Energie- / Umwelttechnik

Finalisten Innovationspreis NEO2020-Bioökonomie nominiert

Der NEO2020 – Innovationspreis der TechnologieRegion Karlsruhe zeichnet in diesem Jahr eine zukunftsweisende Entwicklung im Bereich der Bioökonomie aus, die mit schlüssiger Leitidee, Marktfähigkeit und globaler Relevanz überzeugt.

Eine Jury mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung hat leidenschaftlich diskutiert, bevor sie aus zahlreichen Bewerbungen aus ganz Deutschland sowie dem französischen Département Bas-Rhin sechs Finalisten auswählen konnte, die am 24. November 2020 bei der feierlichen Preisverleihung auftreten:

AidBoards von der Technischen Universität Dresden entwickelt Einwegmöbel aus Wellpappe für humanitäre Hilfseinsätze. Feldbetten, OP-Tische und weitere Möbel werden als leichte Bausätze für den einmaligen Transport und Aufbau sowie einfaches Recycling konzipiert. Bisher wird bei der Ausstattung von Evakuierungsräumen, Not-Unterkünften oder provisorischen Krankenhäusern auf Billigprodukte aus Fernost zurückgegriffen. Sie weisen aber nicht nur wegen ihrer Metall- und Kunststoff-Bestandteile, sondern auch wegen der notwendigen Logistik über Europa eine negative Ökobilanz auf. Der Einweglösung aus günstigem Papp-Mobiliar wird von Interessenten großes Potenzial bescheinigt.

Alpha-Protein GmbH aus Bruchsal möchte mit kreislauforientierter, kosteneffizienter Zucht von Mehlwürmern nach einem patentierten Verfahren die Abhängigkeit von importiertem Soja- und Fischmehl reduzieren. Nachdem die Insekten mit Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie gefüttert wurden, werden sie zu Insektenmehl verarbeitet. Dieses kann als Futter für Fische, Rinder, Schweine oder Hühner eingesetzt werden und stellt dank essenzieller Aminosäuren einen vollwertigen Ersatz für Fischmehl dar. So kann der Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht reduziert werden.

Carbonauten OCM aus dem baden-württembergischen Giengen hat einen Biokohlen- stoff aus Resten der Forst- und Landwirtschaft sowie der Holz- und Lebensmittelindustrie entwickelt. Das organische Material kann den CO2-Gehalt in der Luft senken, weil es Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zieht und speichert – genau wie frisch gepflanzte Bäume. Kombiniert man den Biokohlenstoff mit Zusätzen, kann er erdölbasierte Kunststoffe und Baustoffe ersetzen. Anwendungsbeispiele finden sich im Leichtbau, bei der Dämmung oder Filtration. Auch Einwegprodukte wie Kaffeekapseln, Geschirr oder Urnen sind daraus herstellbar.

Landpack GmbH aus dem bayerischen Puchheim tritt mit der ersten ökologischen Alternative zu Styropor an. Ihr Produkt besteht aus Stroh, das ohne Zusatz-, Kleb- oder Kunststoffe geformt wird. Es besitzt dieselben Isolierungs- und Stoßdämpfungsmerkmale wie Styropor, verbraucht aber nur zwei Prozent von dessen Primärenergie bei der Herstellung und kann im Biomüll entsorgt werden. Beim Versand von gekühlten Lebensmitteln oder Medikamenten könnte der Stoff zum Game Changer werden, da er eine Antwort auf das globale Plastikmüll-Problem und die Luftverschmutzung liefert und den Landwirten einen zusätzlichen Verdienst am Getreide beschert.

Nertus – insect farming (ehemals Cepri) aus Karlsruhe möchte Mehlwürmer als alternative Proteinquelle etablieren, da Insekten in der Aufzucht deutlich weniger Ressourcen benötigen als die herkömmliche Viehzucht und darüber hinaus hochwertiges tierisches Eiweiß liefern. Das Unternehmen besitzt langjähriges Know-how in der Mehlkäfer-Zucht und hat eine Technologie für Ei-Ernte und -Separation entwickelt. So können Mehlkäfer-Eier an Insekten-Farmer weltweit versendet werden, die damit vor Ort Futter- und Nahrungsmittel produzieren. Ziel ist der Aufbau eines nachhaltigen Wertschöpfungsnetzwerks, um Eiweiß lokal zu erzeugen.

