Deutscher Lebertag: Ausrichter fordern Aufnahme von Leberwerten in Gesundheitsuntersuchungen
„Vorbeugen ist besser als heilen“ lautet ein Sprichwort des Arztes Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836). Bereits damals betonte Hufeland die besondere Bedeutung der Prävention als Baustein in der Medizin. Sein Sprichwort ist noch immer aktuell – speziell bei Lebererkrankungen – und unter Berücksichtigung der heutigen diagnostischen Möglichkeiten könnte das Sprichwort auch abgewandelt werden in: „Früherkennung ermöglicht besseres Heilen“.
Weltweit stellen Lebererkrankungen eines der größten Gesundheitsprobleme dar und gehören zu den häufigsten Todesursachen. Allein in Deutschland gibt es schätzungsweise mindestens fünf Millionen Leberkranke. Die Ursachen für Lebererkrankungen sind vielfältig: Häufigste Ursache für eine Leberentzündung ist die Fettleber durch Übergewicht, Diabetes mellitus oder Alkohol, gefolgt von Virusinfektionen. Die Virushepatitis ist eine durch Viren verursachte akute Leberentzündung. Abhängig vom Virustyp unterscheidet man derzeit Hepatitis A, B, C, D und E. Aktuelle Daten (Juli 2019) des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigen, dass in Deutschland die Anzahl der gemeldeten Infektionen zu allen fünf Virustypen in den vergangenen Jahren angestiegen sind.
Alle Lebererkrankungen haben eine tückische Gemeinsamkeit: Die Leber ist – im Gegensatz zu anderen Organen – nahezu schmerzunempfindlich. Häufig verlaufen Lebererkrankungen über einen langen Zeitraum symptomarm und werden erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium entdeckt, wenn zum Beispiel bereits eine Zirrhose vorliegt, die im weiteren Verlauf auch Leberzellkrebs (Hepatozelluläres Karzinom, HCC) verursachen kann.
Mit dem Motto ‘Check-up für die Leber‘ unterstützen die Ausrichter des 21. Deutschen Lebertages die langjährige Forderung, in Deutschland Screening-Programme zu etablieren, die auf die Früherkennung von Lebererkrankungen abzielen. Dazu gehört die Forderung, anlässlich der Gesundheitsuntersuchung für Erwachsene die Überprüfung der Blut-Leberwerte (beispielsweise GPT oder auch ALT genannt) vorzunehmen. Wenn der GPT-Wert erhöht ist, kann das auf verschiedene Lebererkrankungen hinweisen. „Die Gesundheitsuntersuchungen können von gesetzlich Versicherten ab dem vollendeten 35. Lebensjahr alle drei Jahre in Anspruch genommen werden, enthalten aber aktuell nicht den GPT-Test“, erklärt Professor Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, und ergänzt: „Jeder erhöhte Leberwert muss dann hinsichtlich seiner Ursache abgeklärt werden. Damit könnten viele Lebererkrankungen erkannt werden. Nur eine frühzeitige Diagnose und anschließende Behandlung nach aktuellen Standards optimiert die Behandlungschancen. Ein Beispiel erfolgreicher Behandlung von Lebererkrankungen sind die Therapieerfolge bei Hepatitis C. So ist es bereits zu einem starken Rückgang von Lebertransplantationen bei Hepatitis-C-bedingten Erkrankungen gekommen. Spender-Organe, die geheilte Hepatitis-C-Patienten nicht mehr benötigen, können jetzt Patienten mit schweren anderen Lebererkrankungen zur Verfügung stehen.“
Ein erster Erfolg für die Bemühungen, die Leber bei der Gesundheitsuntersuchung zu berücksichtigen, ist die diskutierte Aufnahme der Screenings auf Hepatitis B und Hepatitis C, die sich aktuell im Beratungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dem höchsten Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, befinden. Hier geht es um die Tests auf HBs-Antigen und Anti-HCV, um festzustellen, ob eine Hepatitis B- oder Hepatitis-C-Virusinfektion vorliegt. Experten bewerten die Chancen positiv, dass die Labortests auf Hepatitis B und Hepatitis C zeitnah in die Gesundheitsuntersuchung als Präventionsleistung aufgenommen werden. Dies wird als wichtige Voraussetzung gesehen, das im Jahr 2016 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgegebene Ziel zu erreichen, Hepatitis B und Hepatitis C bis 2030 weltweit zu eliminieren. Auch die deutsche Bundesregierung hat sich 2016 zu einer strategischen Neuausrichtung verpflichtet und beschloss die Strategie „BIS 2030“ – zur „Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen“.
