Nachruf und Würdigung: Solarenergie-Pionier und aktiver Atomkraft-Gegner Werner Mildebrath aus Sasbach am Kaiserstuhl
Nachruf:
Solarenergie-Aktive, Atomkraftgegner und Vereinigungen, darunter ECOtrinova e.V. trauern um Werner Mildebrath, Sasbach am Kaiserstuhl, den Solarenergie-Pionier und Aktiven gegen das früher geplante Atomkraftwerk Wyhl / Rhein. Mildebrath verstarb im Alter von 92 Jahren am 18. Sept. 2020. Seiner Familie gilt tiefes Mitgefühl. Mit Werner Mildebrath haben die Solarenergie-Aktiven und Atomkraftgegner der Region am südlichen Oberrhein nach einem erfüllten Leben einen ihrer wichtigsten langjährigen Mitstreiter und Wegbegleiter verloren. Seine Schaffenskraft und seine Erfahrung leben in seinen vielfältigen und sehr zahlreichen Anlagen zur Solarenergienutzung fort. Wir werden seiner in bester Erinnerung stets gedenken.
Würdigung:
Werner Mildebrath, der nach dem Krieg aus Pommern nach Sasbach am Kaiserstuhl kam und dort mit seiner Frau Erika einen kleinen Elektrofachbetrieb führte, hat sich hochverdient gemacht um den Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl. Seine alsbald mit Solarstrom betriebene ausgezeichnete Lautsprecheranlage auf seinem Kombi setzte er für die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen selbstverständlich bei wohl allen Demonstrationen gegen das AKW Wyhl ein, auch bei den großen in 1975 am Bauplatz mit über 20.000 Menschen. Er führte diese so mit zum Erfolg. Allerdings wurde ihm damals zeitweise seine Elektrohandwerk-Zulassung entzogen, man darf annehmen, auf Druck der Antragsteller für das AKW Wyhl. Auch bei Aktionen gegen das AKW Fessenheim waren seine Lautsprecher im Einsatz.
Werner Mildebrath sattelte daraufhin um und wurde ab 1975 einer der allerersten praktischen Solarenergie-Pioniere in Deutschland Er schuf das Berufsbild „Solateur“: Er entwickelte und produzierte selbst einen sehr robusten Solarwärmekollektor. Diesen stellte er bei den ersten „Sasbacher Sonnentagen“ der Bürgerinitiativen Umweltschutz und der Aktion Umweltschutz Freiburg e.V., ein BUND-Gründerverein, im Mai 1976 in Sasbach a.K. auf dem Gelände der Winzergenossenschaft in Betrieb mit einem Speicher erstmals öffentlich und überzeugend vor: mit solar erzeugtem Heißwasser.
Er errichtete Solarwärmeanlagen zunächst bei sich in Sas-bach, dann mit einer in Sasbach erweiterten Manufaktur um die 860 weitere für Kunden. Die allermeisten sind auch nach Jahrzehnten in Betrieb. 40 Thermosiphon-Anlagen, die keine Pumpen benötigen, gingen i.A. des Bundesforschungsministeriums alsbald nach Ägypten, nachdem Mildebrath den zuständigen Referenten des Ministeriums in Sasbach von der Dauerhaftigkeit seiner Anlagen voll überzeugt hatte. Auch bei den 2. und 3. Sasbacher Sonnentagen 1977 und 1978 mit bis zu 20.000 Teilnehmenden und bei den großen Solarenergie- und Umweltmessen des BUND Baden-Württemberg auf dem alten Messegelände in Freiburg waren Mildebraths Kollektoren stets Vorbild und Blickfang.
Wer durch Sasbach am Kaiserstuhl Richtung Rhein und Elsaß unterwegs ist, kann es in der Marckolsheimer Str. nicht übersehen: Dort hat Solarpionier Werner Mildebrath bei Haus und Hof, Werkstatt und Nebengebäuden seit 1975/76 eine ganze Reihe Solarwärme- und Solarstromanlagen errichtet. Mit der Solarwärme fing es an, links auf dem Foto die kleinere Anlage mit 12 m2, dann bald rechts auf dem großen Nachbardach die Anlage mit 27 m2. Die Solarwärmeanlagen liefern die Wärme an zwei Speicher, der größere, ein Heizungsspeicher von 7000 Litern, ist im Keller im Hof errichtet. Außerdem wird ein 500-Liter-Speicher für das Warmwasser der Zapfstellen für Küche und Bad beladen.
