Energie- / Umwelttechnik

Für Gemeinwohlziele tatsächlichen Bedarf ermitteln!

Laut jüngstem Beschluss der Agrarministerkonferenz in saarländischen Weiskirchen wird die Gemeinwohlprämie als eine Möglichkeit zur nationalen Umsetzung der Grünen Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aufgenommen. Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) zeigt nun auf, wie mit dem „Punktemodell Gemeinwohlprämie“ auf Basis fachlicher Zielsetzungen der finanzielle Bedarf für die Öko-Regelungen (Eco-Schemes) transparent hergeleitet werden kann. „Nach unserer fachlichen Kalkulation ist der oft nur pauschal diskutierte 30 Prozent-Anteil für Öko-Regelungen in der 1. Säule erst der Einstieg. Wenn wir unsere Biodiversitätsziele erreichen und dem Umweltinteresse unserer Landwirtinnen und Landwirte nachkommen wollen, brauchen wir deutlich mehr finanzielle Spielräume“, erklärt Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer des DVL.

Expertenstudien als Berechnungsgrundlage

Mit der aktuellen Veröffentlichung „Fachliche Herleitung des notwendigen Maßnahmen- und Finanzbedarfs zur Anwendung der Gemeinwohlprämie im Rahmen der Eco-Schemes“ stellt der DVL ein methodisches Verfahren vor, wie das notwendige Budget für Öko-Regelungen ermittelt werden kann. Die Überlegungen beruhen auf bereits veröffentlichten Expertenstudien. Demzufolge müssen in Deutschland 25 Prozent der Acker- sowie 35 Prozent der Grünlandflächen biodiversitätsfreundlich bewirtschaftet werden, um die Artenschutzziele in der Agrarlandschaft zu erreichen. Dazu zählen Acker- oder Stoppelbrachen ebenso wie der Anbau von Leguminosen und deren Gemenge.

Werden die einzelnen Maßnahmen gemäß ihren Wirkungen für Biodiversität, Gewässer- und Klimaschutz bepunktet, dann müssen landwirtschaftliche Betriebe insgesamt 60 Millionen Gemeinwohlpunkte in Deutschland erzeugen. Diese sind im Rahmen der GAP zu finanzieren. Damit ein Gemeinwohlpunkt für Betriebe aller Agrarlandschaften gleich attraktiv ist, gehen Experten von derzeit 50 Euro pro Punkt aus.

Bedarfsgerechtes Stufenmodell sichert Umsetzung

Zur Einführung schlägt der DVL ein Stufenmodell vor, um das System schrittweise aufzubauen und anzupassen. Dies bedeutet für die Öko-Regelungen einen jährlichen Finanzbedarf von rund 1,4 Milliarden Euro zu Beginn der Förderperiode bis mindestens 3,0 Milliarden Euro am Ende. Im Vergleich dazu werden für Greening-Maßnahmen derzeit rund1,2 Milliarden Euro jährlich aufgebracht, die fachlich beurteilt jedoch weitgehend wirkungslos sind.

Bundesweit erster transparent kalkulierter Vorschlag

Die Gemeinwohlprämie ermöglicht es Landwirtinnen und Landwirten, aus einem Menü von 19 Einzelmaßnahmen die für ihren jeweiligen Betrieb passenden Maßnahmen zusammenzustellen und auf Grundlage eines Punktwertverfahrens selbst zu kalkulieren. Das Konzept des DVL ist derzeit der einzige transparent kalkulierte Vorschlag, wie eine Qualifizierung der 1. Säule in Form der neuen Öko-Regelungen gelingen kann. „Nur wenn sich die Maßnahmen betriebswirtschaftlich und betriebsindividuell rechnen, werden Landwirtinnen und Landwirte auch motiviert sein, die großen Herausforderungen anzupacken“, unterstreicht Metzner.

Hintergrund

Das Bewertungs- und Honorierungssystem für gesellschaftliche Leistungen der Landwirtschaft zum Schutz und zur Verbesserung der Biodiversität, des Klimas und des Wassers in der Agrarlandschaft (kurz: Gemeinwohlprämie) wurde vom DVL in Schleswig-Holstein aus der Praxis heraus entwickelt. In einem drauffolgenden dreijährigen Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Bundesamtes für Naturschutz wurde mit Landschaftspflegeorganisationen die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf ganz Deutschland untersucht. In dem Vorhaben konnten zudem Wege aufgezeigt werden, wie das Konzept der Gemeinwohlprämie in das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) und in den GAP-Vorschlag der EU-Kommission integriert werden kann.

Die Agrarminister des Bundes und der Länder haben Ende September 2020 im saarländischen Weiskirchen auf Initiative des Freistaates Sachsen beschlossen, bei der nationalen Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU die Gemeinwohlprämie als Variante der Öko-Regelungen in die nationale Ausgestaltung der GAP aufzunehmen.

Die Veröffentlichung „Fachliche Herleitung des notwendigen Maßnahmen- und Finanzbedarfs zur Anwendung der Gemeinwohlprämie im Rahmen der Eco-Schemes“ kann hier abgerufen werden.

Weitere Publikationen zur Gemeinwohlprämie stehen auf der Homepage des DVL zum Download zur Verfügung: https://www.dvl.org/agrarpolitik

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