Gesundheit & Medizin

Von der Blockade zum Treibstoff: Milchsäure als Angriffspunkt für die Blutkrebs-Behandlung

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste Blutkrebsform bei Erwachsenen – und schwer zu therapieren. Selbst nach einer Stammzelltransplantation kehrt die Erkrankung bei der Hälfte aller Betroffenen zurück. Nun konnten Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik zeigen, dass die Tumorzellen mithilfe von Milchsäure die körpereigene Immunantwort ausbremsen und wie Natriumbicarbonat (NaBi) diese Blockade in Treibstoff für die Bekämpfung der Tumorzellen umwandelt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie am Donnerstag, 28. Oktober 2020 im Fachmagazin Science Translational Medicine.

„Wir konnten Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sehr direkt zugunsten der Patient*innen nutzbar machen. Das ist sehr begeisternd zu erleben“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Robert Zeiser, der die Abteilung für Tumorimmunologie an der Klinik für Innere Medizin I – Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Freiburg leitet. In umfangreichen Laborversuchen wiesen die Wissenschaftler*innen nach, dass die Tumorzellen bei AML große Mengen an Milchsäure produzieren und an ihre Umgebung abgeben. Die Säure verändert den Zellstoffwechsel der T-Zellen und verhindert dadurch eine effektive Vermehrung der Immunzellen sowie eine aggressive Anti-Tumor-Antwort.

Aus einer schädlicher Säure wird ein Nährstoff für Immunzellen

Im Mausmodell belegten die Forscher*innen, dass sich die Wirkung der Milchsäure mithilfe des Stoffwechselprodukts NaBi umkehren lässt: „Natriumbicarbonat neutralisiert die schädliche Wirkung der Milchsäure und wandelt sie sogar in einen Energielieferanten für die T-Zellen um. So werden diese für die Bekämpfung der Tumorzellen fit gemacht“, erklärt Erstautorin Franziska Uhl, die die Studie im Rahmen ihrer naturwissenschaftlichen Doktorarbeit in Zeisers Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Freiburg anfertigte.

Dieser Effekt zeigte sich ebenfalls bei stammzelltransplantierten Patient*innen mit wiederkehrender AML, die Zeiser und sein Team im Rahmen einer Studie mit NaBi behandelten. NaBi ist eine natürliche Base, die für Patient*innen mit schwerer AML bei einer Störung des Säure-Base-Haushalts bereits als Medikament zugelassen ist. Ihre Wirkung wurde jedoch bisher nicht in Verbindung mit einer Immuntherapie untersucht. „Der Stoffwechsel der T-Zellen verbesserte sich durch die Behandlung deutlich“, berichtet Zeiser. „Wir gehen davon aus, dass so eine effektive Bekämpfung der Tumorzellen möglich wird. Wie stark sich das Befinden der Patient*innen dadurch langfristig verbessert, müssen weitere Studien zeigen.“

Weitere Studien zur langfristigen Wirkung geplant

Aufmerksam auf den Zusammenhang zwischen dem Stoffwechsel und der Vermehrung und Leistungsfähigkeit bestimmter Immunzellen wurden Zeiser und sein Team durch die Arbeit der Wissenschaftler*innen am Freiburger Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik. „Die Ergebnisse unserer Kooperationspartner*innen inspirierten uns, den T-Zell-Stoffwechsel von Patient*innen mit wiederkehrender AML genauer unter die Lupe zu nehmen“, erinnert sich Zeiser an den Ausgangspunkt seiner Studien. Nun sollen weitere Studien folgen, die neben der Auswirkung der NaBi-Behandlung auf das langfristige Überleben der Patient*innen auch die Kombination des Stoffwechsel-Boosters in Verbindung mit anderen Immuntherapien untersuchen.

Originaltitel der Studie: Metabolic reprogramming of donor T cells enhances graft-versus-leukemia effects in mice and humans

DOI: 10.1126/scitranslmed.abb8969

Link zur Studie: stm.sciencemag.org/content/12/567/eabb8969/tab-article-info

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Strasse 49
79106 Freiburg
Telefon: +49 (761) 270-0
Telefax: +49 (761) 270-2020
http://www.uniklinik-freiburg.de

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Robert Zeiser
Leiter der Abteilung für Tumorimmunologie
Telefon: +49 (761) 270-34580
E-Mail: robert.zeiser@uniklinik-freiburg.de
Benjamin Waschow
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 (761) 270-84830
Fax: +49 (761) 270-19030
E-Mail: benjamin.waschow@uniklinik-freiburg.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel