Energie- / Umwelttechnik

Notfallzulassung zwingt zur Fortsetzung des Irrwitzes

Die gestern erteilte Notfallzulassung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist aus Sicht des Thüringer Bauernverbandes (TBV) in jeder Hinsicht unzureichend, da die Bekämpfung der Feldmausplage für nahezu alle betroffenen Thüringer Landwirt*innen weiterhin unmöglich sein wird. Grund hierfür ist, dass sämtliche Auflagen, die einen Einsatz von Rodentiziden in weiten Teilen Thüringens verbieten, ausnahmslos bestehen bleiben. So dürfen auch zukünftig aus Artenschutzgründen in allen Gebieten, in denen Feldhamster oder Haselmäuse möglicherweise vorkommen könnten, sowie in allen FFH-Gebieten und Rastplätzen von Zugvögeln keine Rodentizide ausgebracht werden. "Damit ist eine selektive Bekämpfung der Feldmäuse auf nahezu allen betroffenen Flächen schlicht unmöglich.", so TBV-Präsident Dr. Klaus Wagner. "Der Irrwitz geht somit weiter: Statt mit der Aussaat die Grundlage für eine erfolgreiche Ernte und damit unser aller Lebensmittelversorgung zu legen, füttern wir derzeit die Feldmäuse. Diese fressen nämlich die ausgesäten Körner und die jungen Pflanzen. Das ist nicht nur aus sozialer Sicht völlig widersinnig, sondern auch ökonomisch für uns Landwirt*innen desaströs", so die Kritik des Bauernpräsidenten.

Aus Sicht der Landwirt*innen ist eine Gefährdung anderer Arten durch den Einsatz der Rodentizide nicht zu befürchten, was die Entscheidung des BVL umso unverständlicher macht: "Bei einer sachgerechten verdeckten Ausbringung von Rodentiziden entsteht kein Schaden bei den Feldhamstern oder den Greifvögeln. Das bestätigen nicht nur Studien des staatlichen Julius-Kühn-Instituts eindeutig, sondern auch das BVL selber", so Wagner. Der Feldhamster ernährt sich von oberirdisch anfallendem Futter. Rodentizide werden jedoch verdeckt ausgebracht, sodass ein Kontakt durch den Feldhamster nicht besteht. Die Löcher der Feldmaus, in denen Köder ausgelegt werden dürfen, sind zu klein, als dass sich der Feldhamster Zugang verschaffen könnte.

Durch die Notfallzulassung ist in den Schutzgebieten eine Ausbringung von Rodentiziden nach wie vor erst ab 1. November möglich. Außerhalb der Artenschutzgebiete erlaubt die Notfallzulassung das Ausbringen des Pflanzenschutzmittels Ratron Giftweizen mit dem Wirkstoff Zinkphosphid vom 9. September 2020 bis 6. Januar 2021. Hierbei ist zusätzlich zu der bisher zugelassen Ausbringung mit der Legeflinte auch eine verdeckte Ausbringung mittels einer Köderlegemaschine (z.B. Wumaki Wühlmauspflug) möglich. Letzteres war bisher grundsätzlich verboten gewesen.

Alternativen zur Feldmausbekämpfung mit Rodentiziden, wie z.B. der verstärkte Einsatz des Pfluges, sind für die Feldhamster sehr problematisch, da hier neben den Mäusegängen auch Hamsterbauten zerstört werden. Zudem verringert sich durch die vermehrte Bodenbearbeitung das Futterdargebot nicht nur für die Feldmaus, sondern auch für den zu schützenden Feldhamster, da die Flächen "schwarz" gemacht werden und brach liegen. Die vermehrten Erdbewegungen führen außerdem zur Vergrämung des Hamsters. Eine weitere Nebenwirkung intensiver Bodenbearbeitung ist die Schädigung der Bodenstruktur. Zudem steigt die Verdunstung des Wassers und der Boden trocknet aus, was gerade mit Blick auf die derzeitige Trockenheit problematisch ist. Auch der Aufbau von Humus verringert sich.

Hintergrund

Die inzestuöse Massenvermehrung von Mäusen tritt i.d.R alle 5 bis zehn Jahre auf. Zuletzt geschah dies 2015. Derzeit sind allein in den am stärksten betroffenen Landkreisen Erfurt, Gotha, Sömmerda, Weimarer Land, llmkreis und Greiz bis zu 80 Prozent der gesamten Acker- und Grünlandflächen von der Feldmausplage betroffen. Trotz der Förderung von Greifvögeln oder Niederwild wie z.B. dem Fuchs, reichen diese Fressfeinde nicht aus, um die massenhafte Population der Feldmäuse zu dezimieren.

Eine effiziente Form der Schadnagerbekämpfung, wie der Feldmaus, stellt der Einsatz von Rodentiziden dar. Rodentizide gehören zur Klasse der chemischen Pflanzenschutzmittel. Zur Bekämpfung von Schadnagern sind in Deutschland im Rahmen des Pflanzenschutzes lediglich Mittel mit dem Wirkstoff Zinkphosphid zugelassen. Zinkphosphidköder werden hierbei gezielt in die Löcher der Nagetiere abgelegt oder in geeigneten Köderstationen verwendet. Durch eine sachgerechte Ausbringung ist ein Schaden an Nichtzielorgansimen (Feldhamster, Haselmaus, Greifvögel usw.) nicht gegeben, da der direkte Kontakt von Nichtzielorganismen zu dem Präparat nicht besteht.

 

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