Neuerscheinung: Buch zu Vereinbarkeit und Konflikt von Klima- und Artenschutz am Beispiel des Fledermausschutzes in Windkraftvorhaben
Das Buch ist „open access“ erschienen und steht vollständig und kostenlos zum Download zur Verfügung: https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-662-61454-9
Das Buch stellt im ersten Teil den Kenntnisstand zur akustischen Erfassung von Fledermäusen an Windkraftanlagen, zur Interpretation dieser akustischen Daten sowie zum Schutz von Fledermäusen beim Bau und Betrieb von Windkraftanlagen an Waldstandorten dar. Im zweiten Teil werden die Ergebnisse neuer wissenschaftlicher Untersuchungen vorgestellt und diskutiert, die helfen, verschiedene Aspekte des Konfliktes und möglicher Lösungen besser zu verstehen. Im dritten Teil des Buches werden Konzepte und Ausblicke präsentiert, beispielsweise die Ergebnisse einer Umfrage unter Fachexpert*innen von Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen.
Die Energieproduktion aus Windkraft ist ein wesentlicher Faktor für die Erreichung der Ziele der Energiewende, da die aktuell vorhandenen 30.000 Windkraftanlagen (auf dem Festland) einen großen Teil des in Deutschland generierten Stroms aus erneuerbaren Quellen bereitstellen. Zugleich stellen die Anlagen erhebliche Gefahrenquellen für Vögel und Fledermäuse dar, wenn sie mit den Rotorblättern kollidieren. Fledermäuse können auch durch ein sogenanntes Barotrauma getötet werden, bei dem innere Organe durch die starken Luftdruckveränderungen in der Nähe der rotierenden Blätter zerrissen werden. Hochrechnungen gehen von zehn bis zwölf getöteten Fledermäusen pro Anlage und Jahr aus, wobei fernziehende Arten wie der Großer Abendsegler und die Rauhautfledermaus besonders gefährdet sind – diese beiden Arten machen rund 60 % der Schlagopfer aus. „Der Konflikt zwischen Fledermausschutz und Windenergieproduktion lässt sich als Konflikt zwischen zwei gleichwertigen politischen Zielen sehen, denen sich Deutschland verpflichtet hat“, sagt Herausgeber Christian Voigt. „Die EU-Richtlinie 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen konkurriert mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen sowie dem Bundesnaturschutzgesetz.“ Durch den hohen Anteil fernziehender Arten unter den Schlagopfern an Windkraftanlagen hat die Frage, ob die deutsche Energiewende einvernehmlich mit den Zielen des Biodiversitätsschutzes gestaltet werden kann, aus Sicht des Artenschutzes europäische Dimensionen, da Deutschland für den Schutz der fernziehenden Arten aufgrund seiner zentralen geografischen Lage in Europa eine Schlüsselstellung zufällt.
Aus diesen Gründen hat sich eine Beteiligung von Interessenvertretern des Artenschutzes in Windkraftvorhaben etabliert und es sind verschiedene Auflagen für den laufenden Betrieb entwickelt worden, um die Schlagopferzahl zu reduzieren. Dieser Aushandlungsprozess ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen, da der Sachstand zur Ausgangslage und zum Effekt unterschiedlicher Lösungsmöglichkeiten nur teilweise vorhanden ist. Das Team um Voigt hat sich daher in den vergangenen Jahren intensiv für den übergreifenden Dialog aller beteiligten Interessengruppen eingesetzt, um das Finden tragfähiger Kompromisse zu erleichtern. Das jetzt erschienene Buch fasst den Kenntnis- und Diskussionsstand zu dem grün-grünen Konflikt zusammen und bietet eine sachliche, evidenzbasierte und ausgewogene Grundlage für die Weiterentwicklung des Dialogs.
„Alle Interessengruppen in den Planungs- und Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen sind an einer ökologisch nachhaltigen Energiewende interessiert“, sagt Voigt. „Zudem fordert die Mehrheit einen intensiven Beitrag der Forschung zur Lösung des Grün-Grün-Dilemmas. Dies zeigt, dass der Forschungsbedarf groß ist und wir noch keinen Wissensstand erreicht haben, der alle Themenbereiche abdeckt. Nur durch belegbare Sachverhalte und einer daraus resultierenden konsequenten Umsetzung von Schutzmaßnahmen lässt sich eine ökologisch-nachhaltige Energiewende realisieren, welche einvernehmlich mit den Biodiversitätszielen Deutschlands praktiziert wird.“
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