Technologie steckt in vielen Bereichen noch in den Kinderschuhen
Tesla zum Beispiel legte im August um „elektrisierende“ 75% zu und seine Marktkapitalisierung näherte sich der gesamten Marktkapitalisierung aller börsennotierten Automobilhersteller zusammen. Auch einige Börsengänge im Softwarebereich sind jüngst ‚durch die Decke geschossen‘. Insgesamt hält Alexander Roose Vergleiche mit der Technologieblase von 2000 jedoch für unangemessen. Im Hinblick auf die Bewertung verweist er auf die starke zugrundeliegende Gewinndynamik des Technologiesektors (IT und Kommunikationsdienste) sowie auf eine durchschnittliche Free-Cashflow-Rendite von 3,5%, was in etwa dem Marktdurchschnitt entspricht.
Aus eher fundamentaler Sicht ist Roose davon überzeugt, dass die Verbreitung von Technologie (sei es Automatisierung, Migration in die Cloud oder komplexere technologische Trends wie KI, Big Data, maschinelles Lernen usw.) noch einen weiten Weg auf zahlreichen Endverbrauchermärkten vor sich hat. Die gesamte COVID19-Krise und die damit verbundenen Lockdowns haben den Trend nur beschleunigt, ohne einen bedeutenden Kannibalisierungseffekt auf den jeweiligen künftigen Zielmärkten zu haben. Angesichts der für diese Technologieunternehmen (insbesondere im Softwareumfeld) charakteristischen Skalierbarkeit sind Umsatzsteigerungen nur mit sehr geringen Grenzkosten verbunden. Dies ermöglicht ein schnelles Margenwachstum und eine starke Generierung von freiem Cashflow. Zudem trägt es auch zur Erklärung der relativ höheren Kurs-Gewinn-Verhältnisse oder Kurs-Umsatz-Kennzahlen einiger dieser Softwareunternehmen bei, immer vorausgesetzt, dass sie ihren Wettbewerbsvorteil halten können.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung eines Endverbrauchermarktes, auf dem die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckt, das Bauwesen. Das Entwerfen, Planen und Bauen eines Bürogebäudes unter Beteiligung verschiedener Parteien (Architekt, Auftragnehmer, Subunternehmer) erfolgt nach wie vor mithilfe von Bleistift und Papier. Hierdurch kommt es zu bedeutenden Verzögerungen, Kostenüberschreitungen und Verschwendungen. Mithilfe einer ‚Building-Information-Management-Software‘ zum Beispiel sind alle beteiligten Parteien digital vernetzt, was eine 3D-Digitalisierung des gesamten Zyklus vom Entwurf bis zum Bau des Büros ermöglicht. Die unmittelbaren Kosteneinsparungen (etwa 25%) sind erheblich, insbesondere bei komplexen Bauprojekten. Es lassen sich jedoch auch indirekte Kosteneinsparungen (pünktlicher Projektabschluss, weniger Ausschuss) oder andere Vorteile (beispielsweise höhere Energieeffizienz des Bürogebäudes) erzielen. Im britischen Bauwesen ist die Marktdurchdringung in Europa am größten (25%), aber in einigen Schwellenländern wie Brasilien oder China liegt sie nur bei 2 bis 3%. Dieses Beispiel bestätigt nicht nur, dass es für die Verbreitung von Technologie noch viel Spielraum nach oben gibt, sondern verdeutlicht auch die deflationären Kräfte, die von eben dieser Verbreitung freigesetzt werden. Man denke auch an andere Technologieanwendungen, die erhebliche Kosteneffizienz bewirken, wie etwa Präzisionslandwirtschaft, maschinelles Lernen und Sehen usw.
Die Aktienmärkte erwiesen sich trotz der erneuten Zunahme von COVID-19-Fällen und der bisher ungleichmäßigen Erholung als recht robust. Einige Teile der Wirtschaft erholten sich schnell oder sind sogar überhitzt (man sehe sich nur die US-Bauholzpreise an). Doch Teilsektoren, die auf Massenpublikum angewiesen sind, leiden weiterhin, und einige von ihnen wie etwa die Luftfahrtbranche haben massive Entlassungen angekündigt. Angesichts des arbeitsintensiven Charakters dieser Teilsektoren hat sich die soziale Ungleichheit (insbesondere in den USA) weiter verschärft.
Auch in Europa erwartet Roose nach einer neuen Episode der Brexit-Saga, dass in letzter Minute ein Mittelweg gefunden wird. In Erwartung eines effektiven Impfstoffs (Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres) und angesichts anhaltender geldpolitischer und zunehmender haushaltspolitischer Unterstützung geht er davon aus, dass die makroökonomische Erholung andauern und gleichmäßiger verteilt sein wird. Dies könnte Unternehmen zugutekommen, die am härtesten von der Gesundheitskrise betroffen waren, wenngleich er bei der Auswahl sogenannter COVID-19-Verlierer äußerst selektiv vorgeht. Die Qualität des Geschäftsmodells, die Bilanz und das Potenzial, gestärkt wieder aufzusteigen, sind zentrale Aspekte dieses Auswahlprozesses.
Der Kern eines Aktienportfolios sollte aus Qualitätsunternehmen bestehen, die in der Lage sind, ihre Umsätze während des gesamten Zyklus zu steigern, die Wettbewerbsvorteile haben, relativ gering verschuldet sind, weniger anfällig für disruptive Kräfte sind und im Idealfall die sogenannten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) für sich nutzen können. Alles in allem ein leicht positives Umfeld für die Aktienmärkte, wenngleich der DPAM-Experte nicht von Kursfeuerwerken ausgeht, da bereits mit einer breiten Erholung gerechnet wurde und sich einige Indextitel in diesem Jahre schon recht gut entwickelt haben. Roose hält an seiner Erwartung eines seitwärts tendieren Aktienmarktes fest. Oft wird der größte Teil des Aufwärtspotenzials der Aktienmärkte realisiert, wenn sich die Lage von sehr schlecht zu schlecht ändert. Das größte Risiko für das vierte Quartal besteht in einer angefochtenen US-Wahl und einem erneuten markanten Anstieg der durch COVID-19 bedingten Todesfälle.
In eigner Sache: DPAM gibt die Nachfolge seines Chief Investment Officer (CIO) Fundamental Equity bekannt. Im Rahmen dieser Übergabe übergibt Guy Lerminiaux offiziell die Zügel der fundamentalen Aktienstrategien an seinen Nachfolger und langjährigen Kollegen Alexander Roose. Guy Lerminiaux und Alexander Roose haben als erfahrene Stock-Picker eng zusammengearbeitet und damit einen bedeutenden Beitrag zum Erfolg der Aktienstrategien von DPAM geleistet. Alexander Roose bringt eine lange Managementerfahrung und ein weit reichendes Verständnis im Bereich des fundamentalen Aktienmanagements mit. Er ist bestens gerüstet, seine neue Verantwortung als CIO Fundamental Equity zu übernehmen und dabei sein Wissen als früherer ‚Head of International and Sustainable Equity‘ in seine neue Rolle einzubringen.
Den vollständigen Kommentar von Alexander Roose können Sie über folgenden Link abrufen:
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