Beim Elektriker und Erfinder Mildebrath kam Anfang der 1980er die Solarstromerzeugung natürlich hinzu, bei sich und bei Kunden. Hinzu trat eine selbstgebaute Kleinwindkraftanlage. Er versorgte Haus und den Stamm-Betrieb an der Marckolsheimer Straße mit Strom und Wärme selbst. Mildebrath mochte zudem nicht akzeptieren, dass gerodete Baumstümpfe auf der Mülldeponie landeten. Also erfand er eine Baumstumpf-Spaltanlage, um das Holz für Meterholz-Heizkessel verfügbar zu machen.
Beim eigenen Haus sind auf den Dächern und auf einem Drehturm verschiedene Solarstrom-Module teils schon seit Anfang der 80er Jahre in Betrieb, in der Summe derzeit mit 3 kWp für Netzeinspeisung. Weitere PV-Module produzieren im Inselbetrieb für die Akkuladung (24 Volt, 600 Ah). Ein Inselbetriebs-Wechselrichter speist mit 1 kW (Spitzen bis 5 kW) ins Hausnetz und ein zweiter mit 3 kW in das allgemeine Stromnetz ein, letzteres schon lange vor dem günstigen Erneuerbare Energien-Gesetz EEG. Der 24-Volt-Strom kann unter Umgehung der Akkus auch direkt als Gleichstrom oder per Wechselrichter als 220V-Wechselstrom genutzt werden.
In den Jahren ab 1976 hat sich Mildebrath auch für Mini-BHKW für Strom und Heizung engagiert, zunächst bei sich. Dann folgte 1986 im Rahmen eines EU-Projekts des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesyteme die 1. Freiburger Ökostation am Seepark in Freiburg i.Br., die Mildebrath auch mit Solarwärme und Solarstrom ausstattete, vielbewunderter Blickfang der Landesgartenschau 1986 und in Büchern beschrieben. 1987 installierte Mildebrath Mini-BHKW, Solar-wärme und Photovoltaik bei einem Privathaus in Gundel-fingen i.Br.. Die dortigen Anlagen produzieren nun seit 33 Jahren weiterhin im Inselbetrieb und gewannen 1994 für den Bauherrn Dr. Georg Löser einen EU-Solarpreis von Eurosolar e.V.. Nur die Batterien sind ersetzt.
Werner Mildebrath erhielt mehrere hochverdiente persönliche Ehrungen, darunter in 2009 einen Kaiserstühler Solarpreis des Fördervereins Zukunftsenergie SolarRegio Kaiserstuhl e.V.. Ihm ist auch eine Sonnenuhr an der Gemeindehalle in Sasbach a.K. gewidmet.
Sein Haus in der Marckolsheimer Str. in Sasbach und das in Gundelfingen sind in deutscher und französischer Sprache vertreten in den „Sonnen-Energie-Wegen im Eurodistrikt Region Freiburg/Zentral und Mittelelsass“, einem vom Landesumweltministerium geförderten Gemeinschafts-Pro-jekt von ECOtrinova e.V. u.a. mit den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, Gemeinden und weiteren Vereinigungen.
(1) Details zur Station Mildebrath in Sasbach a.K. sind online bei ecotrinova.de unter Sonnen-Energie-Wege.
(1) Projekt Sonnen-Energie-Wege: gefördert vom Umweltministerium Baden-Württemberg, Agenda21 Büro Freiburg, von der ECO-Stiftung für Energie-Klima-Umwelt und durch viele Ehrenamtliche. www.ecotrinova.de Rubrik Sonnen-Energie-Wege, Weg Nord,
Fotos (aus dem Jahr 2008): Georg Löser
Diese Würdigung beinhaltet i.w. die Beschreibung im Projekt „Sonnen-Energie-Wege im Eurodistrikt Region Freiburg/Centre et Sud Alsace“ (2009/2010). Autor: Georg Löser
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