Gesundheit & Medizin

30 Jahre Nierentransplantationszentrum am Uniklinikum

Marita S. hat lange auf eine neue Niere gewartet. Viele Jahre der Dialyse liegen hinter der nierenkranken Frau. Nun endlich ist ein Organ für sie gefunden. Und die Jenaerin muss nicht weit reisen für die bevorstehende Operation. Denn erstmals wird in Jena eine Niere transplantiert – an der Klinik für Urologie des Uniklinikums Jena (UKJ) unter der Leitung von Prof. Jörg Schubert in der Lessingstraße. Es ist der 13. November 1990. Der Geburtstag des bis heute einzigen Nierentransplantationszentrums in Thüringen.
Damals wie heute ist das Nierentransplantationszentrum (NTZ) am UKJ eine Gemeinschaftsleistung: Urologen der Klinik für Urologie und Nephrologen der Klinik für Innere Medizin III kümmern sich gemeinsam um die Patienten im NTZ – die einen vor allem um die Operation, die anderen vor allem um die Nachsorge und die medikamentöse Einstellung nach dem Eingriff. In drei Jahrzehnten hat sich vieles getan: 1.560 Nieren sind seither transplantiert worden, etwa 50 pro Jahr. Nach der ersten Nierentransplantation 1991 – und damit übrigens der ersten Transplantation überhaupt am UKJ –   folgte 1993 die erste Nierentransplantation bei einem Kind. 1996 war die erste Lebensspende bei einem Erwachsenen, 2002 die erste Lebensspende bei einem Kind. Im Jahr 2002 feierte das NTZ die 1000ste Nierentransplantation, 2019 die 1.500ste.

Nach wie vor gibt es wesentlich mehr Menschen, die auf eine Niere warten, als Spenderorgane. 2004 wurde in Freiburg die sogenannte blutgruppeninkompatible Lebensspende etabliert, die seit 2008 auch am UKJ ein sicheres und standardisiertes Verfahren ist. Dank der wissenschaftlichen Fortschritte haben sich zudem die Überlebenszeiten der transplantierten Patienten und auch der Organe selbst deutlich verbessert. Insbesondere wurden neue sogenannte Immunsuppressiva entwickelt. Auch gesetzlich hat sich die Situation für Spender verbessert: 2020 wurde das deutsche Transplantationsgesetz um die Entscheidungslösung sowie einer deutlichen Verbesserung der Strukturen, aber auch der Absicherung der Lebensspenden ergänzt.

Auch räumlich hat sich das NTZ verändert. Waren bis 2017 die Kliniken noch in Jena verstreut, wurden 2017 alle Kliniken am Standort Lobeda vereint. „Der Umzug der Kliniken hat hier natürlich für Synergieeffekte gesorgt“, sagt Prof. Dr. Gunter Wolf, Direktor der KIM III. „Die Wege zwischen Urologie und Nephrologie sind sehr viel kürzer, die Absprachen zwischen den Ärzten einfacher“, so Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm, Direktor der Klinik für Urologie.

Bekannte Gesichter und gute Seelen des NTZ

In drei Jahrzehnten ist aber auch manches fast gleichgeblieben – zur Freude der Patienten. So koordiniert Conny Reichert seit 1997 das Nierentransplantationszentrums (NTZ) am UKJ und ist die Schaltstelle intern zwischen Urologie und Nephrologie und extern zwischen Patienten und den niedergelassenen Arztpraxen. „Wir sind auf eine gute Zusammenarbeit mit den Dialysepraxen angewiesen“, betont Reichert. Diese behandeln die Nierenpatienten über viele Jahre und untersuchen sie regelmäßig. So haben die Experten am UKJ immer aktuelle Werte der Transplantationspatienten. Nach wie vor warten Patienten durchschnittlich zwischen acht und zehn Jahre auf eine passende Niere. So lernen die Mitarbeiter des NTZ ihre Patienten über all die Jahre gut kennen.

So ziemlich jeder Patient, der am NTZ eine neue Niere erhalten hat, kennt auch Schwester Elke Pforte. Die Fachkraft für Transplantationspflege gehört seit der ersten Stunde zum NTZ. Schon lange hat sie aufgehört zu zählen, bei wie vielen Transplantation sie dabei war. „Selbst wenn ich nicht da war, habe ich immer nachgefragt, wie es gelaufen ist“, berichtet sie. Die Betreuung und vor allem die Schulung und Nachsorge der Transplantierten liegen ihr sehr am Herzen. „Mit der neuen Niere beginnt so etwas wie ein neues Leben. Man muss aber bedenken, dass die Patienten oft sehr lange auf das neue Organ warten mussten und sich an ihr Leben mit der Dialyse regelrecht gewöhnt haben. Mit der Transplantation ist dann plötzlich alles anders. Das ist auch psychologisch eine Herausforderung“, weiß die erfahrene Schwester. Umso wichtiger sei es, die Patienten darauf vorzubereiten und umfassend zu informieren. „Hilfreich ist es, sich mit anderen Betroffenen zu vernetzen. Es gibt sehr viele Vereine, Selbsthilfegruppen und Möglichkeiten, sich auszutauschen – und den allermeisten tut das richtig gut.“ Und natürlich ist die Nachsorge das A und O. „Ich sage unseren Patienten immer: Die größte Achtung und der größte Respekt dem Spender gegenüber ist es, wenn das Organ dank der eigenen Disziplin gut funktioniert. Besser kann man nicht Danke sagen.“

Wegen der Coronapandemie konnte leider zum Jubiläum kein Festakt gefeiert werden – auch wenn dieser Geburtstag sicherlich ein gebührender Anlass gewesen wäre. Alle Beteiligten hoffen, dies nachholen zu können.

„Auch während der Coronapandemie warten Patienten sehnsüchtig auf eine neue Niere. Am UKJ wird daher selbstverständlich weiter transplantiert – unter Einhaltung strenger Hygieneregeln“, so Dr. Mandy Schlosser und Dr. Susann Foller, Oberärzte am NTZ.

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