der Kyocera Europe GmbH in Neuss und Esslingen, der Kyocera Fineceramics Precision GmbH in Selb, der Kyocera Fineceramics Solutions GmbH in Mannheim, der Kyocera Automotive and Industrial Solutions GmbH in Dietzenbach sowie der Kyocera Document Solutions GmbH in Meerbusch.
Das Unternehmen engagiert sich auch kulturell: Über die vom Firmengründer ins Leben gerufene und nach ihm benannte Inamori-Stiftung wird der imageträchtige Kyoto-Preis als eine der weltweit höchstdotierten Auszeichnungen für das Lebenswerk hochrangiger Wissenschaftler und Künstler verliehen (umgerechnet zurzeit ca. 828.000 Euro*).
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