PLAFCO von der DHBW Karlsruhe stellt ein Ersatzmaterial für Plastik-Verpackungen und -Produkte her: Dafür wird Papier durch Anlösen von Zellulose zu einem biobasierten Komposit umgewandelt. Bei der Herstellung werden keine schädlichen Chemikalien verwendet und durch den Prozess entsteht ein Material, das dichter, steifer und belastbarer ist als mehrlagige Kartonagen. Das Material kann als Verpackung in der Lebensmittelindustrie dienen und eignet sich auch als Substitution für plastikbasierte Einmalprodukte wie Besteck, Trinkhalme und Teller aus Plastik, die ab dem kommenden Jahr EU-weit verboten sind.

Diese sechs Leuchtturm-Beispiele für nachhaltige Kreislaufwirtschaft wurden von der Jury des NEO2020 ausgewählt. Ihr gehören an:

Dr.  Guido Glania (Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe)

Dr.  Patrice Harster (Geschäftsführer EVTZ Eurodistrikt PAMINA)

Prof. Dr. Thomas Hirth (Vizepräsident für Innovation und Internationales am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Prof. Dr. Ralf  Kindervater (Geschäftsführer der BIOPRO Baden-Württemberg GmbH und Honorarprofessor am KIT in der Fakultät für Chemieingenieurwesen und Verfahrenstechnik)

Stefanie Nauel (Regierungsdirektorin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz)

Prof. Dr.-Ing. Franz Quint (Prorektor der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft)

Dr.  Elisabeth Saken-Braunstein (Referentin im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg)

Prof. Dr.-Ing. Stephan Schenkel (Rektor der DHBW Karlsruhe)

Dr.   Sven Wydra (Leiter des Geschäftsfelds Bioökonomie und Lebenswissenschaften am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI)

Der Geschäftsführer der TechnologieRegion Karlsruhe GmbH Jochen Ehlgötz, der die Jury Sitzung moderierte, betont im Hinblick auf die Bedeutung der Bioökonomie: „Die nominierten Projekte zeigen exemplarisch auf, welche Potenziale biologische Ressourcen zwischenzeitlich haben, um alle wirtschaftlichen Sektoren nachhaltig im Sinne eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems zu gestalten.“

Bei der Preisverleihung stellen sich die Finalisten des NEO2020 in kurzen Videos vor, dem Sieger winken 20.000 Euro Preisgeld! Die Laudatio des Abends hält Jurymitglied Prof. Dr. Ralf Kindervater, vorab sprechen Dr. Fritz Brechtel, Landrat des Kreises Germersheim, Egon Förster, Geschäftsführer Fiber Engineering GmbH sowie die Jurymitglieder Prof. Dr. Thomas Hirth, Dr. Elisabeth Saken-Braunstein und Dr. Sven Wydra in einer Podiumsdiskussion über „Chancen der Bioökonomie für die TechnologieRegion Karlsruhe“.

Die Veranstaltung wird vom SWR–Studio Karlsruhe moderiert. Die Corona-Beschränkungen lassen nur eine begrenzte Teilnehmerzahl beim Event vor Ort in den Räumen von USM U. Schärer Söhne GmbH in Bühl zu. Deshalb wird die Verleihung des NEO2020 am Dienstag, den 24. November 2020 ab 17 Uhr als Hybridveranstaltung angeboten – weitere Informationen dazu finden Sie in Kürze auf trk.de/neo2020.

Über die TechnologieRegion Karlsruhe GmbH

Die TechnologieRegion Karlsruhe GmbH, gegründet 2017, ist ein regionaler, bundeslandübergreifender und transnationaler Standortvermarkter fokussiert auf Wirtschaft, Innovation und Wissenschaft. Gemeinsam denken, testen, umsetzen und so Fortschritt erzielen ist der Antrieb für die 29 Gesellschafter aus dem Innovationsdreieck Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen. Gemeinsames Ziel: ein Zukunftslabor schaffen für die Themen-Trias Energie, Mobilität und Digitalisierung – umso den Prozess von der Idee bis zur Umsetzung zu beschleunigen.

Die Gesellschafter sind: die Städte Baden-Baden, Bretten, Bruchsal, Bühl, Ettlingen, Gaggenau, Karlsruhe, Landau, Rastatt, Rheinstetten, Stutensee und Waghäusel; die Landkreise Germersheim, Karlsruhe, Rastatt und Südliche Weinstraße; das Département Bas-Rhin; der Regionalverband Mittlerer Oberrhein; die Unternehmen 4L Vision GmbH, Badischer Gemeinde-Versicherungs-Verband, Netze BW GmbH/EnBW AG, evohaus GmbH, GRENKE AG, MiRO Mineraloelraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG und SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG; die Kammern Handwerkskammer Karlsruhe sowie die Industrie- und Handelskammer Karlsruhe; die Wissenschaftseinrichtungen FZI Forschungszentrum Informatik und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup (Karlsruhe), der Geschäftsführer Jochen Ehlgötz.

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