Sich abzeichnender Kompromiss zur GAP geht am Bedarf vorbei – AbL fordert mehr Wille zur Veränderung
Elisabeth Fresen, Bundesvorsitzende der AbL ist Rinderhalterin und bewirtschaftet 150 ha Fläche in Niedersachsen. Sie analysiert:
„Der Veränderungsdruck auf unseren Höfen hin zu mehr Umwelt- und Tierschutz ist enorm und wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Gleichzeitig verdienen Landwirt*innen in der EU laut EU-Kommission durchschnittlich nur halb so viel wie Arbeitnehmende in der Wirtschaft. Dass die weitestgehend pauschal pro Hektar gezahlten Flächenprämien zu Bewältigung dieses offenkundigen Veränderungsbedarfes nicht geeignet sind, muss auch den Agrarministerinnen und -ministern im Europäischen Rat und den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes klar sein. Entsprechend unverständlich ist, dass die drei größten Fraktionen im Parlament sich nun offensichtlich darauf geeinigt haben, diesem veralteten Instrument in der kommenden Förderperiode mindestens 60 Prozent der Gelder der 1. Säule zu reservieren und das Budget der Eco-Schemes entsprechend zu begrenzen. Insbesondere die Eco-Schemes sind allerdings geeignet, unsere Arbeit für Klima-, Umwelt- und Tierschutz zu bezahlen. Und: der sich im Europäischen Rat abzeichnende Kompromiss fällt sogar noch hinter dieser Position des Parlamentes zurück.“
Elisabeth Fresen fordert von allen politischen Kräften in der Europäischen Union:
„Die kommende GAP muss den Übergang hin zu einem System der einkommenswirksamen Entlohnung von Gemeinwohlleistungen schaffen. Hierfür ist es notwendig die Direktzahlungen schrittweise bis auf null abzuschmelzen und das für alle Mitgliedstaaten verbindlich einzuführende Budget der Eco-Schemes, entsprechend jährlich anzuheben.
Auch um die erst jüngst in Deutschland durch eine kleine Anfrage im Bundestag erneut zu Tage getreten Zahlungen von Prämien der GAP an außerlandwirtschaftliche Investoren zu begrenzen, muss eine verbindliche Degression ab 60.000 € eingeführt werden, die ab spätestens 100.000 € komplett gekappt wird und max. 50 Prozent der Lohnkosten berücksichtigt.“
Von der deutschen Landwirtschafsministern Julia Klöckner fordert Elisabeth Fresen zudem:
„Julia Klöckner ist trotz deutscher Ratspräsidentschaft ohne eigene Position in die Verhandlungen des Europäischen Rates gegangen. Entsprechend schwach ist das zu erwartende Ergebnis im Rat. Julia Klöckner muss nun das tun, was sie uns Bäuerinnen und Bauern aktuell empfiehlt und was überdies die Rolle einer Ministerin sein sollte – sich an die Spitze von notwendigen Veränderungsprozessen stellen. Dies bedeutet konkret: Frau Klöckner muss die anstehende und bedeutsame nationale Ausgestaltung der GAP progressiv anpacken und die Eco Schemes nutzen, um Umweltleistungen unserer Betriebe zu bezahlen. Konzepte wie dies gelingen kann liegen auf dem Tisch.“
Hintergrundinformationen:
- Das finanzielle Volumen der GAP in der EU beträgt in den Jahren von 2021-2027 rund 387 Mrd. €. Dies entspricht fast einem Drittel des regulären Haushalts der europäischen Union. Für Deutschland stehen 43,8 Mrd. € zu Verfügung.
- Erstmalig muss nach der Festlegung des Europäischen Rahmens der GAP in jedem Mitgliedstaat der EU ein sog. Nationaler GAP-Strategieplan erarbeitet werden in welchem die nationale Ausgestaltung festgelegt wird. Auch dieser kann großen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung in Deutschland haben.
- Bereits 2018 hat die AbL einen konkreten und praktikablen Vorschlag vorgelegt, wie sich die GAP anhand eines Punktesystems so umgestalten lässt, dass dem erhöhten Bedarf an Einkommen sowie einem stärkeren Umwelt und Tierschutz Rechnung trägt. Dieser lässt sich innerhalb der Eco-Schemes umsetzen. Hier geht es zum Vorschlag der AbL. Ein ähnliches System wurde vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) entwickelt. Hier geht’s zum Vorschlag des DVL.
- Durch eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag vom 23.09.2020 sowie die Beantwortung der Bundesregierung vom 07.10.2020 (Drucksache 19/22764) wurde abermals deutlich das auch Großkonzerne stark von den Direktzahlungen der GAP profitieren. So erhielt z.B. die Südzucker AG in den Jahren 2018 und 2019 jeweils über 1,6 Mio. € an Agrarfördermitteln aus der GAP.
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