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Die Milcherzeugung muss raus aus der Sackgasse

Der Milch Marker Index ist von April bis Juli 2020 um einen Punkt auf einen Stand von 114 gestiegen. Für das dritte Quartal 2020 wurden Milcherzeugungskosten von 46,95 Cent pro Kilogramm Milch ermittelt. Gegenüber dem Vorquartal gab es auf der Kostenseite einen Anstieg von 0,19 Cent. Allerdings wurden von April bis Juli 2020 die Milchauszahlungspreise von den Molkereien erneut gesenkt. In Folge verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Kosten und Erlösen und damit auch die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung weiter.

In allen Regionen stiegen die Ausgaben für Energie, während die Kosten für das zugekaufte Futter und die anderen Betriebsmittel wie Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz und die Instandhaltung von Maschinen und Gebäuden sich kaum veränderten. Auch die Rindererlöse hielten sich auf dem Stand vom Vorquartal.

Die Milchauszahlungspreise fielen im Bundesdurchschnitt um 1,44 Cent auf 31,24 Cent pro Kilogramm Milch. Bei einer Preis-Kosten-Ratio von 0,67 können bei den derzeitigen Milcherlösen 33 Prozent und damit ein Drittel der Kosten der Milcherzeugung nicht gedeckt werden.

Auch in den einzelnen Bundesländern verschlechterten sich die Milchauszahlungspreise (ab Hof bei 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß). Die stärksten Preisrückgänge gab es im Norden mit -1,90 Cent (-5,93 %). Im Osten sanken die Preise um 1,38 Cent (-4,29%) und im Süden um 0,93 Cent (-2,8%) pro Kilogramm Milch.

Milcherzeuger/innen mit Selbstwertgefühl finden Verbündete

Die Milchpreise in Deutschland bewegen sich seit drei Jahren auf niedrigem Niveau. Die Milcherzeuger/innen leiden dauerhaft unter einer massiven Unterdeckung der Erzeugungskosten, was sich in einer Preis-Kosten-Ratio von 0,67 widerspiegelt. Dies bedeutet: 33 Prozent der Kosten sind nicht gedeckt. Damit befindet sich der deutsche Milchmarkt aktuell nahe am Tiefpunkt des Milchkrisenjahres 2016, als die Ratio bei 0,66 lag. Die Corona-Krise kann als Ursache nicht gelten, Rückgänge am Exportmarkt wurden von einer steigenden Inlandsnachfrage abgefangen. In den Medien ist mittlerweile nur noch von einer „Corona-Delle“ die Rede. Markenhersteller konnten von der Krise sogar profitieren und steigerten Umsatz und Gewinn. Die Milcherzeuger/innen haben davon nichts mitbekommen, ihnen wird bis heute die Mär vom „Blauen Auge“ aufgetischt. Dass die Mitte Deutschlands das dritte Jahr in Folge unter einer massiven Trockenheit zu leiden hatte, spiegelt sich am Milchpreis bisher ebenfalls nicht wider.

Für Frank Lenz, den Vorstandsvorsitzenden der MEG Milch Board, steht fest: Die traditionelle Milchproduktion steckt in einer Sackgasse. Das ist auch schon länger bekannt, mittlerweile werde aber die massive Mauer am Ende des Weges immer deutlicher sichtbar. Und das Prekäre daran: Sie ist mit den üblichen Mitteln nicht zu überwinden. Lenz: „Wir produzieren immer mehr Milch in einen Markt hinein, der – was den Binnenmarkt anbelangt – gesättigt bis rückläufig ist und über den Weltmarkt mit qualitativ minderwertigen Produkten (Pulver, Blockkäse) eine viel zu niedrige Wertschöpfung abwirft. Unsere Geschäftspartner haben das schon längst erkannt und investieren in den Aufbau neuer Geschäftsmodelle, die ohne Kuhmilch auskommen. Die Milchproduzenten/innen hingegen versucht man mit Tierwohlauflagen „fit für den Markt“ zu machen. Es ist mehr denn je an der Zeit, dass wir Milchbäuerinnen und Milchbauern uns auf den Weg machen und selbst formulieren, wie wir in Zukunft Milch produzieren können, um damit am Markt Preise zu erzielen, von denen wir leben und unsere Betriebe entwickeln können. Viele Direktvermarkter zeigen, welche Modelle tragfähig sind. Nun können wir nicht alle direkt vermarkten, wir können diese Beispiele aber nehmen, um Lösungen zu entwickeln, die es auch anderen Milcherzeuger/innen ermöglichen, an einer tragfähigen Vermarktung teilzuhaben.“

Weiterhin müssen wir Milcherzeuger/innen uns positionieren und einen Preis für unserer Produkt bestimmen. Dieser berücksichtigt selbstverständlich alle anfallenden Kosten. Und schließlich brauchen wir Verbündete, die unsere Vorstellungen von Milchproduktion, Naturschutz und sozialem Engagement teilen. Dass es diese Verbündeten gibt, zeigen die Direktvermarkter und auch die eigenen Erfahrungen aus den Gesprächen mit den Menschen, die unsere Höfe besuchen.

Dieser Weg gibt uns ein Selbstwertgefühl und bringt uns aus der Ohnmacht und Abhängigkeit.

Ganz unabhängig davon ist Lenz überzeugt, dass es ohne ein konkretes Mengenmanagement keine nachhaltige Erholung am Milchmarkt geben kann. „Dies müssten eigentlich alle Verantwortlichen in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung und Politik erkennen und gemeinsame Schritte einleiten. Der einzige Ansatz, der diesbezüglich auf dem Tisch liegt, ist die RoadMap Milch und Markt der MEG Milch Board. Verpflichtende Verträge bieten die Möglichkeit, die Produktion der Nachfrage sowie den Anforderungen des Marktes und der Gesellschaft anzupassen.“

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