Hautpflege für Windkraftanlagen
Die SKZ-Forscherin Dr.-Ing. Jana Fiedler und die beiden Fraunhofer-Kollegen Dr.-Ing. Ralf Schlimper und Thomas Wagner aus Halle gehören mit ihrer Entwicklung zu den diesjährigen Top 3 von rund 100 Vorschlägen aus der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF). Diese Kooperation in Halle zeigte in idealer Weise, wie Grundlagenerkenntnisse aus dem Hochschulsegment in konkrete Anwendungen überführt werden können und auch überführt werden müssen, damit die Gesellschaft und die Wirtschaft davon profitieren.
Der Ausbau der Windenergie ist inzwischen weit fortgeschritten, sodass die Instandhaltung der bestehenden Anlagen immer wichtiger wird. Insbesondere die Rotorblätter unterliegen einer starken Belastung. Wenn hier Schäden auftreten, steht die Windkraftanlage im schlimmsten Fall komplett still. Problematisch sind die hohen Kosten für den Betreiber der Anlage. Dr. Jana Fieder erläutert: „Jeder Tag ohne Anlagenstillstand spart bares Geld: Für eine 2,5 MW-Anlage kann man je nach Standort ca. 4.000 bis 5.000 € pro Tag veranschlagen. Ein Totalverlust eines Blattes oder gar der Anlage bedeutet Kosten für die Betreiber in Millionenhöhe.“
Die Fortschritte bei der Erforschung von Reparaturverfahren unter der Einwirkung von Witterung und Umwelteinflüssen stellen nicht nur einen Meilenstein für die Reparatur von Windkrafträdern dar, sondern konnten bereits in eine industrielle Anwendung umgesetzt werden. Ist ein Schaden an Rotorblättern so gravierend, dass ein Stillstand unausweichlich ist, kann die Reparatur nur bei geeigneten Witterungsbedingungen erfolgen. Das bedeutete bislang bei Außentemperaturen über 16 °C. Defekte Rotorblätter können dadurch vor allem im Winterhalbjahr oft monatelang nicht repariert werden, da im Durchschnitt nur 100 Tage bleiben, an denen schadhafte Stellen ausgebessert werden können.
Das Forscherteam schaffte es nun, das mögliche Reparaturzeitfenster zu verdoppeln. Gemeinsam mit dem Industriepartner cp.max GmbH wurde ein reproduzierbares Reparaturverfahren für Windkraft-Rotorblätter entwickelt. Damit sind nun auch Reparaturen bei weit unter 15 °C möglich. Der Kern des Verfahrens ist eine elastische Heiz-Vakuum-Haube, welche nach der Reparatur direkt auf die betroffene Fläche des Rotorblattes aufgesetzt wird. Die Kombination aus Wärme und Vakuum garantiert eine gleichmäßige Aushärtung des Reparaturlaminats am Rotorblatt, mit weitest gehender Unabhängigkeit von den Witterungsbedingungen.
„Das erfolgreiche Projekt war in vielerlei Hinsicht äußerst wichtig für unser Unternehmen und die gesamte Branche“, hebt Dipl.-Ing. Thomas Heinecke von cp.max GmbH hervor. Die Entwicklung der Haube ist mittlerweile abgeschlossen. cp.max hat das Reparaturverfahren durch den Germanischen Lloyd (GL) zertifizieren lassen und hat somit die wichtige Zulassung erhalten.
Dr. Thomas Hochrein Geschäftsführer am SKZ betont „Innerhalb von nur 5 Jahren konnten die Erkenntnisse aus der vorwettbewerblichen Forschung im Rahmen des IGF-Projektes in ein fertiges Produkt umgesetzt werden. Das ist genau das, was wir als Institut der Zuse-Gemeinschaft erreichen wollen: Forschung, die ankommt!“
Das SKZ ist Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Diese ist ein Verbund unabhängiger, industrienaher Forschungseinrichtungen, die das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere des Mittelstandes, durch Innovation und Vernetzung zu verbessern. Der Stammsitz des SKZ ist in Würzburg. Der SKZ-Standort in Halle hat sich auf die Forschung und Entwicklung sowie Aus- und Weiterbildung auf dem Feld der sogenannten Composit-Werkstoffe spezialisiert. Diese Materialien werden in vielfältigen Anwendungen vom Leichtbau für Mobilität über die Gebäudetechnik bis hin zu Windkraftanlagen eingesetzt.
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