Theoretisch könnte das angestrebte Ziel einer Eliminierung von Hepatitis B und Hepatitis C erreicht werden – vorausgesetzt, die Erkrankten werden beim Screening identifiziert: Als Therapie gegen eine chronische Hepatitis B können wirksame Medikamente verordnet werden, mit denen bei fast jedem Patienten eine Viruskontrolle erreicht werden kann. Eine Impfung, die von der WHO seit 1992 empfohlen wird, schützt vor Hepatitis B – und gleichzeitig auch vor Hepatitis D (delta), da diese Erkrankung nur mit einer Hepatitis B gemeinsam vorkommen kann. Eine Impfung gegen das Hepatitis-C-Virus existiert zwar nicht, aber seit 2014 sind in Deutschland zahlreiche Medikamente zur Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen, die direkt in den Vermehrungszyklus des Virus eingreifen (sogenannte DAAs – Direct Acting Antiviral Agents). Mit diesen Medikamenten kann die chronische Hepatitis C bei fast allen Patienten in kurzer Zeit und nahezu nebenwirkungsfrei geheilt werden. Frühere Hepatitis-C-Therapien mit Interferonen hatten mehr Nebenwirkungen und führten im Erfolgsfall zwar auch zur Heilung, erreichten dieses Ziel aber deutlich seltener.
Auch für die frühzeitige Entdeckung der Volkskrankheit nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (Non-Alcoholic Fatty Liver Disease, NAFLD), der häufigsten Lebererkrankung in westlichen Ländern, fordern viele Mediziner ein Screening als Bestandteil der Gesundheitsuntersuchung. Die Leber hat enorme Regenerationsfähigkeiten: Beispielsweise ist eine Fettleber in der Lage, sich vollständig zu erholen, wenn die Diagnose frühzeitig erfolgt, damit die Entstehungsursachen rechtzeitig ausgeschaltet werden können. Dann können auch eine Fettleberentzündung und eventuelle Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs vermieden werden.
Details zu den Lebertag-Telefonaktionen
Bei den großen Telefonaktionen im Rahmen des Deutschen Lebertages beantworten drei erfahrene Ärzte alle Anrufer-Fragen rund um die Themen Leber, Lebergesundheit und Lebererkrankungen.
Am Mittwoch, 4. November 2020, und am Mittwoch, 18. November 2020, sind die Leber-Spezialisten jeweils von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 666 39 22 für jeden Interessierten und Betroffenen erreichbar.
Mit diesem Angebot möchten die Ausrichter des 20. Deutschen Lebertages dazu beitragen, dass das lebenswichtige Organ und seine Erkrankungen mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Sie weisen gleichzeitig darauf hin, dass die Beratungsgespräche am Telefon keinen persönlichen Arztbesuch und keine individuelle Diagnose ersetzen.
Diese Leber-Experten stehen als Ansprechpartner bei der ersten Lebertag-Telefonaktion am 4. November 2020 von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr bereit:
Dr. med. Julia Benckert, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Priv. Doz. Dr. med. Anton Gillessen, Herz-Jesu-Krankenhaus Münster
Prof. (apl.) Dr. med. Uta Merle, Universitätsklinikum Heidelberg
Diese Leber-Experten stehen als Ansprechpartner bei der zweiten Lebertag-Telefonaktion am 18. November 2020 von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr bereit:
Dr. med. Michael Nagel, Johannes-Gutenberg-Universitätsmedizin Mainz
Prof. Dr. med. Elke Roeb, Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Prof. Dr. med. Siegbert Rossol M.Sc., Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main
Mehr Infos zum 21. Deutschen Lebertag unter: www.lebertag.org
Alle Institutionen, die im Rahmen des Deutschen Lebertages mit einer lokalen Veranstaltung aufklären und informieren möchten, werden von den Ausrichtern bei der Pressearbeit und mit Veranstaltungsmaterialien unterstützt. Informationen, Anmeldungen und Downloads unter: www.lebertag.org
Deutsche Leberstiftung
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