Buchrezension: „15 ½ Regeln für die Zukunft – Anleitung zum visionären Leben“
Für sein 22. Buch benötigte der bekannte Bestsellerautor und Zukunftsforscher Matthias Horx zwei Jahre. Er bleibt dabei sich selbst und seinem Forschungsthema treu. Literarisch-exemplarisch, interdisziplinär mit Bezügen zur Psychologie, Soziologie und zur Neurowissenschaft unternimmt er intellektuelle Ausflüge in die Zukunft. Horx möchte mit 15 Denkanstößen und einer Geschichte eine Anleitung geben, wie man das Leben visionär leben kann. Dazu spürt er Zukunftserzählungen auf und erklärt, wie diese funktionieren. Im weiteren Verlauf werden diese Erzählungen kritisch reflektiert und relativiert. So entsteht ein großes Zukunfts- Panorama auf einer Metaebene.
Achtung: Zukunft
Horx kritisiert zunächst den Future-Bullshit der Zukunftspropheten, die die Zukunft vorhersagen wollen, indem sie linear Trends in die Zukunft projizieren mit dem Ziel, die Sensationslust der Menschen zu sättigen und gleichzeitig die Zukunftsängste zu reduzieren. Doch Zukunft lässt sich nicht linear vorhersagen, denn sie verhält sich zirkular und gegenläufig. Zukunft ist auch keine dystopische oder utopische Technikfantasterei, so Horx, denn der Mensch ist der Technik nicht ausgeliefert. Durch Selbstkompetenz und „humantechnische Emanzipation“ (S. 134) ist dem Technikfatalismus und der Selbstinfantilisierung zu begegnen.
Skalierte Zukunft
Horx unterscheidet im Weiteren Visionen von Utopien und Prophezeiungen, indem er auf die Wandelbarkeit und Prozesshaftigkeit von Visionen verweist. Visionen sind lebendig und machen lebendig, indem sie zum Handeln verpflichten. Das kann im privaten Bereich, sowie auf gesellschaftlicher Ebene geschehen. Gut gerahmte Visionen beeinflussen die Zukunftsgestaltung und reduzieren Ängste. Horx ermutigt explizit dazu, sich der eigenen (Zukunfts-)Ängste bewusst zu werden, ihnen auf den Grund zu gehen und sich davon zu befreien, um Handlungssicherheit zu erlangen.
Möglichkeit: Zukunft
Der Autor ist sich sicher, Zukunft muss gestaltet werden und wird von den richtigen Fragen getragen, nicht von fertigen Antworten, denn „Fragen können uns magisch in neue Wirklichkeiten hineinziehen“ (S. 191). Dabei darf nicht von einer generellen Ressourcen-Knappheit ausgegangen werden, obgleich eine gewisse Unordnung und Ungleichheit in der aktiven Zukunftsgestaltung toleriert werden muss. Auch wenn wir niemals in der perfekten Welt leben werden, so ist die Welt gut genug, um sie stets noch ein Stück besser machen zu können. Diese Lebenshaltung beschreibt Horx mit Hans Rosling als „Possibilismus“ – der Wertehaltung des Möglichen.
Zukunft: Leben
„Die Anleitung zum visionären Leben“ löst seinen Anspruch ein. Dabei ist Horx erfrischend offen, bisweilen humorvoll. Er schreibt locker und authentisch mit knalligen Wortbildern. Das macht das Werk unterhaltsam kurzweilig und trotzdem informativ. Doch das Buch ist ebenso ein (selbst-)kritisches Werk mit eigenen Positionen und überraschenden Denkansätzen. Die Literatur gleicht einer Achterbahnfahrt: Nie kann der Leser im Voraus wissen, wo es hingeht und welche Standpunkte vertreten werden. Das steigert zwar das Lesevergnügen, jedoch auch gleichzeitig die Verwirrung, da oft „um die Ecke gedacht“ wird. Es ist genauso schwer, die Zukunft zu fassen, wie Horx selbst. Es bleiben ein Kaleidoskop an Perspektiven und das Fazit auf der letzten Seite: „Zukunft ist eine Entscheidung“ (S. 335). Wer das bewusst lebt, der lebt visionär. Claudia Mohr
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